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Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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eine Verrichtung. Wir sollten alle fünf Meter schwere Steine auf dem Wehrgang aufhäufen und – mit viel zu großen Sturmhauben auf dem Kopf und langen Spießen in der Hand – hinter den Zinnen hin und her laufen, um einen nahenden Feind über die Zahl der Verteidiger zu täuschen. Die kleine Hélix erhielt ebenfalls eine Blechhaube und einen Spieß, doch nahm man ihr letzteren alsbald wieder ab, so gefährlich nahm sich die Waffe in ihren Händen aus. Sollte der Feind Leitern an die Mauern anlegen, sollten wir unsere Spieße weglegen und die Steine auf die Köpfe der Angreifer schleudern.
    Die Ernte ward eingebracht, Weinlese gehalten, und nachdem die herbstlichen Feldarbeiten beendet, trieb man trotz des schönen Wetters das Vieh von der Weide ein, um Tiere und Hirten nicht dem Zugriff der Strauchdiebe auszusetzen. Die Besuche in Sarlat, auf den benachbarten Burgen, ja sogar in unseren Dörfern wurden eingestellt, so sehr fürchtete man die Unsicherheit der Wege und die Gefahren der Hinterhalte, welche die Zigeuner meisterhaft zu legen verstanden. Sauveterre ordnete an, daß jeden Tag im Morgengrauen und nach Sonnenuntergang ein kurzer Erkundungsritt um die Burg statthabe. Mit diesen kleinen Patrouillen beauftragte er die beiden Brüder Siorac; ihren Gäulen wurden die Hufe mit Lappen umwickelt, damit man sie nicht höre. Die Zwillingsbrüder waren große Jäger, und ihre geübten Augen vermochten noch die geringste Spur eines Menschen oder Tieres auf dem Wege oder dem Waldboden zu erkennen.
    Von den Mauern Mespechs aus war der befestigte Turm der Kirche zu Marcuays gut zu sehen und rechts davon, auf einem weiter entfernten Hügel, die imposante Silhouette der Burg Fontenac. Trotz seiner Abneigung setzte Sauveterre einen gar höflichen Brief an Bertrand de Fontenac auf, worinnen er vorschlug, daß die beiden Burgen angesichts ihrer Nähe übereinkommensollten, sich in dem Falle eines Angriffes der Zigeuner gegenseitig Hilfe zu gewähren. Was der junge Wolf, welcher sich seiner Reißzähne zum ersten Mal bewußt ward, rundweg ablehnte: Fontenac brauche keine Hilfe und gedenke auch niemandem solche zu gewähren, am allerwenigsten denen, welche die Schuld an der Verbannung seines Vaters trügen.
    Was die anderen Baronien der Umgebung anbelangte, nämlich Campagnac, Puymartin, Laussel und Commarques, so waren dort noch weniger Männer verblieben als auf Mespech. Und von Sarlat war ebenfalls keine Hilfe zu erwarten. Nach dem Abzug der Schützen und königlichen Truppen hatten die Konsuln zwar in aller Schnelle eine Bürgerwehr aufgestellt, doch reichte diese, schwach und kriegsungeübt, kaum zur Verteidigung der eigenen Stadtmauern aus.
    Sauveterre, welcher die Wahrheit nicht zu verblümen pflegte, insonderheit wenn sie unangenehm war, wiederholte allabendlich nach dem gemeinsamen Gebet, daß wir nicht allzu sehr auf den Weiher um uns, auf die Burgmauern, die Wälle, die Türme und die Pechnasen vertrauen sollten und wohl kaum die Chance hätten zu obsiegen, wenn die Zigeuner uns angriffen. Und so begann ich zum ersten Mal in meinem kurzen Leben an den Tod zu denken.
    Wie im tiefsten Winter hatte Mespech sich völlig von der Außenwelt abgekapselt, während es doch schönster Oktober war: die Sonne schien hell, und die Kastanienbäume standen noch in herrlicher Blätterpracht. Und welcher Jammer war es da, daß wir auf Mespech eingesperrt wie in einem Kerker saßen, die drei Fallbrücken auch am Tage hochgezogen, indes mein Vater und seine drei Soldaten in ständiger Gefahr schwebten, in diesem Kriege ihr Leben zu lassen, und auch wir selbst, weit entfernt von den Schlachten im Norden, aufs äußerste gefährdet waren.
    Ich war im Jahre 1554 noch zu jung, als daß die Pest von Taniès andere Erinnerungen in mir hinterlassen hätte als die – höchst erfreuliche – vom Einzug Samsons auf unserer Burg. Doch seit der Notarius Ricou vom Tode meines Vaters gesprochen und Sauveterre allabendlich – wohl um den Mut seiner kleinen Truppe anzuspornen – das Bild von der Einnahme Mespechs und dem darauffolgenden Blutbad heraufbeschwor, glaubte ich uns alle dem Tode geweiht.
    Die beiden Sioracs, Jonas und Faujanet hielten abwechselnd Wache auf dem Wehrgang, angstvoll in die Runde spähend. Um die im Hofe aufgehäuften Steine dort hinaufzuschleppen, durften nur Samson und ich den Wehrgang betreten – ein Vorrecht, das wir zu schätzen wußten, hatte man doch von dort einen wunderbaren Blick über die umliegenden Dörfer und

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