Fortune de France: Roman (German Edition)
abbekommen hatte. So geschah es, daß mein Vater, als er gesund und unversehrt aus dem Kriege zurückkehrte, sein Haus in gar großer Aufregung und seine drei Söhne im Turm eingesperrt vorfand.
Seine Ankunft in der strahlenden Morgensonne des folgenden Tages bot, von meinem Turmfenster aus gesehen, ein wunderbares Schauspiel. Jonas hatte die drei Fallbrücken herabgelassen, und indes Marsal Schielauge und Coulondre Eisenarm den Wagen auf der Insel anhielten, um ihn zu entladen, ritt mein Vater, nur gefolgt von Cabusse, stolz in den Burghof ein und beschrieb unter Jubel und Freudenrufen eine Runde im Galopp, ehe er sein Roß vor der Freitreppe zum Stehen brachte, auf welcher meine Mutter herbeieilte; sie trug ein weit ausgeschnittenes Morgenkleid wie damals vor dreizehn Jahren, als Jean de Siorac sie im Ehrensaal der Burg Castelnau zum ersten Mal erblickte.
Als hätte er Flügel, sprang mein Vater von seinem Roß, lief ihr entgegen und erreichte die Freitreppe just in dem Augenblick, da Isabelle in ihrem schnellen Lauf auf den letzten Stufenausglitt und ihm gleichsam in die Arme fiel. Unter Weinen und Lachen drückte sie ihn an ihr Herz und bat ihn um Vergebung, daß sie ihn am Tage seines Aufbruches so sehr erzürnt.
»Schweig still, mein liebes Weib!« sprach mein Vater mit leiser Stimme. »Kein Wort soll mehr fallen über unsere Zwistigkeiten!« (Doch leider wurde zwei Jahre später wieder tagelang darüber gesprochen.)
Mit lauter Stimme fügte er hinzu:
»Und nun soll Freude herrschen, Frau Baronin!«
»Baronin!« rief meine Mutter, »dann seid Ihr also Baron?«
»Gewiß! Auf Empfehlung des Herzogs von Guise hat der König Mespech in den Rang einer Baronie erhoben, davon ich fortan den Titel führen werde, so wie nach mir François.«
In diesem Augenblick kam von überallher unter lautem Schreien und Rufen das Gesinde auf den Burghof gestürmt – Faujanet aus seiner Küferei, die Maligou aus ihrer Spülkammer, die Brüder Siorac aus den Pferdeställen, indes Barberine mit der kleinen Hélix und Catherine die Wendeltreppe ihres Turmes herabeilte.
»Heiliger Herr Jesus!« rief sie aus, denn mein Vater war nicht nur ihr Brotherr, sondern auch ihr Held.
Und schließlich kam Sauveterre, ganz in Schwarz gekleidet, doch freudestrahlend, die Freitreppe herabgehumpelt, in der Eile seitwärts wie eine Krabbe sich bewegend, ohne auf seine Würde zu achten. Als Jean de Siorac ihn erblickte, löste er sich sogleich von Isabelle und stürzte in seine Arme.
»Mein Bruder, mein Bruder!« rief Sauveterre, seiner Stimme kaum mächtig, und rieb seine rauhe Wange an der seines Freundes. »Aber habe ich recht gehört: Ihr seid Baron?«
»Das ist schon wahr«, flüsterte ihm mein Vater ins Ohr, »doch bringe ich aus Calais noch anderes mit, was handfester ist denn ein Titel. Diese Engländer waren nicht schlecht begütert …«
Sich schließlich aus den Armen Sauveterres lösend, küßte er zärtlich Catherine, alsdann die kleine Hélix, Barberine und gar die Maligou, nicht aber Cathau, weil meine Mutter sich gewißlich darüber gegrämt hätte. Dann wandte er sich den Männern zu – den Vettern Siorac, Faujanet und Jonas –, blickte ihnen reihum in die Augen und klopfte anerkennend ihre Schultern.
»Doch wo sind denn meine Buben?« fragte er plötzlich vollerVerwunderung. »Warum sind sie nicht hier? Liegen sie etwa noch faul im Bett, indes ihr Vater aus dem Kriege zurückkehrt?«
In jenem Kabinett, worinnen die Herren Brüder des Sonntags angeblich die Messe hörten, saß mein Vater mit Sauveterre zu Gericht, ohne daß meine Mutter hinzugezogen ward (stand doch zu vermuten, daß sie Richter und Partei zugleich war und daß François den Ausdruck »Sohn einer Kuhmagd« von ihren Lippen gehört), und ließ seine Söhne einen nach dem anderen rufen, Samson seinen Diebstahl vorzuhalten, mir selbst meine Gewalttätigkeit und François die Beleidigungen. Von den drei Strafpredigten, welche er dabei hielt, befand er nur die an seinen Ältesten gerichtete für würdig, zu Nutz und Frommen der Beteiligten und derer, die ihnen auf Mespech nachfolgen würden, im »Buch der Rechenschaft« festgehalten zu werden.
»Mein Sohn, obzwar es Euch nicht an Geist ermangelt, habt Ihr in dieser Angelegenheit gehandelt wie ein unwissender Stockesel, und so ist es nur recht und billig, daß Ihr in Euerm Stolz gedemütigt wurdet. Euer Erstgeburtsrecht gründet sich nicht auf Gerechtigkeit, sondern auf die Notwendigkeit, den Grundbesitz
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