Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
flüsterte
Shekt.
»Zu meiner Zeit«, antwortete Schwartz, »gab es eine
Stadt mit Namen St. Louis. Sie lag am Zusammenfluß zweier
großer Ströme. – Dort fanden wir Senloo. Es war
Nacht, aber wir entdeckten eine dunkle Stelle im Ozean der
radioaktiven Strahlung – und Dr. Shekt hatte gesagt, der Tempel
stünde auf einer Insel aus unverseuchtem Boden. Im Schein einer
Leuchtrakete – eine Suggestion von mir – erblickten wir
unter uns ein fünfzackiges Gebäude. Es paßte zu dem
Bild, das ich dem Bewußtsein des Sekretärs entnommen
hatte. – Nun klafft dort, wo das Gebäude stand, ein
dreißig Meter tiefer Krater. Entstanden ist er heute morgen um
drei Uhr. Kein Virus wurde ausgesandt. Das Universum ist
frei.«
Der Sekretär heulte auf wie ein Tier – dann löste
sich ein schauriger Dämonenschrei von seinen Lippen. Er schien
zum Sprung ansetzen zu wollen und – brach zusammen.
Ein dünner Speichelfaden kroch über seine
Unterlippe.
»Ich habe ihn nicht berührt«, sagte Schwartz leise
und sah nachdenklich auf die reglose Gestalt hinab. »Ich war
schon vor sechs Uhr wieder zurück, aber ich wußte,
daß ich warten mußte, bis die Frist abgelaufen war. Erst
dann würde Balkis seinem Triumph Luft machen, das hatte ich in
seinem Bewußtsein gelesen. Der einzige, der ihn
überführen konnte, war er selbst. – Da liegt er
nun.«
22
DAS BESTE LIEGT VOR DIR
Dreißig Tage waren vergangen, seit Joseph Schwartz mitten in
der Nacht von der Startbahn abgehoben hatte, um eine galaktische
Katastrophe zu verhindern, während hinter ihm die Alarmsirenen
schrillten und Befehle zur Umkehr durch den Äther rasten.
Er war nicht umgekehrt; jedenfalls nicht, bevor er den Tempel von
Senloo zerstört hatte.
Nun hatte man ihn endlich öffentlich als Helden gefeiert. In
seiner Tasche steckte der Raumschiffund-Sonne-Orden Erster Klasse am
Band. Vor ihm hatten erst zwei Personen in der gesamten Galaxis
diesen Orden schon zu Lebzeiten bekommen.
Für einen pensionierten Schneider ein ganz beachtlicher
Aufstieg.
Natürlich war nur in den innersten Kreisen der Beamtenschaft
bekannt, was er genau geleistet hatte, aber darauf kam es nicht an.
Eines Tages würde seine Tat in strahlenden Lettern im Buch der
Geschichte verzeichnet stehen.
Jetzt war er auf dem Weg durch die stille Nacht zum Haus von Dr.
Shekt. In der Stadt war alles ruhig, am Himmel standen friedlich
funkelnd die Sterne. In anderen Teilen der Erde sorgten zwar immer
noch vereinzelte Fanatikerhorden für Unruhe, aber die
Anführer waren tot oder im Gefängnis, und mit dem
Fußvolk wurden die gemäßigten Erdenmenschen auch
alleine fertig.
Die ersten großen Lieferungen unverseuchten Mutterbodens
waren bereits unterwegs. Ennius hatte sein Angebot, die
Erdbevölkerung auf einen anderen Planeten umzusiedeln, noch
einmal wiederholt, aber das kam jetzt nicht mehr in Frage. Man wollte
keine Almosen. Statt dessen sollten die Erdenmenschen die Chance
bekommen, ihren Planeten instandzusetzen, die Heimat ihrer
Väter, die Stammwelt der Menschheit wiedererstehen zu lassen.
Mit ihrer Hände Arbeit sollten sie den verstrahlten Boden
abtragen und durch gesunden Humus ersetzen, auf daß neues Leben
grüne, wo alles tot gewesen, und die Wüste abermals zum
Paradies werde.
Es war eine gewaltige Aufgabe, sie mochte ein Jahrhundert dauern
– aber was machte das schon? Die Galaxis konnte die nötigen
Maschinen bereitstellen; sie konnte Lebensmittel liefern; sie konnte
neuen Mutterboden heranschaffen. An sich ein Kinderspiel, die
Ressourcen waren unerschöpflich – und es würde sich
auszahlen.
Eines Tages würden die Erdenmenschen wieder ein Volk sein wie
andere Völker, auf einem Planeten wie andere Planeten, Gleiche
unter Gleichen, im Vollbesitz ihrer Würde als Menschen.
Schwartz klopfte das Herz bis zum Hals, als er die Stufen zur
Eingangstür hinaufstieg. Er konnte es immer noch kaum fassen.
Nächste Woche würde er mit Arvardan zu den mächtigen
Zentralwelten der Galaxis reisen. Wer aus seiner Generation hatte
schon jemals die Erde verlassen?
Einen Augenblick lang dachte er an die alte Erde, seine Erde zurück. Doch sie war tot, seit langer, langer Zeit.
Dabei war er erst vor dreieinhalb Monaten…
Dann stand er vor der Tür und wollte sich eben bemerkbar
machen, als sein Geist die Worte auffing, die drinnen gesprochen
wurden. Inzwischen hallte auch jeder fremde Gedanke so deutlich wie
ein winziges Glöckchen in seinem Bewußtsein wider.
Der Sprecher war
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