Foundation 05: Das Foundation-Projekt
sagte Raych.
»Ich weiß nicht genau, Raych. Ich brauche das Genom,
und ich muß mehr Leute mit Wandas Veranlagung finden. Ich habe
den Verdacht, daß – nicht oft, aber doch hin und wieder
– junge Menschen mit solchen psychischen Fähigkeiten
geboren werden, die ihnen aber im allgemeinen nur Schwierigkeiten
bereiten, so daß sie rasch lernen, sie zu verbergen. Und wenn
sie erwachsen sind, ist ihre Fähigkeit, ihre Veranlagung in die
tiefsten Schichten des Bewußtseins abgesunken – eine Art
unbewußter Notwehrhandlung. Im ganzen Imperium, ja, selbst
unter Trantors vierzig Milliarden Menschen muß es noch welche
geben, die wie Wanda sind, und wenn mir erst einmal das Genom deiner
Tochter zur Verfügung steht, kann ich damit diejenigen testen,
die ich für aussichtsreich halte.«
»Und was würdest du mit ihnen machen, einmal angenommen,
du hättest sie tatsächlich gefunden, Dad?«
»Ich habe so eine Ahnung, daß sie das sein
könnten, was ich für die Weiterentwicklung der
Psychohistorik brauche.«
»Wanda ist also die erste dieser Sorte, die dir untergekommen
ist, und deshalb gedenkst du, eine Psychohistorikerin aus ihr zu
machen?«
»Vielleicht.«
»Wie damals aus Yugo? – Dad, nein!«
»Warum nicht?«
»Weil ich will, daß sie eine ganz normale Kindheit
erlebt und zu einer normalen Frau heranwächst. Ich will nicht,
daß du sie vor den Primärradianten setzt und ein lebendes
Denkmal für die psychohistorische Mathematik aus ihr
machst.«
»Dazu muß es nicht unbedingt kommen, Raych«, sagte
Seldon, »aber ihr Genom brauchen wir auf jeden Fall. Du
weißt, daß seit Jahrtausenden immer wieder angeregt
wurde, für jeden Menschen ein Genom zu erstellen und zu den
Akten zu nehmen. Nur die Kosten haben bisher verhindert, daß
dies allgemein üblich wird; daß es nützlich
wäre, bezweifelt nämlich niemand. Die Vorteile liegen
gewiß auch für dich auf der Hand. Zumindest werden wir
dann Bescheid wissen, in welchem Maße Wanda für
verschiedene organische Störungen anfällig ist. Wenn wir
für Yugo ein Genom erstellt hätten, wäre er jetzt
bestimmt nicht dem Tod geweiht. So weit können wir doch wohl
gehen.«
»So weit vielleicht, Dad, aber nicht weiter. Ich möchte
wetten, daß Manella zu diesem Thema noch sehr viel
entschiedenere Ansicht hat.«
»Schön«, sagt Seldon. »Aber vergiß
nicht, keine Vortragsreisen mehr. Ich brauche dich zu
Hause.«
»Wir werden sehen«, sagte Raych, und damit ging er.
Seldon befand sich in einer schwierigen Lage. Eto Demerzel, die
einzige ihm bekannte Person, die das Denken anderer beeinflussen
konnte, hätte gewußt, was nun zu tun war. Auch Dors mit
ihren nichtmenschlichen Erfahrungen hätte es ihm vielleicht
sagen können.
Er selbst dagegen hatte ein verschwommenes Bild von einer neuen
Psychohistorik – aber nicht mehr als das.
6
Ein vollständiges Genom von Wanda erstellen zu lassen, erwies
sich als gar nicht so einfach. Schon die Zahl der Biophysiker, die
über die dazu erforderliche Ausrüstung verfügten, war
klein, und die vorhandenen Kapazitäten waren stets
ausgelastet.
Auch konnte Seldon nicht offen über seine Pläne
sprechen, um bei den zuständigen Spezialisten kein Interesse zu
wecken. Er hielt es ganz im Gegenteil für
unerläßlich, den wahren Grund für sein Interesse an
Wandas psychischer Veranlagung vor der gesamten Galaxis
geheimzuhalten.
Und um das Maß vollzumachen, war das Verfahren auch noch so
gut wie unbezahlbar.
Seldon saß Mian Endelecki gegenüber, der letzten
Biophysikerin, die er konsultiert hatte, und schüttelte den
Kopf.
»Warum so teuer, Dr. Endelecki?« fragte er. »Ich
bin kein Fachmann auf diesem Gebiet, aber wenn ich recht verstanden
habe, ist das Verfahren vollständig computergesteuert, und das
Genom kann, sobald Sie die abgeschabten Hautzellen vorliegen haben,
innerhalb von wenigen Tagen aufgebaut und analysiert
werden.«
»Das ist richtig. Aber ein
Desoxyribonukleinsäuremolekül aus Milliarden von
Nukleotiden zu isolieren, bei dem jedes Purin und jedes Pyramidin da
ist, wo es hingehört, ist das geringste Problem; das
allergeringste, Professor Seldon. Der nächste Schritt besteht
darin, jedes einzelne Nukleotid zu studieren und mit einer irgendwie
gearteten Norm zu vergleichen.
Nun müssen Sie bedenken, daß wir zwar vollständige
Genome vorliegen haben, die aber nur einen verschwindend geringen
Bruchteil aller existierenden Genome ausmachen, so daß wir
eigentlich gar nicht beurteilen können,
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