Fotostudio Plange I (German Edition)
nicht auf die Nase binden.
Er wirkte fast erleichtert. „Dann machen wir das so, aber
es bleibt das Problem mit Gudrun!“
Ich nahm meine Brille ab und blickte ihm tief in die
Augen. „Glaub mir einfach, Gudrun wir kein Problem werden. Vor dir steht der
beste Frauenversteher der Stadt!“
„Dein Wort in Gottes Gehörgang!“
Bei einem zweiten Glas Eierpunsch besprachen wie die
weitere Vorgehensweise im Allgemeinen und die bei der bevorstehenden
Weihnachtsfeier im Besonderen. Kurz nachdem Clemens die dritte Runde bestellt
hatte, ich war, zwecks Führerscheinerhalts, auf Tee umgestiegen, kam besagte
Gudrun, beladen mit drei vollen Plastiktüten. Sie hatte alles Mögliche
eingekauft, aber keine Bluse!
Als wir in der Ludwigstraße angekommen waren, waren auch
unsere türkischen Handwerker bereits mit ihrem Tagespensum durch. Bei einem
Bier besprachen wie den geänderten Plan für den folgenden Tag: Abholung der
Möbel von Postel und deren Aufbau, danach die erste große Räumaktion.
Die alte Schrankwand, die im Büro stand und als Ablage
diente, hatte auch schon einen Abnehmer gefunden. Sie würde künftig in der
Albertstraße stehen, denn die beiden hatten kaum eigene Möbel und ich war froh,
mir so die Entsorgungskosten zu sparen. Sie bekamen kurze Zeit später auch
Igors alte Küchenutensilien und wir schenkten ihnen zum Einzug ein komplettes
Tafelservice, aber der erfolgte erst ein paar Wochen später.
Nachdem wir am Donnerstag das neue Büro abgeholt und
aufgebaut, den Inhalt der alten Stätte nach unten gebracht und eingeräumt
hatten, fragte Gürkan, wo Marvin denn schlafen wollte, während bei ihm im
Zimmer die Farbe trocknen würde? Daran hatten wir gar nicht gedacht, die Pläne
mussten also erneut geändert werden.
Wir entschieden uns für eine praktische Variante, das
Esszimmer wurde zusammengeschoben, um so Platz für eine Art Zwischenlager für
Marvin Sachen zu schaffen. Mein Neffe hatte zwar nichts dagegen, für die Zeit
der unausweichlichen Geruchsbelästigung im Keller zu nächtigen, war aber wenig
begeistert davon, dass wir heute schon mit dem Ausräumen beginnen wollten. Er
wollte es lieber alleine machen, aber dann hätten wir noch einen weiteren Tag
verloren.
„Dann mach ich dir einen Vorschlag, wir gehen jetzt was
essen und du fängst schon mal alleine an. Wir sind in einer Stunde wieder da!“
Ich schaute ihn an und er nickte erleichtert, seine Privatsphäre wurde so
wenigstens etwas gewahrt.
Allerdings schaffte er nicht alles beiseite, was peinlich
werden konnte. Bei einem Stapel Bilder und zwei aufgerissenen Kondompackungen
blieb er ja noch ruhig, allerdings änderte sich seine Gesichtsfarbe ins
Dunkelrote, als wir hinter dem Bett eine fremde Unterhose fanden, niemand von
uns trug Tangas. Auch bei einem Paar Turnschuhe hatte ich meine Zweifel, die
waren eindeutig nicht auf seinem Mist gewachsen ist, sie waren zwei Nummern zu
klein für den Kleinen.
Am Freitag wurden die Malerarbeiten erledigt, Marvin war
mit Florian und einigen Mitschülern unterwegs und Igor packte in Münster seine
sieben Sachen zusammen. Unsere türkischen Handwerker wären früher fertig
geworden, hätten wir nicht für ein kleines Fotoshooting erotischer Natur, die Zwei
nackt auf der Leiter und der Körper übersät mit leichten Farbklecksen,
unterbrochen. Die Farbtupfer wirkten sehr natürlich, zwei Räume strichen die
beiden so, wie Allah sie erschaffen hatte; der kleine Stefan bekam beim Anblick
leichte Platzangst in seinem Stoffgefängnis.
Als Marvin um elf von seinem Kinobesuch wiederkam,
erstrahlten die Räume in neuen Farben. Wir saßen im Wohnzimmer und tranken noch
ein Glas Wein zusammen. Er hatte was auf dem Herzen, das konnte man merken.
Aber da er von sich aus mit der Sprache nicht herausrücken wollte, harkte ich
auch nicht nach. Er würde von selbst ankommen, wenn er dazu bereit wäre.
Fest stand jedenfalls, er wollte morgen bei Florian
nächtigen und schon nachmittags raus auf den Bauernhof in den Vorort. Ich
stimmte zu, denn ein Kellerkind sollte er nicht werden. Außerdem hätten Igor
und ich somit einige Stunden für uns, ungestört und allein, was ja auch nicht
ganz unangenehm ist, für ein frisch verliebtes Paar.
Am Samstag wurde Igor dann umgezogen. Gürkan kam mittags
wieder mit dem VW-Transporter seines Cousins. Zum dritten Mal innerhalb von
einer Woche nutzten wir das Gefährt. Ich übernahm das notwendige Tanken,
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