Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
Ihren Synapsifikator
interessieren würde. Außerdem sagte man mir, Sie
hätten im Gegensatz zu vielen anderen Erdenmenschen keine
Abneigung gegen Bewohner der übrigen Galaxis.«
Damit war er anscheinend in ein Fettnäpfchen getreten, denn
Dr. Shekt stürzte sich sofort auf diesen Punkt. »Da irrt
sich Ihr Informant, wer immer er auch sein mag. Es ist keineswegs so,
daß ich Fremden an sich besonders freundschaftliche
Gefühle entgegenbrächte. Ich gestatte mir weder Sympathien
noch Antipathien. Ich bin in erster Linie Erdenmensch…«
Arvardan preßte die Lippen zusammen und wandte sich zum
Gehen.
»Verstehen Sie mich doch, Dr. Arvardan« – ein
hastiges Flüstern – »ich will nicht unhöflich
erscheinen, aber ich kann wirklich nicht…«
»Ich verstehe vollkommen«, sagte der Archäologe
kalt, obwohl er überhaupt nichts verstand. »Ich
wünsche Ihnen einen schönen Tag.«
Dr. Shekt lächelte matt. »Ich ertrinke in
Arbeit…«
»Auch ich bin ein vielbeschäftigter Mann, Dr.
Shekt.«
Zähneknirschend ging er zur Tür. Diese Erdenmenschen
konnten ihm samt und sonders gestohlen bleiben. Unwillkürlich
gingen ihm ein paar der Schlagworte durch den Kopf, die auf seiner
Heimatwelt in aller Munde waren. Zum Beispiel die Sprichwörter:
›Höflichkeit auf der Erde ist seltener als Wassermangel im
Ozean.‹ Oder: ›Von einem Erdenmenschen kannst du alles
haben, solange es nichts kostet und noch weniger wert ist.‹
Er hatte mit dem Arm bereits den photoelektrischen Strahl
unterbrochen, um die Eingangstür zu öffnen, als er hinter
sich rasche Schritte und ein leises, warnendes ›Pst!‹
hörte. Dann wurde ihm ein Stück Papier in die Hand
gedrückt. Als er sich umdrehte, sah er nur noch etwas Rotes um
die Ecke verschwinden.
Er stieg in den Bodenwagen, den er sich gemietet hatte, und
entfaltete den Zettel. In krakeliger Schrift stand darauf
geschrieben:
»Fragen Sie sich heute abend um acht Uhr zum Großen
Schauspielhaus durch. Vergewissern Sie sich, daß Sie nicht
verfolgt werden.«
Mit ratloser Miene las er den Text erst fünfmal durch und
starrte ihn danach noch eine ganze Weile an, als warte er darauf,
daß eine zweite Botschaft in Geheimtinte sichtbar würde.
Dann schaute er sich unwillkürlich um. Die Straße war
leer. Er hob die Hand, um den albernen Fetzen aus dem Fenster zu
werfen, zögerte und steckte ihn in seine Westentasche.
Wenn er an diesem Abend irgend etwas vorgehabt hätte,
wäre er der Aufforderung sicher nicht gefolgt, und das wäre
das Ende der Geschichte und damit auch das Ende für Billionen
von Menschen gewesen. Doch es stand rein gar nichts auf dem
Programm.
Außerdem wollte er zu gerne wissen, wer wohl der Absender
der Nachricht gewesen sein könnte…
Um acht Uhr quälte er sich in einer langen Schlange von
Bodenwagen langsam die Serpentinenstraße entlang, die
vermutlich zum Großen Schauspielhaus führte. Er hatte nur
einmal einen Passanten nach dem Weg gefragt, und der hatte ihn
mißtrauisch angestarrt (dieses Mißtrauen gegen alles und
jedes lag wohl wirklich sämtlichen Erdenmenschen im Blut) und
kurzangebunden gesagt: »Fahren Sie einfach den anderen
nach.«
Die anderen schienen tatsächlich alle ins Schauspielhaus zu
wollen, denn als es endlich in Sicht kam, verschwand vor ihm Wagen um
Wagen im gähnenden Schlund eines unterirdischen Parkhauses. Er
scherte aus der Schlange aus und fuhr, ohne so recht zu wissen,
warum, im Schrittempo an dem Gebäude entlang.
Eine zierliche Gestalt kam von der Fußgängerrampe
gesprungen und stand plötzlich vor seinem Fenster. Bevor er
seinen Schrecken überwinden konnte, hatte sie bereits die
Tür geöffnet und war eingestiegen.
»Verzeihen sie«, sagte er, »aber…«
»Pst!« Die Gestalt hatte sich tief in den Sitz
gedrückt. »Ist Ihnen jemand gefolgt?«
»Sollte mir denn jemand folgen?«
»Keine dummen Scherze. Fahren Sie geradeaus weiter. Ich sage
Ihnen, wann Sie abbiegen sollen… Du meine Güte, worauf
warten Sie denn noch?«
Die Stimme kannte er. Die Kapuze war nach hinten gerutscht,
hellbraunes Haar wurde sichtbar. Schwarze Augen blickten ihn an.
»Bitte, fahren Sie weiter«, sagte sie leise.
Er gehorchte, und in der folgenden Viertelstunde sprach sie,
abgesehen von knappen, halblauten Anweisungen den Weg betreffend,
kein Wort mehr mit ihm. Er sah sie verstohlen von der Seite an und
war entzückt. Sie war noch hübscher als in seiner
Erinnerung. Sein Groll war wie weggeblasen.
Am Rand eines menschenleeren
Weitere Kostenlose Bücher