Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
Statthalter? Allgemeines Schwächegefühl?
Trockene Kehle? Heiße Stirn? Es kann nicht mehr lange dauern.
Und das Gegenmittel bekommen Sie nur von uns.«
Ennius schwieg lange. Sein schmales Gesicht strahlte
plötzlich eine nicht zu überbietende Arroganz aus.
Endlich wandte er sich, beherrscht und sehr weltmännisch, an
den Archäologen. »Dr. Arvardan, ich muß Sie wohl um
Verzeihung bitten, daß ich Ihr Wort in Zweifel gezogen habe.
Dr. Shekt, Miss Shekt – darf ich Ihnen mein tiefempfundenes
Bedauern ausdrücken?«
Arvardan fletschte die Zähne. »Vielen herzlichen Dank.
Das wird uns allen eine große Hilfe sein.«
»Ihr Sarkasmus ist berechtigt«, sagte der Statthalter.
»Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden. Ich
möchte zum Everest zurückkehren, um zusammen mit meiner
Familie zu sterben. Zugeständnisse an diesen – diesen
Menschen kommen natürlich nicht in Frage. Ich bin
überzeugt, daß auch die Soldaten der Kaiserlichen Provinz
Erde nicht in den Tod gehen werden, ohne ihre Pflicht getan zu haben.
Viele Erdenmenschen werden noch vor uns im Reich des Todes eintreffen
und können uns den Weg durch die Finsternis erleuchten. –
Leben Sie wohl.«
»Halt, halt! Bleiben Sie doch«, rief eine Stimme.
Langsam, ganz langsam blickte Ennius auf.
Langsam, ganz langsam trat Joseph Schwartz – mit
angestrengtem Stirnrunzeln und schwankend vor Erschöpfung –
über die Schwelle.
Der Sekretär fuhr erschrocken zurück und beobachtete den
Mann aus der Vergangenheit mit jäh erwachtem
Mißtrauen.
»Nein«, knirschte er, »du wirst mir das Geheimnis
des Gegenmittels nicht entreißen. Das kennen nur ganz wenige,
und wie es anzuwenden ist, weiß lediglich eine Handvoll anderer
Personen, an die du so lange nicht herankommst, bis das Toxin seine
Wirkung getan hat.«
»Ich komme derzeit tatsächlich nicht an Sie heran«,
räumte Schwartz ein. »Aber deshalb brauchen wir nicht zu
warten, bis das Toxin seine Wirkung getan hat. Es gibt nämlich
kein Toxin und auch kein Virus, das wir ausrotten
müßten.«
Die Worte zeigten zunächst keine Wirkung. Arvardan
durchzuckte ein beklemmender Verdacht. War er etwa doch manipuliert
worden? War die ganze Geschichte nichts als ein Riesenschwindel, auf
den der Sekretär ebenso hereingefallen war wie er selbst? Und
wenn ja, zu welchem Zweck?
Doch dann ergriff Ennius das Wort. »Heraus damit, Mann! Was
soll das heißen?«
»Ganz einfach«, begann Schwartz. »Als wir
vergangene Nacht hier beisammen waren, wurde mir klar, daß ich
nichts erreichen würde, wenn ich still sitzenblieb und
zuhörte. Deshalb nahm ich mir das Bewußtsein des
Sekretärs vor. Ich mußte sehr langsam und vorsichtig
arbeiten… ich konnte mir nicht leisten, ertappt zu werden.
Endlich war es so weit. Er forderte, daß man mich des Zimmers
verwies. Das war natürlich genau das, was ich wollte. Alles
weitere war kein Problem mehr.
Ich betäubte den Soldaten, der mich hinausbegleitete, und
begab mich zur Landebahn. Das Fort war rund um die Uhr in
Alarmbereitschaft. Alle Flugzeuge standen aufgetankt und voll
bewaffnet bereit. Die Piloten warteten schon. Ich suchte mir einen
aus – und dann flogen wir nach Senloo.«
Der Sekretär schien etwas sagen zu wollen, bewegte jedoch nur
stumm die Lippen.
Dafür meldete sich Shekt zu Wort. »Aber wie konnten Sie
den Mann zwingen, ein Flugzeug zu steuern, Schwartz? Sie hatten doch
schon größte Mühe, den Sekretär zum Gehen zu
bewegen.«
»Richtig, aber nur, weil ich gegen seinen Willen arbeiten
mußte. Ich hatte Dr. Arvardans Bewußtsein entnommen, wie
sehr die Sirianer die Erdenmenschen haßten – also suchte
ich nach einem Piloten, der im Sirius-Sektor geboren war. Meine Wahl
fiel auf Lieutenant Claudy.«
»Lieutenant Claudy?« rief Arvardan.
»Ja. – Ach so, Sie kennen ihn. Natürlich. Ihr
Bewußtsein verrät es ganz deutlich.«
»Das kann ich mir vorstellen… Weiter,
Schwartz.«
»Dieser Offizier haßte alle Erdenmenschen mit einer
Inbrunst, die selbst dann noch schwer zu begreifen war, als ich mich
in seinem Bewußtsein befand. Er wollte sie bombardieren.
Er wollte sie vernichten. Nur die Disziplin hielt ihn
zurück, sonst wäre er auf der Stelle mit seiner Maschine
gestartet.
Wenn die Dinge so liegen, ist alles anders. Ein wenig gutes
Zureden, ein leichter Stoß, und schon war die Disziplin
vergessen. Ich glaube, er hat gar nicht gemerkt, daß ich mit
ihm ins Flugzeug stieg.«
»Wie haben Sie Senloo ausfindig gemacht?«
Weitere Kostenlose Bücher