Foules Spiel: Ein Nürnberger Fußballkrimi (German Edition)
…?«
Cramer schaltete sich ein. »Die Presse zuerst. Sie sollen es auf allen Sendern bringen, damit so wenig Leute wie möglich hier aufkreuzen. Wir können hier jetzt niemanden gebrauchen, solange wir nicht wissen, ob es nicht noch eine Bombe gibt. Mag sie auch noch so harmlos sein – ein abgerissener Finger reicht, und der Skandal ist perfekt. Und – Martin?«
Der Mann war bereits am Gehen gewesen und drehte sich noch einmal um.
»Kein Wort von der Bombe, okay?«
»Ist doch klar«, knurrte Martin. »Ich bin doch nicht von gestern.«
Leo wandte sich an Wallner. »Fahr du zurück ins Präsidium und informiere Elke und ihr Team, falls Fragen kommen. Ich halt euch auf dem Laufenden.«
Wallner wollte kurz widersprechen, schluckte seinen Ärger aber hinunter. Es machte ja auch Sinn, dass Cramer vor Ort blieb; er kannte die Leute vom Club, auf ihn würden sie hören. Wallner ließ sich den Autoschlüssel geben und verließ das Stadion. Er brauchte eine gute halbe Stunde, bis er wieder im Präsidium war. Im Radio kam auf allen Stationen die Durchsage, dass das Spiel Nürnberg gegen Wolfsburg wegen eines noch ungeklärten Vorfalls im Stadion ausfallen musste. Man werde die Zuschauer rechtzeitig über den neuen Termin informieren. Alle Karten behielten selbstverständlich ihre Gültigkeit.
Zurück im Polizeipräsidium informierte Wallner die Pressesprecherin und ging dann in sein Büro. Er schaltete den kleinen Fernseher ein; auf den regionalen Programmen kam die gleiche Meldung wie im Radio. Kurze Zeit später informierte Cramer ihn darüber, dass die beiden Vereine und der DFB nach einem neuen Termin suchten. Das würde nicht einfach werden, denn durch die WM im Juni war der Zeitplan in diesem Jahr sowieso schon äußerst knapp.
Wallner war es egal. Seinetwegen hätte das Spiel auch ausfallen können, Klassenerhalt hin oder her. Es gab wirklich Wichtigeres im Leben. Die Aufklärung eines Mordes, zum Beispiel.
Doch dann fand er sich am Sonntag am späten Nachmittag vor dem Radio wieder. Nachdem Aumann und seine Kollegen Entwarnung für das Stadion gegeben hatten, hatte man sich schnell auf Sonntag, 17:30 Uhr, für das nachzuholende Spiel geeinigt. Den Wolfsburgern ersparte man so eine nochmalige Anreise und auch der sonstige Ablauf vor der WM war nicht gestört.
Der Zettel – Bekennerbrief war zu viel gesagt – hatte keine Spur ergeben, der Täter hatte vermutlich Handschuhe getragen. Auch die Bombe ließ keinen Schluss auf den Erbauer zu. Einen solch »harmlosen« Fall hatten die Experten nicht im Archiv.
Polizeiintern einigte man sich schnell auf einen Spinner, wollte aber kein Risiko eingehen. Das Polizeiaufkommen während des Spiels wurde mehr als verdoppelt. Der Club hatte vorsichtshalber der Forderung des Bombenlegers nachgegeben und in einer neuen Pressemeldung verlauten lassen, dass Harry Mägerlein fit genug sei und neben Eric Rasmussen spielen würde.
Es war eine Katastrophe. Wallner konnte zum ersten Mal nachvollziehen, warum so viele Fußballfans litten. Obwohl der Club laut Radioreporter die bessere Mannschaft war, gelang es ihnen nicht, ein Tor zu schießen. Ein Handspiel der Wolfsburger im Strafraum wurde nicht gepfiffen, geschweige denn, den Nürnbergern ein Elfmeter gewährt. Ein Foul gegen Harry Mägerlein schien der Schiedsrichter nicht gesehen zu haben. Eine Torchance der Clubberer scheiterte am gegnerischen Torwart, eine zweite am Pfosten. Wallner sah beinahe, wie der Reporter sich die Haare raufte.
Die zweite Halbzeit war nicht besser als die erste: Der Club stürmte, schaffte es aber nicht, die Torchancen zu nutzen. Harry Mägerlein war in der Pause ausgewechselt worden. Wallner fragte sich, ob das nicht gefährlich war, aber der junge Spieler schien tatsächlich verletzt zu sein. Das wusste der verrückte Fan offensichtlich nicht.
Wallner öffnete bereits die dritte Flasche Bier. Er würde doch nicht etwa zum Fußballfan werden?
»Abseits, abseits«, dröhnte die Stimme des Reporters aus dem Radio. »Das kann doch nicht wahr sein! Wo hatte der Linienrichter seine Augen? Jedes Kind hätte dieses Abseits erkannt. Da – der Schiedsrichter geht zu seinem Kollegen, sie debattieren. Währenddessen bekommen wir die Wiederholung eingespielt. Es ist glasklar: Es war abseits. – Die beiden Schiedsrichter diskutieren immer noch. Was gibt es da denn noch zu bereden? – Unglaublich, das ist die Höhe! Der angeblich Unparteiische lässt das Tor gelten. Das ist unerhört! Der Club wurde
Weitere Kostenlose Bücher