Fotostudio Plange I (German Edition)
nicht.
Wir fuhren auch in den nächstgelegenen Baumarkt, man brauchte noch einen Sack
Rotband und zwei, drei andere Sachen, an die man am Morgen nicht gedacht hatte.
Um kurz nach sechs stand die Holzkonstruktion, man konnte
die Umrisse des Büros schon erahnen. Marvin half uns noch bei den
Deckenplatten, ehe er sich für die Feier bei Florian fertigmachte. Frisch
geduscht und gestylt versorgte er uns noch mit Getränken, ehe er sich nach dem
obligatorischen Abschiedskuss um sieben auf den Weg machte.
„Dein Neffe küsst dich noch? Weiß er nicht, dass du
schwul bist? Wenn man bei uns einen Schwulen küsst, ist man selber ein
Aussätziger!“ Servet wirkte verunsichert.
Ich zuckte mit den Schultern. „Natürlich weiß er das! Er
ist ja selber schwul!“
„Er ist so wie wir?“ Seine Augen wurden größer und
größer.
„Ja, wieso fragst du?“ Ich blickte ihn an.
„Dann lebt er bei dir, weil seine Eltern ihn verstoßen
haben. Das würde nämlich meine mit mir machen, wenn sie es von mir wüssten!“
Seine Welt schien wieder in Ordnung zu sein.
„Ganz und gar nicht! Seine Eltern, mein Bruder und seine
Frau, lieben ihn abgöttisch. Er ist ihr Augenstern. Sie würden alles, aber auch
alles für ihn machen.“ Ich klärte ihn über die familiären Hintergründe und das
Warum und Wieso auf. Gürkan hatte sich hinter ihn gestellt und rauchte. Die
beiden hörten aufmerksam zu und stellten hier und da eine Zwischenfrage.
Als ich geendet hatte, fing Servet an, zu weinen, er ließ
seinen Tränen freien Lauf. „Solche Eltern hätte ich auch gern!“ Gürkan nahm ihn
sanft in die Arme und küsste ihn zärtlich.
Die beiden arbeiteten schnell, exakt und präzise wie ein
eingespieltes Team, als ob sie das schon jahrelang machen würde. Ich stand mehr
oder minder nur im Weg herum. Außer Werkzeuge anreichen und wieder wegräumen
konnte ich nicht viel machen. Um kurz nach neun war die letzte Schraube
eingeschraubt.
Gürkan blickte auf das Werk und war augenscheinlich
zufrieden. „So, das reicht für heute! Morgen kommen erst die Kabel rein und
dann wird verputzt!“
„Stimmt! Ich glaube, jetzt haben wir uns ein Bier und was
zu Essen verdient! Was meint ihr?“
„Keine schlechte Idee! Aber ich glaube, wir brauchen auch
noch eine Dusche! Mein Schatz riecht wie ein Kümmeltürke!“ Er grinste und
stupste seinen Schatz in die Seite.
„Ich bin Kurde, du dummer Türke!“ Er lachte und beide
küssten sich.
„Bitte keinen Streit! Vorschlag: Ich ruf jetzt den
Pizza-Service an und, bis der da ist, können wir alle unter die Dusche. Ich
rieche nämlich auch schon!“ Ich grinste.
„Wo können wir uns denn waschen?“ Servet umschlang seinen
Liebsten.
„Entweder oben bei mir in der Wohnung oder unten im
Keller in der Sauna.“
„Du hast eine eigene Sauna?“ Gürkan war erstaunt.
Ich nickte. „Habe ich.“
„Sauna wäre ja nicht schlecht, aber ich glaube, wir
würden morgen nicht aus den Betten kommen, wenn wir jetzt schwitzen würden. Das
können wir morgen machen, wenn wir fertig sind.“
„Ganz wie du meinst, Servet.“ Er griente und schnappte
sich seine Tasche. Die beiden hatten sich wohl Sachen zum Wechseln mitgebracht.
Wir machten uns auf den Weg nach oben in die Wohnung. Vor
der Tür zogen sie ihre Schuhe aus und betraten nur in Strümpfen den Flur. Ich
ging in die Küche und nahm die Werbezettel vom Chinesen, vom Italiener und vom
Griechen von der Pinnwand. Man entschied sich allerdings einhellig und
einstimmig für Mafiatorten! Einmal Thunfisch für Servet, Pilze für Gürkan und
Hawaii für mich. Die freundliche Dame am anderen Ende der Leitung teilte mir
mit, dass es eine halbe Stunde dauern würde, dann könnten wir essen.
Ich führte die beiden ins Bad. „Da sind Handtücher.
Duschzeug und Shampoo sind in der Dusche. Braucht ihr sonst noch was? Wer soll
zuerst?“
Servet kramte in seiner Tasche. „Hättest du vielleicht
eine Unterhose für mich? Ich hab meine nämlich vergessen.“
„Boxer, Retro, Slip oder String? Was hättest du gerne?“
Ich blickte den kleineren der beiden an.
Gürkan gab für ihn die Antwort. „Am liebsten würde ich
ihn ja ohne sehen oder nur im Tanga, aber eine weite Boxer ist am besten, da
muss er keine Angst haben, wenn er morgen früh bei seinen Eltern ins Bad geht
und ihn einer seiner Brüder zufällig sieht.“
„Okay, dann halt was Weites.
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