Fotostudio Plange I (German Edition)
Päckchen und warf sie mir zu. „Viel Spaß bei der Hausfrauenarbeit.“
Ich verschwand mit Sporttasche im Badezimmer und kippte
den Inhalt auf dem Boden. Neben einem eigentümlichen Geruch aus altem Schweiß
gepaart mit der Süße des ausgelaufenen Getränks, fielen sein Kulturbeutel, eine
blaue Flasche mit ehemals isotonischen Inhalts und ein kleiner Zettel aus dem
Nylonbehälter, der ziemlich klebte. Igor stand mittlerweile hinter mir. Ich
drückte ihm seine Tasche und die Plastikflasche in die Hand. „Ab in die Küche
und Saubermachen! Deine Tasche riecht bis zum geht nicht mehr.“ Ich grinste.
Er gab mir noch einen Kuss und machte sich auf den Weg.
Ich leerte den Wäschekorb und fing an, die Sachen zu sortieren und befüllte die
Trommel. Mir fiel dabei wieder der Zettel in die Hand. Ich bin zwar nicht
neugierig, aber ich las ihn trotzdem, es war der Kaufbeleg eines Hamburger
Juweliers.
Um Viertel vor sieben, ich hatte kurz vorher die zweite
Maschine Wäsche angestellt und den Inhalt des ersten Waschgangs in den Trockner
befördert, fuhren wir zu dritt zu diesem ominösen Termin, der mir immer noch
Rätsel aufgab. In dem Viertel hinter dem Bahnhof, in das Igor fuhr, war ich
schon Ewigkeiten nicht mehr gewesen, obwohl es nicht weit entfernt war.
Ich war mehr als überrascht, hatte ich doch dort eine
Industriebrache erwartet. Das alte Drahtwerk, was einmal Stahlseile produziert
hatte, war schon zu meinen Studienzeiten aufgegeben worden. Aus den ehemaligen
Werkshallen war mittlerweile ein modernes Gründerzentrum für Klein- und
Kleinstgewerbe geworden. Der Strukturwandel zeigte sich von seiner besten
Seite, die Gebäude des Gewerbehofes sahen modern und zukunftsorientiert aus.
Wir stoppten vor einem der Läden, ich sah auf das Schild
und mir wurde schlecht. Wir standen vor einem Tattoo-Laden. Was, um Gottes
willen, wollten wir hier?
Igor zog mich mehr oder minder aus dem Wagen und führte
mich in den hellgelb gestrichenen und freundlich eingerichteten
Empfangsbereich. Man schien uns zu erwarten, denn ein Mittvierziger mit
Vollbart und Pferdeschwanz kam auf uns zu und begrüßte Igor auf Russisch. Mein
Engel stellte uns vor und meinte dann zu mir: „Schatz, ich habe dich immer im
Herzen, aber ich möchte dich auch am Herzen haben. Deswegen habe ich uns in
Hamburg etwa machen lassen. Hier, ich hoffe, es gefällt dir!“
Er holte ein Schmuckkästchen aus der Jackentasche und
öffnete es. Zwei goldene Ringe mit einem Durchmesser knapp einem Zentimeter und
ungefähr anderthalb Millimetern Dicke stecken in dem Samt, eine Goldkugel, die
jeden Ring wohl verschloss, konnte ich erkennen, eine kleine Gravurplatte in
Herzform hing an dem kreisrunden Gebilde. Ich betrachtete das Geschmeide
genauer und erkannte auf der Vorderseite der Platte die Buchstaben S und I
ineinander verschlungen. Auf der Rückseite das Datum von Marvins Geburtstag, wo
wir uns unsere Liebe gestanden hatten. Ich war mehr als gerührt. Aber was war
das gerade? Nicht nur im, sondern auch am Herzen? Sollte das etwa heißen, dass
wir uns ein bestimmtes Körperteil …?
Ich war hin und her gerissen, einen solchen Liebesbeweis
hatte ich bisher noch nie bekommen. „Du meinst also, wir sollten uns jetzt
jeder die linke Brustwarze durchstechen lassen?“
„Ja!“
Ich hatte zwar schon lange überlegt, mir eines Tages
einen solchen Körperschmuck zuzulegen, war bis jetzt jedoch, ich gebe es ja zu,
zu feige dazu. Wenn nicht jetzt, wann dann? Ich wurde ja mehr oder minder dazu
gedrängt. Also warum eigentlich nicht? „Gut! Aber warum müssen wir das heute
machen? Ich hab doch erst in vierzehn Tagen! Wir könnten doch verschieben und
dann …“
„Nein! Du hast jetzt ja gesagt, also machen wir das
gleich. Außerdem muss das Ganze erst etwas abheilen, ehe wir die
Sonderanfertigungen einstecken können.“ Er blickte mich liebevoll an.
„Abheilen? Das tut doch nicht weh, oder doch?“ Ich hatte
leichten Bammel.
Er lächelte mich an. „Nein! Wadim ist ein Spezialist in
solchen Sachen. Deswegen gibt es erst einmal so eine Art Gesundheitsstecker,
wie bei Ohrringen!“
„Na dann ist ja gut!“ Ich fügte mich in mein Schicksal,
denn wenn er einmal seinen Dackelblick aufgesetzt hatte, so wie jetzt, konnte
man ihm eh nicht widerstehen, jedenfalls ich nicht.
Mein Schatz legte ab. „Du musst schon die Brust freimachen!“
Das tat ich dann auch, allerdings nicht nur ich, wir alle
legten
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