Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
ich weiß nicht, ob es
Ihnen bekannt ist. Es wurde erst vor kurzem auf den Inneren Welten
entwickelt. Der Fotowürfel sieht auf den ersten Blick so aus wie
alle anderen, aber wenn man ihn umdreht, kommt es zu einer
selbsttätigen Neuordnung der Moleküle, und er wird
vollkommen undurchsichtig. Eine hübsche Idee.«
Er drehte den Würfel mit der richtigen Seite nach oben. Die
schwarze Oberfläche begann zu schillern, dann hellte sie sich
langsam auf, als fahre der Wind durch einen dichten Nebel. Aratap
hatte die Arme vor der Brust verschränkt und wartete.
Nach einer Weile war der Würfel klar wie Wasser und zeigte
ein junges, strahlend lächelndes Gesicht. Es war genau
getroffen, ein Schnappschuß voller Lebendigkeit, eine
dauerhafte Erinnerung.
»Das gute Stück stammt aus dem Besitz des verstorbenen
Gutsherrn«, sagte Aratap. »Was meinen Sie?«
»Kein Zweifel. Das ist der junge Mann.«
»Ja.« Der Tyrannier betrachtete den Würfel
nachdenklich. »Wenn ich recht überlege, müßten
sich mit diesem Verfahren doch auch sechs Aufnahmen in einem einzigen
Kubus unterbringen lassen. Wenn man alle sechs Seitenflächen als
Standflächen nützte, könnte man mit jeder Drehung eine
neue, molekulare Veränderung in Gang setzen. Wenn sechs
zusammengehörige Fotografien ineinanderflossen,
müßten die statischen Bilder durch die Dynamisierung
ungeahnte, optische Dimensionen gewinnen. Major, das wäre eine
neue Kunstform.« Die Begeisterung in seiner Stimme war nicht zu
überhören.
Der Major quittierte diese künstlerischen Reflexionen nur mit
verächtlichem Schweigen. Der Hochkommissar wechselte abrupt das
Thema. »Sie werden Farrill also beobachten lassen?«
»Gewiß.«
»Überwachen Sie auch Hinrik.«
»Hinrik?«
»Natürlich. Was hätte es sonst für einen Sinn,
denn Jungen freizulassen? Ich habe einige Fragen, auf die ich gern
die Antwort wüßte. Warum will Farrill mit Hinrik sprechen?
Was für eine Verbindung besteht zwischen den beiden? Der tote
Gutsherr war kein Einzelkämpfer. Er muß eine
leistungsfähige Organisation im Rücken gehabt haben –
es kann nicht anders sein. Und diese Organisation haben wir
bisher noch nicht zu fassen bekommen.«
»Aber Hinrik hat doch ganz gewiß nichts damit zu tun.
Selbst wenn er mutig genug wäre, er hätte nicht die
nötige Intelligenz.«
»Zugegeben. Aber man könnte ihn ja gerade deshalb als
Werkzeug benützen, weil er ein Halbidiot ist. In diesem Fall
wäre er ein schwaches Glied in der Kette unserer Pläne. Das
ist eine Möglichkeit, die wir zumindest in Betracht ziehen
müssen.«
Er winkte gedankenverloren mit der Hand; der Major salutierte,
machte eine zackige Kehrtwendung und trat ab.
Aratap stieß einen nachdenklichen Seufzer aus, stellte den
Fotowürfel auf den Kopf und beobachtete, wie sich die
Schwärze gleich einer Tintenflut über die Seiten
ergoß.
Zu Zeiten seines Vaters war das Leben einfacher gewesen. Einen
Planeten zu zerschlagen, das hatte bei aller Grausamkeit eine gewisse
Würde. Das Katz- und Mausspiel mit diesem ahnungslosen Jungen
war dagegen nur noch grausam.
Und dennoch war es unumgänglich.
5
SCHWER RUHT DAS HAUPT *
Im Vergleich zur Erde, ja, selbst gegenüber den Welten des
Centaurus- oder des Siriussystems ist die Administration Rhodia als
Lebensraum des Homo sapiens noch recht jung. So waren etwa die
Arkturus-Planeten schon seit zweihundert Jahren besiedelt, als die
ersten Raumschiffe den Pferdekopfnebel umkreisten und auf seiner
Rückseite ein Nest aus Hunderten von Himmelskörpern mit
sauerstoff- und wasserhaltiger Atmosphäre entdeckten. Die dichte
Traube war eine echte Sensation, denn der Weltraum strotzt zwar
regelrecht von Planeten, doch nur sehr wenige können in
chemischer Hinsicht den Ansprüchen des menschlichen Organismus
genügen.
In der Galaxis gibt es etwa zweihundert Milliarden Sonnen, die von
etwa fünfhundert Milliarden Planeten umkreist werden. Viele
davon weisen mehr als 120 Prozent oder weniger als 60 Prozent der
irdischen Gravitation auf, Extreme, die für den Menschen auf
Dauer unerträglich sind. Manche sind zu heiß, andere
wieder zu kalt. Einige haben eine giftige Atmosphäre. Es wurden
Gashüllen registriert, die zu großen Teilen oder zur
Gänze aus Neon, Methan, Ammoniak, Chlor – sogar aus
Silikontetrafluorid bestehen. Einigen Planeten mangelt es an Wasser,
in einem Fall wurden Ozeane aus fast reinem Schwefeldioxid
festgestellt. Bei anderen fehlt der Kohlenstoff.
Schon eine dieser Schwächen
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