Foundation 05: Das Foundation-Projekt
haben
– oder tot sind.«
Amaryl schien aufzuatmen und schaltete das Gerät ab.
»Ich hätte das Werk gern vollendet, ehe wir uns zur Ruhe
setzen oder sterben.«
»Ich auch, Yugo. Ich auch.«
»Die Psychohistorik hat uns in den letzten zehn Jahren recht
gute Dienste geleistet.«
Das traf zwar zu, aber Seldon wußte, daß dem nicht
allzuviel Bedeutung beizumessen war. Schließlich war alles
glatt verlaufen, größere Überraschungen hatte es
nicht gegeben.
Die Psychohistorik hatte die – noch recht vage und
unpräzise – Vorhersage gemacht, daß das Zentrum nach
Cleons Tod halten würde, und es hielt tatsächlich. In
Trantor herrschte halbwegs Ruhe. Das Zentrum überdauerte sowohl
den Kaisermord wie das Ende der Dynastie.
Es hielt auch dem Druck einer Militärregierung stand - Dors
hatte die Junta durchaus nicht zu Unrecht als militärische
Verbrechen bezeichnet, und auch noch weitergehende Vorwürfe
hätten zugetroffen. Immerhin hatte diese Regierung das Imperium
bisher zusammengehalten und würde es auch noch eine ganze Weile
tun. Vielleicht so lange, bis die Psychohistorik aktiv in den
künftigen Geschichtsverlauf würde eingreifen
können.
In letzter Zeit hatte Yugo immer wieder davon gesprochen,
Foundations zu gründen – eigenständige, in sich
geschlossene, vom Imperium unabhängige Stiftungen – die in
den bevorstehenden, finsteren Zeiten Samenkörnern gleich keimen
und die Entstehung eines neuen, besseren Imperiums steuern sollten.
Seldon selbst hatte sich mit den Folgen einer solchen Einrichtung
beschäftigt.
Aber ihm fehlte die Zeit, und (wie er sich zu seinem Bedauern
eingestehen mußte) die Energie seiner Jugend. Sein Intellekt
war und blieb ein zuverlässiges Instrument, aber er war nicht
mehr so elastisch und kreativ wie der eines
Dreißigjährigen, und Seldon wußte, daß diese
Eigenschaften mit jedem Jahr weiter schwinden würden.
Vielleicht sollte er die Aufgabe Elar übertragen und ihn
dafür von allem anderen freistellen. Betroffen mußte
Seldon sich eingestehen, daß ihn die Aussicht keineswegs
begeisterte. Sollte er die Psychohistorik nur entwickelt haben, damit
irgendein junger Schnösel kam und die Früchte des Ruhms
erntete? Um es ganz kraß auszudrücken, Seldon war
eifersüchtig auf Elar, und diese Schwäche war ihm immerhin
so weit bewußt, daß er sich ihrer schämte.
Allen irrationalen Vorbehalten zum Trotz war er jedoch auf
jüngere Männer angewiesen – so unangenehm ihm das auch
sein mochte. Die Psychohistorik war nicht länger sein und
Amaryls Privatvergnügen. In den zehn Jahren seiner Kanzlerschaft
war sie zu einem von der Regierung gebilligten und finanzierten
Großunternehmen geworden, das sich, sehr zu seiner
Überraschung, nach seinem Rücktritt vom Kanzleramt und
seiner Rückkehr nach Streeling noch mehr ausgeweitet hatte. Die
gewichtige - und schwerfällige – offizielle Bezeichnung
›Seldon-Projekt für Psychohistorik an der Universität
Streeling‹ war Hari ein Greuel. Aber die meisten Leute sprachen
ohnehin nur vom ›Projekt‹.
Die Militärjunta sah im Projekt offenbar eine potentielle,
politische Waffe, und solange dem so war, gab es keine finanziellen
Probleme. Die Credits flossen reichlich. Dafür wurden freilich
alljährlich Berichte verlangt, die jedoch recht undurchsichtig
ausfielen. Man behandelte nur Randerscheinungen, und auch die so
mathematisch anspruchsvoll, daß die Junta-Angehörigen
wahrscheinlich heillos überfordert waren.
Seldon verließ seinen alten Assistenten in dem
Bewußtsein, daß zumindest Amaryl mehr als zufrieden war
mit den Fortschritten der Psychohistorik. Dennoch spürte er, wie
sich die Niedergeschlagenheit abermals auf ihn herabsenkte.
Irgendwann kam er zu der Ansicht, im Grunde belaste ihn die
bevorstehende Geburtstagsfeier. Eigentlich sollte sie ein Freudenfest
werden, aber für Hari war sie nicht einmal eine tröstliche
Geste – nur etwas, das sein Alter noch mehr betonte.
Außerdem brachte sie seinen Tagesablauf durcheinander, und
Hari war ein Gewohnheitsmensch. Man hatte sein Büro und etliche
der angrenzenden Räume ausgeräumt, und er konnte schon seit
Tagen nicht mehr in Ruhe arbeiten. Seine Büroräume sollten
vermutlich in Ruhmeshallen verwandelt werden, folglich würde es
noch viele Tage dauern, bis sich alles wieder normalisierte. Nur
Amaryl hatte es strikt abgelehnt, sich vertreiben zu lassen, und
deshalb durfte er sein Arbeitszimmer behalten.
Irgendwann hatte Seldon sich ärgerlich gefragt, wer denn
Weitere Kostenlose Bücher