Foundation 04: Das galaktische Imperium
weitere Hemmungen in ihrem Bewußtsein, ohne daß ich sie berührte. Sie begann schneller zu sprechen, selbstbewußter, und die Zuhörer reagierten besser denn je – ohne daß ich irgend etwas tat. Und am Ende herrschte Hysterie, ein Sturm, ein Gewitter aus geistigem Donner und Blitz, so intensiv, daß ich mein Bewußtsein davor verschließen mußte, sonst hätte es meine Positronenbahnen überladen.
In meiner ganzen Existenz hatte ich nie etwas dergleichen erlebt; und doch fing es mit nicht mehr Modifikation in dieser ganzen Menge an, als ich in der Vergangenheit nur bei einer Handvoll Leute vorgenommen habe. Ich vermute sogar, daß die Wirkung sich über die mir zugängliche Zuhörerschaft hinaus ausgebreitet hat; zu der viel größeren Hörerschaft, die der Veranstaltung über Hypervision beigewohnt hat.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, wie das sein sollte, Freund Giskard«, sagte Daneel.
»Ich auch nicht, Freund Daneel. Ich bin kein Mensch. Ich erlebe den Besitz eines menschlichen Bewußtseins mit all seinen Kompliziertheiten und Widersprüchen nicht direkt, also kann ich auch die Mechanismen, vermittels derer sie reagieren, nicht wahrnehmen. Aber offenbar ist es leichter, Menschenmassen zu manipulieren als Individuen. Das scheint paradox. Es erfordert mehr Aufwand, ein großes Gewicht zu bewegen, als ein kleines. Und ebenso erfordert es mehr Aufwand, viel Energie zu neutralisieren als wenig. Es dauert länger, eine große Distanz zurückzulegen, als eine kleine. Warum sollte es dann leichter sein, viele Leute zu bewegen, als wenige? Du denkst wie ein menschliches Wesen, Freund Daneel. Kannst du es er klären?«
»Du selbst, Freund Giskard, hast gesagt«, entgegnete Daneel, »daß es ein autokatalytischer Effekt sei – etwas Ansteckendes also. Ein einziger Funke kann am Ende dazu führen, daß ein ganzer Wald niederbrennt.«
Giskard hielt inne und schien tief in Gedanken versunken.
Dann sagte er: »Nicht die Vernunft ist ansteckend, sondern die Emotion. Madam Gladia hat Argumente gewählt, von denen sie glaubte, daß sie die Gefühle der Zuhörer bewegen würden. Sie hat nicht versucht, logisch mit ihnen zu argumentieren. Vielleicht ist es dann so, daß eine Menschenmenge, je größer sie ist, desto leichter durch Emotionen als durch Vernunft bewegt werden kann.
Da es wenige Emotionen und viele Vernunftgründe gibt, kann man das Verhalten einer Menge leichter vorhersagen als das Verhalten einer Person. Und das wiederum bedeutet, daß man sich, wenn Gesetze entwickelt werden sollen, die es ermöglichen, die Strömungen der Geschichte vorherzusagen, mit großen Populationen befassen muß – je größer, desto besser. Das könnte vielleicht das Erste Gesetz der Psycho-Historik sein, der Schlüssel für das Studium der Humanik. Und dennoch…«
»Ja?«
»Mir kommt jetzt in den Sinn, daß ich nur deshalb so lange gebraucht habe, das zu begreifen, weil ich kein menschliches Wesen bin. Ein menschliches Wesen würde vielleicht sein eigenes Bewußtsein instinktiv gut genug verstehen, um zu wissen, wie man andere seinesgleichen manipuliert. Madam Gladia, die überhaupt keine Erfahrung darin hatte, zu großen Menschenmengen zu sprechen, hat das ganz fachmännisch erledigt. Wieviel besser stünde es doch um uns, wenn wir jemanden wie Elijah Baley bei uns hätten. – Freund Daneel, denkst du nicht an ihn?«
»Kannst du sein Bild in meinem Bewußtsein sehen? Das ist überraschend, Freund Giskard.«
»Ich sehe ihn nicht, Freund Daneel. Ich kann deine Gedanken nicht empfangen. Aber ich kann Emotionen fühlen und Stimmungen; und dein Bewußtsein hat jetzt eine Struktur, die ich aus der Vergangenheit kenne; sie ist so beschaffen, als stündest du mit Elijah Baley in Verbindung.«
»Madam Gladia hat die Tatsache erwähnt, daß ich der letzte war, der Partner Elijah gesehen hat; also lausche ich in meiner Erinnerung zu jenem Augenblick zurück, denke wieder an das, was er gesagt hat.«
»Warum, Freund Daneel?«
»Ich suche nach der Bedeutung. Ich fühle, daß das wichtig war.«
»Wie konnte das, was er sagte, eine Bedeutung haben, die über seine wörtliche Aussage hinausging? Wenn es eine versteckte Bedeutung gegeben hätte, dann hätte Elijah Baley sie in Worte gefaßt.«
»Vielleicht«, sagte Daneel langsam, »hat Partner Elijah selbst die Bedeutung dessen, was er sagte, nicht verstanden.«
X. NACH DER REDE
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Erinnerung!
Wie ein geschlossenes Buch mit unendlich vielen Einzelheiten lag
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