Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fortune de France: Roman (German Edition)

Fortune de France: Roman (German Edition)

Titel: Fortune de France: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
Sturm zu trotzen wußte. Es gab dann jedesmal ein Höllenspektakel, von dem ganz Mespech widerhallte, so daß mein Vater ungehalten ward; er ließ Isabelle über Barberine kleine Botschaften zukommen mit folgendem Inhalt: »Madame, wenn Ihr Eure Kammerjungfer unbedingt schelten müßt, dann tut es, ohne zu schreien.«
    Doch eher hätte man die Dordogne in ihrem Lauf umleiten können als das Wüten meiner Mutter besänftigen, wenn Cathau ihr die Stirn bot. »Unverschämtes Ding!« schrie Isabelle, »Weibsstück ohne Geburt noch Herkunft! Ein Nichts bist du gewesen und wirst es wieder sein, wenn ich dich zu deinen Kühen zurückschicke!« – »Aber ich habe niemals Kühe gehütet!« hielt Cathau dagegen, tief verletzt. »Ich bin auf Schloß Milandes geboren wie Ihr selbst!« – »Du wagst es, dich mit mir zu vergleichen, du kleines Stück Dreck!« fauchte meine Mutter. »Bald wirst du noch behaupten, du stammtest so wie ich von Raoul deCastelnau ab, welcher sich in den Kreuzzügen hervorgetan!« – »Das kann sehr wohl der Fall sein!« erwiderte Cathau mit funkelnden Augen. »Heißt es nicht, daß Euer Großvater in seinen alten Tagen eine Schwäche für meine Mutter hatte, welche Kammerjungfer bei der Eurigen war? In diesem Falle, Madame, wäre ich gleichsam Eure Tante – wenngleich ich jünger bin denn Ihr«, fügte sie nicht ohne Arglist hinzu. – »Meine Tante!« schrie meine Mutter mit einem schrillen Lachen. »Du wärst mir eine schöne Tante! Du Unverschämte, du Undankbare, du Hurenweib!« – »Von wegen Hurenweib, Madame!« Cathau richtete sich hoch auf. »Ich bin noch gänzlich unberührt!« Und wohl wissend, wie sie meine Mutter treffen könne, setzte sie hinzu: »Und wenn Ihr es nicht glaubt, dann bittet Monsieur de Siorac, welcher ein Medicus ist, mich zu untersuchen!« – »Was!« schrie meine Mutter, außer sich, »Monsieur de Siorac soll mit dem Finger berühren, was ich nicht einmal mit meiner Stockspitze berühren würde!«
    »Madame«, ließ sich da mein Vater vernehmen, welcher mit zornumwölkter Stirn und gestrenger Miene ungestüm in Isabelles Gemächer trat, »entweder Ihr jaget Eure Kammerjungfer auf der Stelle davon, oder Ihr findet Euch mit ihr ab. Und jetzt hört beide auf mit dem Gezänk und Geschrei! Das ganze Gesinde hört Euch vom Hof aus zu und amüsiert sich. Mir selbst dröhnen schon die Ohren von Eurem Gekreisch.«
    Wäre meine Mutter nicht voller Dünkel ob ihres alten Adels gewesen (ständig führte sie Raoul de Castelnau im Munde), hätte sie sich eingestanden, daß sie als Waisenkind, welches bei Madame de Caumont nur wenig Liebe gefunden, für Cathau bald herzliche Zuneigung empfand wie für eine jüngere Schwester. Doch es widerstrebte ihr, sich zu einem solch schwesterlichen Gefühl für ein »Weibsstück ohne Geburt noch Herkunft« zu bekennen, und so verübelte sie es der Kammerjungfer, daß sie Zuneigung zu ihr empfand, und suchte sie ständig zu demütigen, was Cathau wiederum nicht ertrug, denn sie bewunderte ihre Herrin und wollte ihr in allen Dingen gleichen, hielt sich gar selbst für ein wenig adelig. Aus diesem Grunde haftete ihrer Zänkerei stets etwas Komödienhaftes an: die Drohungen, Cathau davonzujagen, waren nie ernst gemeint, da die tatsächliche Bindung zwischen den beiden Frauen eine ganz andere war, als es den Anschein hatte.
    Dies zeigte sich deutlich, als Cathau Mespech verließ. Der Tränen, Seufzer und Umarmungen war kein Ende mehr, und meine Mutter war voller Verzweiflung und Schwermut, wovon sie sich erst nach langen Monaten wieder zu befreien vermochte, obgleich Cathau und ihr Mann (wie auch Jonas) des Sonntags zur Mittagsmahlzeit auf Mespech kamen und Isabelle ihre vormalige Kammerjungfer zweimal in der Woche auf Le Breuil besuchte, stets von einer Eskorte begleitet, denn die Wege waren nicht sicher. Die Herren Brüder wetterten ein jedes Mal wegen dieser Eskorte, die zwei Mann für einen ganzen Nachmittag der Arbeit entzog, insbesondere zur Sommerszeit, da es viel zu tun gab auf den Feldern. Allein mein Vater, beunruhigt durch die große Mattigkeit meiner Mutter, die damals schwanger ging, gab immer wieder nach.
    Cathaus Stelle ward von Franchou eingenommen, einer Base der Sioracs von mütterlicher Seite her: eine üppige, sanfte Jungfer, deren Kuhaugen ständig einem friedsamen Traum nachzuhängen schienen. Als Kammerjungfer taugte sie weit weniger denn Cathau, und das bekam sie auch oft genug zu hören. Doch war sie so demutsvoll und

Weitere Kostenlose Bücher