Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
zu
verwalten und zu besteuern galt. Früher hatte man Welten
erobert, dachte Aratap verdrießlich, heutzutage schlug man sich
allenfalls mit Einzelgegnern herum.
Er sah sich den jungen Mann, der ihm gegenübersaß, gut
an. Jung war er ohne Zweifel. Hochgewachsen, mit prachtvoll breiten
Schultern; ein aufmerksames, waches Gesicht, das Kopfhaar
lächerlich kurz geschnitten, zweifellos eine Studentenmarotte.
Insgeheim hatte Aratap sogar ein wenig Mitleid mit ihm. Der Junge war
ganz offensichtlich verängstigt.
Biron erkannte den Zustand, in dem er sich befand, nicht als
›Angst‹. Aufgefordert, ihn zu beschreiben, hätte er
wohl gesagt, er sei ›nervös‹. Seit er denken konnte,
waren die Tyranni für ihn die Herren der Welt. Sogar sein Vater,
ein starker, vitaler Mann, dessen Wort überall auf seinen
Gütern Gesetz war und auch anderswo respektvoll gehört
wurde, war ihm in Gegenwart der Tyranni stets eingeschüchtert,
ja fast unterwürfig erschienen.
Hin und wieder waren Vertreter der Erobererkaste zu einem
Höflichkeitsbesuch auf Widemos aufgetaucht, etwa, um Fragen
über die jährlichen Tributleistungen zu klären, die
sie als ›Steuer‹ bezeichneten. Auf Nephelos war
nämlich der Gutsherr von Widemos für die Eintreibung und
die Ablieferung dieser Gelder verantwortlich. Bei solchen
Gelegenheiten pflegten die Tyranni auch einen flüchtigen Blick
in seine Bücher zu werfen.
Wenn sie mit ihren kleinen Schiffen landeten, war ihnen der
Gutsherr persönlich beim Aussteigen behilflich. Bei den
Mahlzeiten saßen sie auf dem Ehrenplatz und wurden als erste
bedient. Sobald sie das Wort ergriffen, herrschte ringsum
ehrfürchtiges Schweigen.
Als Kind hatte er sich oft gefragt, wieso man diese
häßlichen Zwerge so zuvorkommend behandelte, doch im Lauf
der Jahre hatte er begriffen, daß sie für seinen Vater das
gleiche darstellten wie dieser für einen seiner Rinderhirten.
Des weiteren lernte er, in ihrer Gegenwart seine Stimme zu
dämpfen und sie als ›Exzellenz‹ zu titulieren.
Er war ein ausgezeichneter Schüler gewesen, und so zitterte
er auch jetzt beim Anblick dieses tyrannischen Weltenherrschers vor
›Nervosität‹ an allen Gliedern.
Mit der Landung auf Rhodia war das Schiff, das bislang nur in
seiner Vorstellung ein Gefängnis gewesen war, auch offiziell zu
einem solchen geworden. Ein kurzes Surren seines Türsignals,
dann waren zwei stämmige Besatzungsmitglieder eingetreten und
hatten ihn in die Mitte genommen. Hinter ihnen war der Kapitän
erschienen und hatte mit ausdrucksloser Stimme erklärt:
»Biron Farrill, hiermit stelle ich Sie kraft meiner
Autorität als Kapitän dieses Schiffes bis zum Verhör
durch den Hochkommissar des Großkönigs unter
Arrest.«
Der Hochkommissar war dieser kleine Tyrannier, der jetzt scheinbar
so geistesabwesend und apathisch vor ihm saß. Der
›Großkönig‹ war der Khan der Tyranni, der immer
noch auf dem tyrannischen Heimatplaneten in seinem sagenhaften
Steinpalast residierte.
Biron sah sich verstohlen um. Er konnte sich völlig frei
bewegen, wurde jedoch von vier Bewachern in der schieferblauen
Uniform der tyrannischen Außenpolizei flankiert. Sie waren
bewaffnet. Ein fünfter Tyrannier mit den Abzeichen eines Majors
saß neben dem Schreibtisch des Hochkommissars.
Der Hochkommissar ergriff zum ersten Mal das Wort. »Wie Ihnen
eventuell bekannt ist« – eine dünne, hohe Stimme
– »wurde Ihr Vater, der alte Gutsherr von Widemos, als
Hochverräter hingerichtet.«
Die fahlen Augen waren starr auf Biron gerichtet. Der Mann wirkte,
als könne er kein Wässerchen trüben.
Biron bewahrte Ruhe, obwohl es ihm schwerfiel, nichts tun zu
können. Viel befriedigender wäre es gewesen,
draufloszuschreien und wild um sich zu schlagen, aber damit
hätte er seinen Vater auch nicht wieder lebendig gemacht. Er
glaubte zu wissen, warum ›sie‹ ihn mit dieser Offenbarung
überfallen hatten. Sie wollten ihn erschüttern, damit er
sich verriet. Nun, den Gefallen würde er ihnen nicht tun.
Ruhig sagte er: »Ich heiße Biron Malaine und komme von
der Erde. Falls Sie meine Identität in Zweifel ziehen,
möchte ich mit dem Terrestrischen Konsul sprechen.«
»Gewiß, aber zunächst führen wir ja nur eine
ganz zwanglose Unterhaltung. Sie behaupten also, Biron Malaine von
der Erde zu sein. Und doch…« – Aratap wies auf einen
Stapel Papiere auf seinem Schreibtisch – »haben wir hier
etliche Briefe von Widemos an seinen Sohn. Außerdem eine
Immatrikulationsbescheinigung der
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