Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
Minute allein. Ständig ist
jemand in der Nähe. Ich kann nicht einmal ungestört meine
Berichte schreiben.«
Und Pola bedauerte ihn oder lachte ihn aus und sagte immer wieder:
»Was kann man dir denn schon vorwerfen? Selbst das Experiment
mit Schwartz ist doch kein todeswürdiges Verbrechen. Dafür
hätte man dir allenfalls einen Rüffel
verpaßt.«
Aber sein hageres Gesicht wurde noch fahler, und er murmelte:
»Sie werden mich nicht am Leben lassen. Die Sechzig rücken
immer näher, und sie werden mich nicht am Leben
lassen.«
»Nach allem, was du geleistet hast? Unsinn!«
»Ich weiß zu viel, Pola, und sie trauen mir
nicht.«
»Worüber weißt du zu viel?«
Eines Abends war er so müde, daß er glaubte, die Last
nicht länger tragen zu können. Und so beichtete er ihr
alles. Zunächst wollte sie ihm nicht glauben, doch als er sie
schließlich überzeugt hatte, war sie starr vor
Entsetzen.
Am nächsten Tag rief Pola von einem öffentlichen
Komsender am anderen Ende der Stadt aus die Residenz an, hielt sich
ein Taschentuch vor den Mund und verlangte Dr. Bel Arvardan zu
sprechen.
Er war nicht da. Möglicherweise sei er im neuntausend
Kilometer entfernten Bonair, aber er habe sich nicht immer
zuverlässig an seine Reiseroute gehalten. Ja, irgendwann werde
er wieder in Chica zurückerwartet, aber der genaue Zeitpunkt sei
nicht bekannt. Ob sie ihren Namen hinterlassen wolle? Man werde
versuchen, das Datum in Erfahrung zu bringen.
Daraufhin unterbrach sie die Verbindung und drückte ihre
weiche Wange an die angenehm kühle Wand der Glaszelle. Sie
weinte nicht, aber die Enttäuschung ließ ihre schwarzen
Augen verdächtig glänzen.
Wie hatte sie nur so dumm sein können!
Er hatte ihr geholfen, und sie hatte ihn verbittert weggeschickt.
Er hatte die Neuronenpeitsche und Schlimmeres auf sich genommen, um
die Würde eines kleinen Erdenmädchens gegen einen
Außerweltler zu verteidigen, und sie hatte ihm noch
Vorwürfe gemacht.
Die hundert Credit, die sie am nächsten Morgen in die
Residenz geschickt hatte, waren ohne Kommentar zurückgekommen.
Daraufhin hätte sie ihn gerne aufgesucht, um sich zu
entschuldigen, aber sie hatte sich nicht getraut. In der Residenz
hatten nur Außerweltler Zutritt, man würde sie gar nicht
erst einlassen. Bisher hatte sie das Gebäude immer nur von ferne
gesehen.
Und jetzt… Jetzt wäre sie sogar zum Statthalterpalast
gegangen, um… um…
Nur er konnte jetzt noch helfen. Er, ein
Außerweltler, der imstande war, Erdenmenschen wie
Gleichgestellte zu behandeln. Sie hätte nie erraten, daß
er nicht von der Erde kam, wenn er es ihr nicht selbst gesagt
hätte. Er war so groß, so selbstbewußt. Er
wußte sicher, was zu tun war.
Irgend jemand mußte es doch wissen, sonst war die gesamte
Galaxis dem Untergang geweiht.
Natürlich hätten die meisten Außerweltler nichts
Besseres verdient – aber galt das für alle? Auch für
die Frauen und Kinder, die Alten und Kranken? Für die Guten und
Barmherzigen? Für die Arvardans? Für jene, die noch nie von
der Erde gehört hatten? Letztlich waren es doch auch nur
Menschen. Die Rache wäre zu grausam. Alle möglicherweise
– nein, sicher – berechtigten Ansprüche der Erde
würden in einem Meer von Blut und faulendem Fleisch
untergehen.
Und dann kam wie aus dem Nichts Arvardans Anruf. Dr. Shekt
schüttelte den Kopf. »Ich kann es ihm nicht
sagen.«
»Du mußt«, rief Pola verzweifelt.
»Hier? Das ist unmöglich – ich würde uns beide
ins Verderben stürzen.«
»Dann schick ihn weg! Ich nehme die Sache in die
Hand.«
Ihr Herz jubelte laut. Selbstverständlich nur, weil sie nun
eine Chance sah, zahllose Menschenleben zu retten. Sie erinnerte sich
an sein strahlendes Lächeln, seine blendend weißen
Zähne. Er hatte seelenruhig einen Colonel der Kaiserlichen
Truppen gezwungen, den Kopf einzuziehen und sich bei ihr zu
entschuldigen – und sie, ein Erdenmädchen, hatte
dagestanden und ihm nur zu verzeihen brauchen.
Bel Arvardan war zu allem fähig!
Bel Arvardan hatte von alledem natürlich keine Ahnung, und so
nahm er Shekts merkwürdig schroffe, abweisende Haltung für
bare Münze und fühlte sich in seinen Erfahrungen mit der
Erde wieder einmal bestätigt.
Verärgert stand er, ganz offensichtlich ein unwillkommener
Gast, im Vorraum des auffallend unpersönlich gehaltenen
Büros.
Dennoch wählte er seine Worte mit Bedacht: »Ich
hätte nie gewagt, Sie mit meinem Besuch zu belästigen,
Doktor, wenn ich mich nicht beruflich für
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