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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Glaubenseifer und ihrem Gelde unsere Kirchen unterstützte, indes die Königinmutter und der König, vom Norden in den Süden ziehend, Gesetze gegen uns erließen … Wißt Ihr, daß Jeanne d’Albret zu Limoges, wo sie Vicomtesse ist, die Domherren von Saint-Martial zwang, ihre Kanzel auf eine Tribüne am Marktplatz zu tragen, wo sie mit wehendem Haar, großer Geste und tönender Stimme dem niederen Volk länger als zwei Stunden den reformierten Glauben predigte? Könnt Ihr Euch so etwas vorstellen? Nach ihrer Abreise rächten sich die Domherren mit einem armseligen Spottvers, den sie überall verbreiteten:
    Schlecht belehret sind die Leute,
    wenn sie Weiberzungenbeute.«
     
    »Welch gemeine Rede und wie niedrig gedacht!« sprach mein Vater.
    »Gewiß!« sagte Caumont. »An ihrem Gift erkennt man die Bestie!«
    »Haben die Konsuln von Bergerac der Königin von Navarra von dem Kolleg erzählt, welches Antoine de Poynet dort für die Unseren gründen möchte?« fragte Sauveterre, dem dieser Plan sehr am Herzen lag.
    »Gewiß doch! Und sie wird mit dem König darüber reden!Aber das Schönste an der Sache war das Zusammentreffen der beiden Gefolge in Macon«, fuhr Geoffroy de Caumont fort, und seine schwarzen Augen funkelten unter den dichten Brauen. »Stellt Euch bitte vor, Herr Junker«, wandte er sich höflich an Sauveterre, »und Ihr, mein Vetter, wie erstaunt die moschusduftenden Höflinge und die achtzig goldbestickten Huren der Florentinerin waren, als die Königin von Navarra erschien, ohne Juwelen, ohne Perlen, ganz in Schwarz gekleidet, umgeben von acht Predigern unserer Religion und gefolgt von dreihundert gascognischen Reitern, nicht in Seide gekleidet, sondern im Lederkoller, mit kotbespritzten Stiefeln und nicht nach Moschus riechend, sondern nach Knoblauch und nach Schweiß. Ha, mein Vetter! es gibt nicht
ein
Frankreich, sondern zwei! Das Frankreich des Nordens, reich, stolz und mächtig, von seinen Lastern ganz verdorben, und das des Südens, das doppelt soviel wert ist.«
    Mein Vater lachte, doch Sauveterre, nach kurzem Lächeln, sagte ernst:
    »Zwei Frankreich gibt es nicht, Herr von Caumont, es gibt nur eines, und das wird eines Tages, hoff ich, hugenottisch sein.«
    »Amen!« sprach Caumont.
    »Habt Ihr Heinrich von Navarra gesehen?« fragte mein Vater.
    »Gewiß! Und mehrmals! Und ich habe ihn weidlich beobachtet. Er ist ein sehr hübscher Prinz, der mit elf Jahren alle Qualitäten eines reifen Mannes aufweist. Er weiß sehr genau, wer er ist, und wenn er sich in das Gespräch der Höflinge einmengt, findet er stets das rechte Wort.«
    »Ha!« sagte Sauveterre, »wäre der Hof kein so verderbter Ort, würde ich meinen, daß die Fährnisse und Intrigen, die ihn umgeben, seinen Geist nur schärfen können …«
    »… der sehr wach ist, Herr Junker! Und seine Rede ist ungezwungen, sein Mut gepaart mit viel Klugheit, und sein scharfes Auge vermag die Menschen bereits einzuschätzen.«
    Diese Lobreden hörend, hegte ich einige Eifersucht gegen den Prinzen, welcher, um zwei Jahre jünger als ich, mir in so vielerlei Hinsicht überlegen war. Zugleich behielt ich die Schilderung, die Herr von Caumont gegeben, genau in Erinnerung, um sie Miroul Wort für Wort zu wiederholen.
    »Möge Gott die Valois mit Dürre und Unfruchtbarkeit schlagen, wie einst Christus den undankbaren Feigenbaum«, sprachmein Vater mit ernster Miene, »damit die Krone Frankreichs auf Heinrich von Navarra übergehe!«
    »Würdet Ihr das für möglich halten?« fragte Caumont, so von Begeisterung hingerissen, daß er sich von seinem Sitz erhob und in der Bibliothek auf und ab ging. »Der große Nostradamus hat es so prophezeit!«
    »Ha!« sagte mein Vater, die Brauen runzelnd. »Ein Arzt, der Prophezeiungen macht!«
    »Und warum nicht, wenn sie zutreffen?« rief Caumont. »Habt Ihr vergessen, mein Vetter, daß Nostradamus die tödliche Verwundung Heinrichs II. beim Turnier gegen Montgomery bis in die kleinsten Einzelheiten vorausgesagt hatte?«
    Und sogleich begann Caumont die Verse zu rezitieren, die in Frankreich damals in aller Munde waren:
    »Bezwingen wird der junge Leu den alten,
    in unerhörtem Zweikampf auf der Stechbahn …«
     
    Sauveterre fiel ihm ins Wort:
    »Wir kennen diese Verse«, sagte er, nicht ohne Ungeduld, »und zweifeln nicht am staunenswerten Scharfblick des Verfassers. Wenn Ihr bitte fortfahren wollet, Herr von Caumont.«
    Und mit lauter Stimme und glänzenden Augen fuhr selbiger fort:
    »Am siebzehnten Tag

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