Foundation 02: Die Stahlhöhlen
obwohl sie sichtlich litt – vielleicht sogar deswegen. »Nichts«, sagte sie.
»Keine schnellen Schritte? Keine anderen Stimmen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe gar nichts gehört.«
»Als Sie Ihren Mann fanden, war er da ganz allein? Sie beide waren die einzigen Anwesenden?«
»Ja.«
»Und es gab keine Spuren, die darauf hindeuteten, daß sonst noch jemand dort war?«
»Mir ist jedenfalls nichts aufgefallen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand dort gewesen sein könnte.«
»Warum sagen Sie das?«
Einen Augenblick lang wirkte sie fast schockiert. Dann meinte sie niedergeschlagen: »Natürlich. Sie sind von der Erde. Das vergesse ich immer wieder. Nun, es ist einfach so, daß niemand hätte dort sein können. Mein Mann sah außer mir nie jemanden; seit der Zeit, da er ein kleiner Junge war. Er war ganz sicher nicht die Art von Mensch, der andere gern sehen will. Nicht Rikaine. Er war sehr strikt, sehr auf die guten Sitten bedacht.«
»Das muß nicht von ihm abgehangen haben. Was wäre denn, wenn jemand uneingeladen zu ihm gekommen wäre, um ihn zu sehen, ohne daß Ihr Mann etwas davon gewußt hat? Er hätte doch nicht vermeiden können, den Eindringling zu sehen, ganz gleich, wie sehr er auch auf die Einhaltung der Sitten bedacht war.«
»Vielleicht«, meinte sie. »Aber er hätte ganz bestimmt sofort Roboter gerufen und den Mann wegschaffen lassen. Bestimmt hätte er das! Außerdem würde niemand versuchen, meinen Mann zu sehen, ohne dazu aufgefordert worden zu sein. Ich könnte mir so etwas einfach nicht vorstellen. Und Rikaine hätte ganz sicher nie jemanden zu sich eingeladen. Es ist einfach lächerlich, so etwas anzunehmen.«
Baley sagte mit warmer Stimme: »Ihr Mann ist doch durch einen Schlag auf den Kopf getötet worden, nicht wahr? Das geben Sie doch zu.«
»Ich denke schon. Er war… ganz…«
»Ich will im Augenblick gar keine Einzelheiten wissen. Waren da irgendwelche Anzeichen zu erkennen, daß sich in dem Raum ein Mechanismus befunden hat, der es jemandem möglich gemacht hätte, ihm den Schädel durch Fernsteuerung einzuschlagen?«
»Natürlich nicht. Jedenfalls habe ich keinen bemerkt.«
»Wenn da etwas von der Art gewesen wäre, stelle ich mir vor, hätten Sie es auch bemerkt. Daraus folgt also, daß eine Hand etwas hielt, das geeignet war, einem Mann den Schädel einzuschlagen, und daß diese Hand dieses Etwas geschwungen hat. Also muß irgendeine Person sich Ihrem Mann mindestens bis auf vier Fuß genähert haben, um das zu tun. Also hat ihn jemand gesehen.«
»Niemand würde das tun«, sagte sie ernst. »Ein Solarianer würde einfach einen anderen nicht so ohne weiteres sehen.«
»Ein Solarianer, der einen Mord begehen will, würde doch auch vor ein wenig Sehen nicht zurückschrecken, oder?«
(Ihm selbst klang diese Feststellung etwas zweifelhaft. Er hatte auf der Erde den Fall eines völlig gewissenlosen Mörders geklärt, den man nur deshalb ertappt hatte, weil er es nicht über sich bringen konnte, die Sitte absoluten Schweigens im Gemeinschaftsbadezimmer zu durchbrechen.)
Gladia schüttelte den Kopf. »Sie verstehen das mit dem Sehen nicht. Erdenmenschen sehen die ganze Zeit jeden, den sie sehen wollen, also verstehen Sie das nicht…«
Sie schien einen inneren Kampf mit ihrer Wißbegierde auszufechten. Ihre Augen hellten sich etwas auf. »Ihnen kommt das Sehen völlig normal vor, nicht wahr?«
»Ich habe es immer als etwas ganz Selbstverständliches betrachtet«, meinte Baley.
»Es stört Sie nicht?«
»Warum sollte es das?«
»Nun, in den Filmen erfährt man nichts davon, und ich wollte das immer schon wissen – es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich eine Frage stelle?«
»Nur zu!« sagte Baley ausdruckslos.
»Hat man Ihnen eine Frau zugeteilt?«
»Ich bin verheiratet. Was Sie mit Zuteilung meinen, verstehe ich nicht.«
»Und ich weiß, daß Sie Ihre Frau jederzeit sehen, wenn Sie das wollen, und sie Sie auch, und keiner von Ihnen beiden denkt sich etwas dabei.«
Baley nickte.
»Nun, wenn Sie sie sehen – angenommen, Sie wollen…« – Sie hob die Hände in Ellbogenhöhe und hielt inne, als suchte sie nach der richtigen Formulierung. Dann versuchte sie es noch einmal –, »können Sie da einfach – jederzeit…?« Sie ließ den Satz unbeendet.
Baley machte keine Anstalten, ihr zu helfen.
»Nun, schon gut«, sagte sie. »Ich weiß ohnehin nicht, warum ich Sie jetzt mit so etwas belästigen sollte. Sind Sie mit mir fertig?« Sie sah so aus,
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