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Fossil

Fossil

Titel: Fossil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlín R. Kiernan
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viel, wie du vielleicht denkst, aber mehr, als notwendig wäre, vermute ich. Mehr, als ich wissen wollte.»
    «Deacon hat die Tür geöffnet», sagt Chance und versucht, nicht auf das Badewasser zu achten, das die Farbe von Kirschlimo hat.
    «Ja, das gehört zu den Dingen, die er kann.»
    Chance hat keine Ahnung, was Elise meint, und kann sich nicht erinnern, was sie jetzt eigentlich hätte machen sollen, es war etwas Dringendes, das nun aber nicht mehr wichtig scheint. Es ist schwer, vernünftig zu denken, weil es so nach Blut riecht.
    «Ist dir nicht kalt?», fragt sie das tote Mädchen.
    «Sie erzählen mir manches», sagt Elise, als wäre es eine Antwort.
    «Wie bitte?», fragt Chance. «Wovon redest du? Ich begreife kein Wort.» Sie hat wirklich keine Ahnung, und Elise lächelt, kein schönes Lächeln, ein schiefes Lächeln, um noch Schlimmeres zu verbergen.
    «Das sollst du auch nicht», sagt sie. «Noch nicht. Aber irgendwann schon, glaube ich.»
    Elise beugt sich etwas vor und zieht an einer Kette, um das Wasser aus der Badewanne zu lassen.
    «Deacon hat die Tür geöffnet», sagt Elise. «Er kann solche Dinge.»
    «Zum Teufel mit ihm!» Chance wird schlecht wegen des Geruchs nach Blut und Badreiniger, Desinfektionsmittel und rotem Wasser, das in einem Strudel aus dem Abfluss läuft. Sie hat jetzt lange genug im Badezimmer eines Motels gesessen und über Deacon Silvey geredet, mit dem Geruch von Blut und Domestos in der Nase. «Seinetwegen liegst du hier. Er interessiert sich für niemanden außer sich selbst.»
    «Ich soll dir etwas zeigen, Chance.»
    Vor dem Fenster über der Badewanne flattert etwas auf einmal ungeduldig, ein plötzliches Flattern, als ob ein Schwarm Stare sich in die Luft schwingen würde, ein Flattern wie von hundert panischen gefiederten Flügeln. Vorher war Chance das Fenster gar nicht aufgefallen. Verschmiertes Glas, zu einem perfekten Viereck geformt, durch das helles Licht hereinscheint.
    «Nein, ich darf dir nichts sagen.» Elise klingt verängstigt und verwirrt.
    «Du musst mir nichts sagen, Elise. Ich habe dich nicht darum gebeten, mir irgendetwas zu sagen.»
    «Du wüsstest ja gar nicht, dass du mich bitten könntest», sagt das tote Mädchen. «Du bittest niemals jemanden um irgendetwas.» Und dann wieder dieses Flattern, diesmal noch näher, doppelt so laut, und das Licht draußen scheint anzuschwellen und zu pulsieren wie Zahnschmerz.
    «Ich lasse nicht zu, dass es dir noch einmal wehtut», sagt Chance und sieht hinüber zum Fenster, das nun spinnennetzartige Risse hat. Man kann einen Schatten darauf erkennen von etwas Großem da draußen, das sich zwischen Licht und Fenster schiebt.
    «Das glaubst du? Du denkst, so funktioniert es?»
    Ein gurgelndes Geräusch von der Badewanne, und das letzte Wasser verschwindet in den Abflussrohren, wegen des Lärms vor dem Fenster kann man es aber kaum hören. Die Scheibe knackt laut, die Risse ziehen sich jetzt durch das gesamte Glas, das in seinem verfaulten Holzrahmen zittert. Chance erinnert sich an den Flur und Deacons Finger im Loch, wo die Türklinke fehlte, erinnert sich wieder, weshalb sie hier ist, dass Elise nicht tot ist, stirbt, aber noch nicht tot ist. Falls es hier ein Telefon gibt, kann sie noch einen Rettungswagen rufen, und vielleicht geht dann doch noch alles anders aus. Diesmal endet die Geschichte in einem Krankenhauszimmer und mit einer weinenden Elise, die eigentlich gar nicht hatte sterben wollen, und Chance, die ihr sagt, sie solle doch nicht weinen. Oder eben weinen, falls es ihr hilft, bald scheint die Sonne wieder, warte nur ab, alles wird wieder gut.
    Chance steht vom Sitz der Toilette auf. Das Kondenswasser klettert jetzt in blättrigen Ranken aus Dampf das Badezimmerfenster hinauf, Dampf wie kleine Fangarme, und dann fühlt sie die Wärme des Lichts auf ihrem Gesicht.
    «Ich darf dir nichts zeigen», flüstert Elise; ein kurzes, verängstigtes Kinderflüstern. Chance sieht weg vom Licht, dem verschlingenden Licht und den unruhigen Federschatten, und sieht, was in der Badewanne liegt.
     
     
    Sie wacht auf dem Fußboden auf, irgendwie wacht sie da in letzter Zeit oft auf, ihr ist kalt vom Traumschweiß, und im Mund hat sie den klebrigstrengen Nachgeschmack von Dosenravioli. Eine Weile bleibt sie noch einfach liegen und starrt auf den Bildschirm des Fernsehers. Bekannte Gesichter, die die bösen Gestalten aus ihren Gedanken vertreiben, John Wayne und Henry Ford, eine beruhigende Kuscheldecke aus schwarzweißem

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