Foules Spiel: Ein Nürnberger Fußballkrimi (German Edition)
soeben betrogen!«
Wallner tigerte vor dem Radio auf und ab. 1:0 für Wolfsburg, das hieß doch nichts, der Club war doch die bessere Mannschaft. Er öffnete das Fenster, ließ die kalte Aprilluft herein, setzte sich, sprang wieder auf.
Noch 21 Minuten. Es gab einen Wechsel bei den Wolfsburgern, kurz darauf auch beim Club. Die Namen der Spieler sagten Wallner nichts. Er kannte nur Harry Mägerlein, weil dessen Name auf dem Zettel gestanden hatte.
»Es ist nur ein Fußballspiel«, sagte er sich, als das 2:0 fiel. »Davon geht die Welt nicht unter.« Aber er wusste, dass er morgen unter Cramers schlechter Laune würde leiden müssen.
Als das Spiel aus war, schaltete Wallner das Radio ab. Der Club hatte zwar verloren, aber er hatte immer noch alle Chancen auf den Klassenerhalt. Wallner zappte noch eine Weile im Fernseher herum, konnte aber nichts finden, was ihn interessierte. Er machte sich Spaghetti mit Tomatensauce, beschloss, auf den Salat zu verzichten, und trank noch ein Bier dazu. Als er um kurz nach zehn ins Bett ging, fühlte er sich angetrunken.
»Mein erster Tag als Fußballfan«, kicherte er und schlief ein.
Als sein Handy schrillte, waren seiner Meinung nach keine zehn Minuten vergangen. Doch ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass es kurz nach sechs war.
»Wir haben eine Leiche«, bellte die vertraute Stimme Cramers ihm entgegen. »Lorenzkirche, sofort.«
XII
E s war ein ungewöhnlicher Ort, um eine Leiche zu drapieren. Und doch machte er auch Sinn, wenn man ihn mit den Augen des Mörders betrachtete.
Wallner ging einmal um den Brunnen herum, bevor er sich den Toten näher ansah. Ausnahmsweise hatte ihn Miriam mit den bereits bekannten Details vertraut gemacht; keiner wusste, wo Cramer steckte. Er war aber schon gesehen worden.
Bei dem Toten handelte es sich um den Schiedsrichter, der das Spiel Nürnberg–Wolfsburg am Tag zuvor gepfiffen hatte. Er lag mit dem Kopf nach unten im Brunnen, das linke Bein hing über dem Gitter. Da die Saison noch nicht eröffnet war, war noch kein Wasser im Brunnen, Ertrinken konnte man wahrscheinlich als Todesursache ausschließen.
Wallner stieg vorsichtig die Stufen hoch und schaute sich den Toten näher an. Um seinen Hals lag eine dicke Schnur, mit der er allem Anschein nach erdrosselt worden war. Sieht nach Paketschnur aus. Wallner dachte an die Paketbombe und das tote Model. Derselbe Täter oder noch ein Verrückter? Die Schnur führte vom Hals des Toten zur Figur der Gerechtigkeit, die mit verbundenen Augen, der Waagschale in der Linken und dem Schwert in der Rechten ganz oben auf dem Brunnen stand. Da spielt einer Gott.
Der Hinweis auf das Fußballspiel vom Vortag war mehr als eindeutig. Wallner stieg die Stufen wieder hinunter und ging ein paar Schritte vom Brunnen weg, um sich einen Überblick zu verschaffen. Die tote Freundin eines Fußballers, eine lächerlich harmlose Bombe im Stadion, ein erdrosselter Schiedsrichter im Tugendbrunnen – hingen die Fälle zusammen? Es gab immerhin eine Gemeinsamkeit: den 1. FCN.
»Wurde er hier getötet?«, wollte Wallner von Miriam wissen.
»Keine Ahnung«, sagte sie. »Das werden wir wohl erst nach der Obduktion erfahren.«
Wallner schaute nachdenklich auf den Brunnen. »Ein etwas seltsamer Ort, um jemanden umzubringen, oder?« Er sah sich um. Es war noch wenig los in der Stadt. Ein paar Spätheimkehrer waren vor ein paar Minuten singend und tanzend vorbeigezogen, aber sie hatten nicht einmal mitbekommen, dass etwas nicht stimmte. Die Straßenkehrer waren freundlich, aber bestimmt aufgefordert worden, woanders zu kehren.
Das junge Pärchen, das die Leiche entdeckt hatte, stand verschüchtert an die Hauswand des Vapiano gelehnt. Ein Polizist in Uniform stand daneben.
»Wurden sie schon befragt?«, wollte Wallner wissen.
Miriam nickte. »Sie haben die Leiche erst gar nicht gesehen.« Sie lächelte, sagte leiser: »Ist vermutlich ihr erstes Date. Und dann gleich so was.« Sie warf einen mitleidigen Blick auf die beiden, die zwar nah beieinander standen, sich aber nicht an den Händen hielten. »Das wird nichts, fürchte ich«, mutmaßte sie.
»Oder es schweißt sie zusammen«, widersprach Wallner. »Ich vermute, sie haben außer der Leiche nichts gesehen?«
Wieder nickte Miriam. »Richtig. Sie geben offen zu, nicht darauf geachtet zu haben. – Sie wirken ehrlich.«
»Ich denke, sie können gehen«, sagte Wallner zu Miriam. »Das übliche Prozedere.« Sie ging zu dem Paar und sprach mit den beiden. Die junge
Weitere Kostenlose Bücher