Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
Apparat«, sagte er. »Wer spricht da?«
Die Stimme redete weiter, ohne ihn zu beachten. Immer aufgeregter,
eine laute Stimme in der Nacht. »Ist dort jemand? Ich muß
dringend Biron Farrill sprechen.«
Biron stützte sich auf einen Ellbogen und starrte in die
Richtung, wo das Visiphon stand. Dann ertastete er mit dem Finger die
Bildsteuerung. Ein kleines Rechteck leuchtete auf.
»Hier bin ich«, sagte er. Sander Jontis glattes Gesicht
mit den nicht ganz regelmäßigen Zügen schaute ihm
entgegen. »Könnten Sie nicht morgen früh noch einmal
anrufen, Jonti?«
Er wollte den Apparat schon abschalten, als Jonti rief:
»Hallo. Hallo. Ist da jemand? Ist dort das Studentenwohnheim der
Universität, Zimmer 526? Hallo?«
Plötzlich fiel Biron auf, daß das winzige
Kontrollämpchen für die Sendefunktion nicht aufgeleuchtet
hatte. Mit einer leisen Verwünschung drückte er auf den
entsprechenden Schalter. Die Lampe blieb dunkel. Jonti gab endlich
auf und verschwand vom Schirm. Nur ein leeres Rechteck strahlte Biron
an.
Mit einem Achselzucken schaltete er ebenfalls ab und wollte sich
schon wieder in sein Kissen vergraben. Er war verärgert. Niemand
hatte das Recht, ihn mitten in der Nacht anzubrüllen. Rasch warf
er einen Blick auf die matten Leuchtziffern über dem Kopfende
seines Betts. Drei Uhr fünfzehn. Im Heim würde es erst in
knapp vier Stunden wieder lebendig werden.
Außerdem wachte er nicht gern in einem völlig dunklen
Raum auf. An die Marotte der Erdenmenschen, sich in klobigen,
fensterlosen Gebäuden hinter dicken Stahlbetonwänden zu
verschanzen, hatte er sich nämlich auch nach vier Jahren noch
nicht gewöhnen können. Die Tradition war tausend Jahre alt
und stammte noch aus der Zeit, als es zwar primitive Atombomben gab,
aber noch keine Kraftfelder, um sich dagegen zu schützen.
Doch das war längst Vergangenheit. Damals hatten die
Atomkriege die Erde schlimm getroffen. Bis heute war sie zum
größten Teil hoffnungslos radioaktiv verseucht und
unbewohnbar. Man hatte hier nichts mehr zu verlieren, doch in der
Architektur spiegelten sich immer noch die alten Ängste, und
deshalb war Biron jetzt von pechschwarzer Finsternis umgeben.
Wieder stützte er sich auf einen Ellbogen. Irgend etwas
stimmte nicht. Das unselige Wispern war ihm immer noch nicht
aufgefallen, dafür aber etwas anderes, das sehr viel
unauffälliger und mit Sicherheit längst nicht so bedrohlich
war.
Er vermißte die leichte Brise, Kennzeichen des
ständigen Luftaustauschs, die so selbstverständlich war,
daß man sie kaum noch bemerkte. Auch fiel ihm das Schlucken
schwer. Sobald er sich zusammengereimt hatte, was geschehen war,
erschien ihm die Atmosphäre noch bedrückender. Das
Belüftungssystem hatte den Betrieb eingestellt, und das
wäre nun wirklich ein Grund gewesen, sich zu beklagen. Doch er
konnte die Störung nicht einmal über Visiphon melden.
Um ganz sicher zu gehen, unternahm er noch einen Versuch. Wieder
leuchtete das milchigtrübe Rechteck auf und warf seinen
schwachen Perlmuttschimmer über das Bett. Der Empfang war in
Ordnung, aber das Gerät sendete nicht. Nun, das war nicht weiter
von Bedeutung. Vor Tagesanbruch würde ohnehin niemand etwas
unternehmen.
Gähnend rieb er sich mit den Handballen die Augen und tastete
mit den Füßen nach seinen Pantoffeln. Also keine
Frischluftzufuhr? Damit wäre auch der merkwürdige Geruch
erklärt. Stirnrunzelnd zog er zwei- oder dreimal die Luft durch
die Nase. Vergeblich. Der Geruch kam ihm bekannt vor, aber er
vermochte ihn nicht einzuordnen.
Er ging ins Bad und drückte automatisch auf den
Lichtschalter, obwohl er an sich kein Licht brauchte, um sich ein
Glas Wasser zu holen. Der Schalter klickte, aber nichts geschah.
Erbost schlug er noch ein paarmal darauf. Funktionierte denn nun gar
nichts mehr? Er zuckte resigniert die Achseln und trank das Glas im
Dunkeln leer. Das tat gut. Gähnend ging er ins Schlafzimmer
zurück und probierte den Hauptschalter. Keine einzige Lampe
reagierte.
Biron setzte sich auf sein Bett, stützte seine großen
Hände auf die muskulösen Oberschenkel und dachte nach.
Normalerweise wäre jetzt eine geharnischte Beschwerde beim
Wartungspersonal fällig gewesen. Niemand erwartete in einem
Studentenwohnheim den Service eines Luxushotels, aber, beim All, eine
gewisse Grundversorgung konnte man doch wohl verlangen. Wobei
dergleichen im Moment schon nicht mehr so wichtig war. Die
Abschlußfeier stand unmittelbar bevor, und damit war sein
Aufenthalt hier
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