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Fotostudio Plange I (German Edition)

Fotostudio Plange I (German Edition)

Titel: Fotostudio Plange I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darius von Benin
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seinem Sportseminar in Hamburg und somit unerreichbar für
mich, jedenfalls körperlich. Ich war fertig mit den Nerven, allerdings durfte
ich mir nichts anmerken lassen. Ich musste stark bleiben für den Kleinen.
     
    Freitagabend, Swetlana hatte mittags extra eine frische
Hühnersuppe für den Kleinen gekocht. Wir hatten jeder etwas davon gegessen, er
aber ohne großen Appetit. Marvin hatte sich sofort wieder in sein Zimmer
verkrochen, ich starrte auf den Fernseher, die Nachrichten liefen an meinem
geistigen Auge einfach vorbei. Ich nahm irgendwie nichts war. Igor müsste jetzt
im Musical sein, wenn ich sein Seminarprogramm richtig im Kopf hatte. Ein
plötzliches Getrampel auf dem Flur ließ mich aus meiner Trägheit erwachen.
    Ich fand Marvin im Badezimmer über die Kloschüssel
gebeugt. Er hatte die Hühnersuppe, die ja angeblich immer helfen soll, in die
städtische Kanalisation befördert, allerdings nicht alles. Ein Teil war auf den
Fliesen gelandet, ein anderer zierte sein Shirt. Ich machte ein Handtuch nass
und wusch ihm das Erbrochene ab, zog ihm ein sauberes T-Shirt an und wechselte,
wie bei einem Kleinkind, auch seine nicht mehr saubere Unterhose. So gewandet
hob ich ihn auf, trug ihn in mein Schlafzimmer und legte ihn ins Bett. Einen
Eimer stellte ich vorsichtshalber an die Bettseite.
    Ich beseitigte die Spuren im Badezimmer, schaute jedoch
alle paar Minuten nach ihm. Er lag wie regungslos im Bett. Als ich den Inhalt
des Wischeimers im Klo entsorgte, hörte ich ein Stöhnen aus dem Schlafzimmer,
sofort war ich zur Stelle. Er hatte wieder einmal einen Weinkrampf. Ich legte
mich neben ihn und streichelte ihm über die Haare. Er blickte mich an, seine
Augen waren nass, seine Haare klebten an seiner Stirn. Ich griff nach meinem
Taschentuch und tupfte seine Tränen ab.
     
    „Lass mich!“
     
    „Warum sollte ich das lassen?“ Ich entfaltete das
Taschentuch und drückte es auf seine Nase, sodass er sich schnäuzen konnte, was
er dann auch tat.
     
    „Lass mich alleine!“
     
    „Das werde ich nicht tun, mein Engel! Egal was du jetzt
zu mir sagst!“
     
    „Engel? Igor ist dein Engel! Ich bin doch nur …“ Tränen
kullerten wieder über seine Wangen.
     
    „Was bist du?“
     
    „Ich bin doch nur ein lästiges Stück Fleisch! Du liebst
mich nicht mehr, denn du hast ja deinen Igor! Und Papa liebt mich auch nicht
mehr, denn ich störe ihn ja nur, er will mich ja auch nicht mehr sehen! Am
liebsten wäre ich gar nicht mehr da! Am besten wäre ich tot!“
     
    Ich erschrak! „Marvin Christian Alfons Plange! Tickst du
noch gerade? Was ist in dich gefahren?“
     
    Seine Tränen versiegten urplötzlich, als ich ihn beim
vollen Namen nannte, denn das machte ich eigentlich nur dann, wenn er
irgendwelchen Bockmist gebaut hatte. „Du kümmerst dich doch nur noch um den
blöden Igor! Seitdem du mit dem Russen fickst, bin ich dir doch gleichgültig!
Du liebst mich nicht mehr! Keiner liebt mich!“
     
    „Ach! Keiner liebt dich! Du armer Junge! Du spinnst, wenn
ich das so sagen kann! Wie kommst du nur auf diese bescheuerte Idee?“ Irgendwo
habe ich mal gelesen, dass Angriff in solchen Fällen immer eine gute Lösung
ist.
     
    „Papa sagte doch am Telefon, ich würde stören! Und sag
jetzt nicht, dass es nicht so wäre. Ich hab dein Telefonat mit ihm
mitbekommen!“
     
    „Dann, mein Engel, hast du aber ziemlich schlecht
zugehört! Klaus zerreißt es das Herz, weil er dich nicht wie geplant zu
Weihnachten sehen kann! Meinst du nicht, er würde alles dafür geben, dass ihr
nicht gemeinsam unter dem Weihnachtsbaum sitzen könnt! Weißt du, wie viele
Stunden dein Vater am Tag schläft? Weißt du das?“
     
    „Nein!“ War zwar leise, aber dennoch zu hören.
     
    „Drei! Hörst du! Drei Stunden! Er verbringt jede freie
Minute im Krankenhaus bei Claudia, die noch lange nicht über den Berg ist. Er
hat Angst! Tierische Angst! Er weiß jetzt schon nicht, wie er alles unter einen
Hut bringen soll! Deine Mutter, seinen Job, ihre Genesung! Ach ja, da sind ja
noch deine Brüder, die habe ich bei der ganzen Angelegenheit glatt vergessen,
aber die sind ja anscheinend uninteressant für dich! Auch für Klaus hat der Tag
nur 24 Stunden! Aber kein Problem! Ich bring dich zum Flughafen und setz dich
in den Flieger! Du wirst ihm eine tolle Hilfe sein! Vielleicht kann er dann
eine Stunde länger schlafen, um seine Akkus aufzuladen!“
     
    „Ah, …“ Er wirkte wie versteinert!
     
    „Sprachlos? Marvin! Was ist? Nur weil

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