Foundation 05: Das Foundation-Projekt
einem letzten Blick zurück, rasch von ihm wegführen.
Als die Schritte der beiden Männer in der Ferne verklungen waren, tauchte hinter ein paar Bäumen eine Gestalt auf, die sich dort versteckt hatte. Der mürrische Junge lachte leise in sich hinein und murmelte: »Sie sind mir der Rechte, Professor, und mir wollen Sie beibringen, was richtig ist und was nicht.« Damit machte er auf dem Absatz kehrt und eilte davon, um die Sicherheitsbeamten zu rufen.
26
»Ruhe! Ich verlange Ruhe im Saal!« donnerte Richterin Tejan Popjens Lih. Die öffentliche Anhörung Professor Seldons des Raben und seines jungen Mitarbeiters Stettin Palver hatte unter der Bevölkerung von Trantor einen Proteststurm entfacht. Das war also der Mann, der den Sturz des Imperiums und den Verfall der Zivilisation prophezeit hatte, der andere ermahnte, sich der goldenen Zeiten zu entsinnen, in denen noch Ordnung und Anstand herrschten – und ausgerechnet er sollte, einem Augenzeugen zufolge, ohne erkennbare Herausforderung drei junge Trantoraner brutal zusammengeschlagen haben lassen. O ja, das versprach, ein sensationelles Anklageprüfungsverfahren zu werden, das ohne Zweifel zu einem noch sensationelleren Prozeß führen würde.
Die Richterin drückte auf einen in ihren Tisch eingelassenen Schalter, und ein wohlklingender Gong dröhnte durch den vollbesetzten Gerichtssaal. »Ich werde für Ruhe sorgen«, erklärte sie der Menge, die inzwischen verstummt war. »Notfalls lasse ich den Saal räumen. Das ist meine letzte Warnung, und ich werde sie nicht wiederholen.«
Die Richterin in ihrer scharlachroten Robe bot einen imposanten Anblick. Die ursprünglich von der Außenwelt Lystena stammende Lih hatte einen leicht bläulich schimmernden Teint, der sich verdunkelte, wenn sie sich anstrengte, und sich praktisch violett verfärbte, wenn sie ernstlich wütend wurde. Man sagte ihr nach, obwohl sie schon so viele Jahre hinter dem Richtertisch säße, trotz ihres Rufes als Spitzenjuristin und ungeachtet ihrer Stellung als eine der angesehensten Auslegerinnen des Kaiserlichen Rechts sei sie immer noch ein klein wenig eitel auf ihr farbenprächtiges Äußeres und die leuchtend rote Robe, die ihre weiche, türkisfarbene Haut so gut zur Geltung brachte.
Gleichwohl hatte sie den Ruf, jeden Verstoß gegen die Gesetze des Imperiums unerbittlich zu ahnden; sie gehörte zu den wenigen Richtern, die immer noch beharrlich an bürgerlichen Moralvorstellungen festhielten.
»Ich habe schon von Ihnen gehört, Professor Seldon, und von Ihren Theorien über die zu erwartende Zerstörung des Imperiums. Und ich habe mit dem Friedensrichter gesprochen, der sich erst vor kurzem mit Ihnen befassen mußte, weil Sie einen Mann mit Ihrem bleigefüllten Stock niedergeschlagen hatten. Auch damals behaupteten Sie, auf offener Straße angegriffen worden zu sein. Ihre Verteidigung gründete sich meines Wissens auf einen amtlicherseits nicht bekannten, früheren Zwischenfall, bei dem Sie und Ihr Sohn von acht Rabauken überfallen worden sein wollten. Sie konnten meinen geschätzten Kollegen überzeugen, Professor Seldon, in Notwehr gehandelt zu haben, obwohl ein Augenzeuge eine anderslautende Aussage machte. Diesmal, Professor, werden Sie sehr viel mehr Überzeugungskraft zu leisten haben.«
Die drei Randalierer, die gegen Seldon und Palver Anzeige erstattet hatten, saßen auf der Klägerseite und kicherten. Im Vergleich zum Abend des Überfalls wirkten sie wie umgewandelt. Die jungen Herren hatten saubere, locker sitzende Overalls angelegt; die junge Dame trug eine Tunika mit messerscharfen Falten. Alles in allem vermittelten sie – solange man nicht allzugenau hinsah oder -hörte – einen durchaus beruhigenden Eindruck von der trantoranischen Jugend.
Seldons Anwalt Civ Novker (der auch Palvers Vertretung übernommen hatte), trat an den Richtertisch. »Euer Ehren, mein Mandant ist ein rechtschaffenes Mitglied der trantoranischen Gesellschaft. Als Kanzler des Reiches genoß er ehemals interstellares Ansehen. Mit unserem Kaiser Agis XIV. ist er persönlich bekannt. Was hätte Professor Seldon davon, auf harmlose, junge Leute loszugehen? Er tritt mit großer Entschiedenheit dafür ein, die intellektuelle Kreativität trantoranischer Jugendlicher zu fördern – in seinem Projekt Psychohistorik beschäftigt er zahllose Studenten als Hilfskräfte; als Dozent an der Universität von Streeling ist er allgemein beliebt.
Weiterhin …« – hier hielt Novker inne und ließ
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