Fotostudio Plange I (German Edition)
haben? Akt? Erotik? Für
deinen Freund? Für ein Profil? Für eine Bewerbung in einem Porno?“
„So was machst du auch?“
„Ich hab mal in London während meines Studiums als
Set-Fotograf gejobbt, gab gutes Geld. Zwei Tage Arbeit und ich hatte die Miete
für die nächsten zwei Monate. Also? Was für Bilder möchtest du?“
„Naja, mein Freund studiert Anglistik und geht im nächsten
Semester für ein Jahr in die Staaten.“
„Aha, also eher in Richtung sentimentaler Akt. Ich werde
mir was einfallen lassen. Hast du nächsten Freitag schon was vor?“
„Ja, habe ich. Eine Verabredung mit meinen Fotografen.“
Er lachte über beide Backen. „Aber was machen wir mit Marvin?“
„Freitags ist normalerweise Kino angesagt, wir sind also
ungestört.“
Mit einem Kuss, diesmal ohne Zunge, verabschiedete er
sich. Für die 2 Kilometer bis zum Bahnhof blieben ihm noch zwölf Minuten.
Um kurz vor halb elf klingelte es. Wer störte denn da
schon wieder? Ich betätigte den Summer und öffnete die Wohnungstür. Ich hörte,
wie jemand den Flur betrat. „Herr Plange?“
„Hier oben!“ Ich machte Licht im Treppenhaus.
Das Klacken von Klocks war auf der Treppe zu hören. Eine
zierliche Dame, ungefähr mein Alter, kam in einem rosafarbenen Jogginganzug zu
mir hoch. Wer war das denn? Und – vor allem – wer war sie?
„Herr Plange, ich …“
„Guten Abend, Frau … äh?“
„Schuster! Veronica Schuster!“
„Dann einen Wunderschönen, Frau Schuster! Kommen sie
rein. Da vorne ist das Wohnzimmer, wenn sie schon mal Platz nehmen würden, ich
müsste mal eben für kleine Fotografen. Sie entschuldige mich?“ Ich deutete auf
den Flur, das Wohnzimmer konnte sie sowieso nicht verfehlen, und verdrückte mich
ins Bad. Ich schloss die Tür und drückte auf den Sprechknopf des
Walkie-Talkies. Ein paar Sekunden ertönte Marvins Stimme aus dem eingebauten
Lautsprecher. „Was ist los?“ Er klang etwas gereizt.
„Ich hab grad Besuch gekriegt, scheint eine besorgte Mutter
zu sein. Hör einfach mal mit!“
„OK, wir lauschen!“ Ich drückte die Klospülung. „Was war
das denn? Bist du auf dem Klo?“
„Ja! Aber das erklär ich dir später, ab jetzt nur noch zu
hören!“ Auf das Händewaschen verzichtete ich.
Ich betrat mein Wohnzimmer mit einem Lächeln. „Frau
Schuster! Was verschafft mir die Ehre ihres Besuches? Kann ich ihnen was
anbieten? Wasser, Kaffee, Tee, Kakao oder ein Glas Wein?“
„Nichts! Ich will jetzt nichts trinken! Ich will meinen
Sohn!“ Sie wirkte etwas aufgeregt.
„Entschuldigen sie bitte, aber einen Sohn kann ich ihnen
nicht anbieten. Ich habe nämlich gar keinen!“ Ich konnte mir ein Grinsen nicht
verkneifen, ich ahmte die alte Werbung mit diesem italienischen Kaffee-Experten
nach.
Ihre Augen wurden größer. „Wie? Sie sind doch der Vater
von Marvin Plange, der heute die Party gibt, oder?“
„Tut mir leid, wieder falsch: Ich bin Stefan Plange, der
Onkel, Marvin ist mein Neffe: Aber, und das stimmt, der feiert heute seinen
Einzug hier mit seinen Freunden unten im Keller. Insofern stimmt ihre
Vermutung. Aber wenn sie wissen, wo ihr Sohn ist, weshalb suchen sie ihn dann?“
„Er ist nicht zu Hause!“
„Wenn er hier ist, dann kann er nicht bei ihnen sein.
Oder habe ich irgendetwas nicht verstanden?“
„Entschuldigen sie, ich bin etwas durch den Wind.“ Etwas?
Etwas viel würde ich sagen!
„Also erzählen sie mal von Anfang an, das ist immer am
besten!“ Ich schenkte ihr ein Lächeln.
„Mein Mann und ich sind frisch geschieden und Henrik, das
ist mein Sohn, ist nicht nach Hause gekommen. Er wollte um spätestens Viertel
nach zehn wieder da sein. Als er nicht kam, bin ich zu ihnen gefahren. Nicht, dass
mein Mann ihn geholt hat!“ Um Gottes Willen! Frauen!
„Ach Frau Schuster. Das ist doch kein Grund zur
Aufregung. Er ist doch wahrscheinlich mit dem Fahrrad unterwegs?“
„Ja, wieso?“
„Wir waren noch alle mal jung. Er wird wahrscheinlich
über die gute Laune, die da unten herrscht, die Zeit bis zum Letzten ausgereizt
haben, um dann mit einem Affenzahn zu ihnen zu fahren. Wahrscheinlich wird ihm
dabei die Kette abgesprungen sein, sie wissen ja um die Schlaglöcher hier auf
den Straßen! Die Stadt tut ja nichts dagegen! Steuern kassieren sie!“ Ich
lächelte sie an.“Ich vermute mal, er wird mittlerweile mit verschmierten Händen
bei ihnen
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