Foules Spiel: Ein Nürnberger Fußballkrimi (German Edition)
hereinspitzte und sagte: »Chef? Anruf für dich, Leitung zwei.«
Cramer sah irritiert hoch. »Jetzt nicht.«
»Sie sagen, es sei wichtig«, beharrte Marius und wagte ein Grinsen Richtung Wallner.
»Das sagen sie immer«, knurrte Cramer, ging aber in sein Büro zurück.
Wallner atmete auf. »Weißt du, was er hat?«, fragte er Marius.
»Keine Ahnung«, erwiderte der Kollege unsicher. »Ich hab mit Fußball nichts am Hut.«
Der junge Mann gehörte neben Sabrina zu den zwei Beamten, die durch die Bildung der Soko »Fußball« zum Team gekommen war. Obwohl Leo ihn ständig schikanierte, gehörte er zum harten Kern der Gruppe. Es war eine Art Auszeichnung seitens Cramers, aber das konnte Marius nicht wissen. Es war auch eine Art Test, den alle im Team durchlaufen hatten.
»Lass ihn das nicht hören«, sagte Wallner. Sie grinsten sich an.
Marius hob kurz grüßend die Hand und verschwand wieder. Wallner beschloss, die Zeit zu nutzen und im Internet nachzuschauen, warum Cramer sich so aufregte.
Es ging ihm wie dem jungen Kollegen: Er konnte die fanatische Begeisterung für Fußball nicht nachvollziehen. Er schaute hie und da ein Länderspiel an und bei der bevorstehenden WM würde er natürlich auch mitfiebern. Aber die Bundesliga interessierte ihn absolut nicht, er hielt die Vereine durch die Bank weg für korrupt.
Nach kurzem Suchen fand er die Pressemeldung, die Cramer so sehr in Rage versetzt hatte. Sie bestand nur aus zwei Sätzen und verlautbarte, dass Harry Mägerlein wegen einer Wadenverletzung nicht spielen würde. Da Timo Hartmann gesperrt sei, würde man mit Eric Rasmussen als Einzelspitze gegen Wolfsburg antreten.
Und das war ein Grund, so aus der Haut zu fahren? Fußballfans waren schon seltsame Typen. Wallner las noch den Kommentar dazu:
Dass der Club bei einem so wichtigen Spiel auf Harry Mägerlein verzichtet, kann nur heißen, dass er schwerer verletzt ist, als offiziell zugegeben wird. Doch auch vermehrtes Nachfragen hat uns keine andere Auskunft beschert. Wir können nur hoffen, dass die Trainer wissen, was sie tun. Heute Abend heißt es auf alle Fälle Daumen drücken für den Klassenerhalt.
Wallner klickte die Seite weg und nahm sich die Akte wieder vor, in der er gelesen hatte, bevor Cramers Ausbruch ihn daran hinderte. Der Anschlag auf das Model war über eine Woche her, aber sie hatten noch immer keine heiße Spur. Die Kollegen waren noch dabei, Brauns Hinweis mit der Baustelle zu überprüfen, aber bisher gab es keine Auffälligkeiten. Mehrere Handwerker hatten unabhängig voneinander bestätigt, dass sie Reparaturarbeiten ausgeführt hatten. Die Aufträge waren per Fax gekommen, die Nummer musste noch überprüft werden. Der Auftraggeber selbst, ein gewisser Martin Bayer, konnte noch nicht gefragt werden, er war im Urlaub.
Wallner blätterte um. Die Welt war ungerecht. Es gab Leute, die sich eine Wohnung kaufen konnten und sie während eines Urlaubs umbauen ließen, um den Dreck und den Lärm zu vermeiden. Und er? Er saß seit vier Monaten in diesem Loch, weil Dorothea beschlossen hatte, dass sie eine Auszeit von der Ehe brauchte. Er fragte sich, ob es einen Polizisten gab, bei dem die Ehe funktionierte. Cramer war es jedenfalls nicht. Bei ihm und Raffaela kriselte es seit Monaten gewaltig.
»Andi!« Cramers Bass dröhnte durch den kleinen Raum.
»Was ist?« Wallner sprang auf und ärgerte sich sofort darüber. Warum nur fühlte er sich Cramer gegenüber immer wie ein unartiger Schuljunge?
Cramer kam aus seinem Büro. Er war leichenblass.
Wallner wollte schon sagen »Na, so sehr musst du dich über die Pressemeldung auch nicht aufregen«, als sein Chef fast tonlos sagte: »Eine Bombe.«
»Wo?«, war alles, was Wallner herausbrachte. Hoffentlich nicht noch eine Paketbombe. Noch so eine Leiche würde er nicht verkraften. Das zerfetzte Model ging ihm nicht aus dem Kopf.
»… Stadion.«
»Was?« Verdammt, jetzt hatte er Cramers Antwort verpasst. Sein Chef hatte den Raum bereits verlassen. Wallner schnappte seinen Mantel und lief hinterher. »Welches Stadion?«, rief er Cramer zu, während sie im Laufschritt durch die Flure eilten. Leo war trotz seiner Leibesfülle erstaunlich fit.
»Club«, war alles, was Cramer erwiderte. Dann hielt er die Hand auf. Wallner fischte den Autoschlüssel aus der Jackentasche und reichte sie ihm. Normalerweise ließ der Chef ihn fahren, doch wenn’s um den Club ging, wollte er selbst auf’s Gaspedal drücken.
Leo verfluchte alle Autofahrer, die
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