Foundation 05: Das Foundation-Projekt
Attentat plante man, kurz nachdem Cleon
mich zum Kanzler berufen hatte. Das war natürlich ein schwerer
Verstoß gegen die verkrusteten hierarchischen Strukturen bei
Hof, und dementsprechend heftig lehnte man mich ab. Und dann dachten
ein paar Leute, wenn man mich erst loswäre, käme alles
wieder ins Lot. Beim zweiten Mal wollten die Joranumiten an die Macht
gelangen und dachten, ich stünde ihnen im Weg – dazu kamen
noch Namartis wirre Racheträume.
Zum Glück hatte keiner der beiden Anschläge Erfolg, aber
wieso sollte es nun einen dritten Versuch geben? Ich bin schon seit
zehn Jahren nicht mehr Kanzler. Ich lebe sehr zurückgezogen als
alternder Mathematiker und wüßte wirklich niemand, der
etwas von mir zu befürchten hätte. Die Joranumiten wurden
aus ihren Löchern getrieben und vernichtet, Namarti ist
längst hingerichtet. Ich sehe weit und breit niemanden, der ein
Motiv hätte, mich zu töten.
Also bitte, Dors, reg dich nicht auf. Wenn du dir meinetwegen
Sorgen machst, gerätst du aus dem Gleichgewicht, und dann machst
du dir noch mehr Sorgen, und genau das möchte ich
vermeiden.«
Dors erhob sich und beugte sich über Haris Schreibtisch.
»Du kannst leicht sagen, daß niemand ein Motiv hat, dich
zu töten, aber das ist auch gar nicht nötig. Wir haben im
Moment eine vollkommen verantwortungslose Regierung, und wenn die
will…«
»Halt!« befahl Seldon laut. Dann fuhr er leise fort:
»Kein Wort mehr, Dors. Kein Wort gegen die Regierung. Damit
könntest du genau die Schwierigkeiten heraufbeschwören, die
du befürchtest.«
»Ich sage so etwas noch nur zu dir, Hari.«
»Im Moment schon, aber wenn diese albernen Bemerkungen zur
Gewohnheit werden, dann kannst du nicht mehr garantieren, daß
dir nicht auch im Beisein von anderen etwas Derartiges
entschlüpft – im Beisein von Personen, die nichts Eiligeres
zu tun haben, als dich zu denunzieren. Du mußt unbedingt
lernen, dich jedes politischen Kommentars zu enthalten.«
»Ich werde mir Mühe geben, Hari«, versprach Dors,
aber mit unüberhörbarer Entrüstung in der Stimme. Dann
machte sie auf dem Absatz kehrt und verließ den Raum.
Seldon sah ihr nach. Dors war mit Würde gealtert, mit so viel
Würde, daß die Zeit nahezu spurlos an ihr
vorübergegangen zu sein schien. Obwohl sie nur zwei Jahre
jünger war als Seldon, hatte sie sich in den achtundzwanzig
Jahren ihres Zusammenseins äußerlich weit weniger
verändert. Was ganz natürlich war.
Ihr Haar war von grauen Fäden durchzogen, doch es hatte sich
den Glanz der Jugend bewahrt. Ihr Teint war fahler geworden, ihre
Stimme ein wenig tiefer, und natürlich kleidete sie sich wie
eine Frau in mittleren Jahren. Aber sie bewegte sich rasch und
geschmeidig wie eh und je. Es war, als dürfe nichts ihre
Fähigkeit schmälern, Hari im Notfall zu
beschützen.
Hari seufzte. Diese Beschützerrolle – die sie stets mehr
oder weniger gegen seinen Willen spielte – war ihm manchmal eine
schwere Last.
8
Kaum war Dors draußen, da kam Manella.
»Entschuldige die Störung, Hari, aber was hat Dors von
dir gewollt?«
Wieder blickte Seldon auf. Man hatte doch keine Minute Ruhe.
»Nichts Wichtiges. Es ging nur um Wandas Traum.«
Manella schürzte die Lippen. »Das dachte ich mir. Wanda
hat erzählt, daß Dors sie ausgefragt hatte. Warum kann sie
das Kind nicht in Frieden lassen? Sie tut ja schon fast, als
wäre es ein Verbrechen, einen Alptraum zu haben.«
»Tatsächlich«, beschwichtigte Seldon, »geht es
um eine ganz bestimmte Stelle in Wandas Traum. Ich weiß nicht,
ob sie es dir erzählt hat, aber offenbar kann sie sich an die
Worte ›Tod mit Limonade‹ erinnern.«
»Hmmm!« Manella schwieg nachdenklich, aber dann sagte
sie: »Das hat weiter nichts zu bedeuten. Wanda ist auf Limonade
ganz versessen und erwartet, daß es das Zeug auf der Party in
rauhen Mengen gibt. Ich habe ihr versprochen, sie bekäme ein
Glas mit mykogenischer Essenz, und darauf freut sie sich
schon.«
»Sie hätte also jedes Wort, das auch nur im
entferntesten so ähnlich klang, sofort als Limonade
verstanden.«
»Ja. Warum auch nicht?«
»Aber wie, glaubst du, könnte das Wort denn nun wirklich
lauten? Etwas muß sie doch gehört haben, um es
mißdeuten zu können.«
»Nicht unbedingt, wenn du mich fragst. Aber warum spielen wir
den Traum eines kleinen Mädchens denn eigentlich so hoch? Bitte,
Hari. Ich möchte nicht, daß noch jemand mit ihr
darüber spricht. Das belastet sie zu sehr.«
»Du hast recht. Ich werde
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