Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
– sechs Uhr
früh – Chica-Zeit.«
Nun hatte der Sekretär seinen Blaster doch aus dem
Gürtel gerissen, ging mit raschen Schritten auf den reglos
daliegenden Schwartz zu und baute sich vor ihm auf.
»Woher wissen Sie das?«
Schwartz versteifte sich. Ein ganzes Bündel von mentalen
Fühlern griff aus und packte zu. Er biß die Zähne
aufeinander, daß die Kiefermuskeln hervortraten, und seine
Augenbrauen zogen sich zusammen, aber das waren rein
äußerliche – unbewußte Erscheinungen. Das
eigentliche Geschehen spielte sich in seinem Gehirn ab. Dort wurde
die unsichtbare Kraft erzeugt, die nun so rigoros den Geist des
Gegners attackierte.
Kostbare Sekunden vergingen. Der Sekretär war jäh
verstummt und rührte sich nicht mehr, doch Arvardan maß
der Szene zunächst keine Bedeutung bei.
Dann keuchte Schwartz: »Ich habe ihn… Nehmt ihm die
Waffe weg. Ich kann ihn nicht länger…«, und brach
gurgelnd ab.
Da, endlich, hatte Arvardan begriffen. Er stemmte sich auf Knie
und Ellbogen, erhob sich langsam und mühevoll unter Aufbietung
aller Willenskraft und stand schließlich, wenn auch nicht sehr
sicher, auf den Beinen. Pola wollte seinem Beispiel folgen, aber sie
schaffte es nicht. Shekt schob sich von seiner Liege und sank auf die
Knie. Nur Schwartz blieb mit zuckendem Gesicht liegen.
Der Sekretär schien wie zur Salzsäule erstarrt. Auf
seiner glatten, faltenlosen Stirn erschienen die ersten
Schweißtropfen, doch sein Gesicht blieb ausdruckslos und
spiegelte keine Empfindung. Nur seine Rechte, in der er den Blaster
hielt, verriet, daß noch Leben in ihm war. Wenn man genau
hinsah, bemerkte man ein leichtes Zucken. Der Daumen berührte
den Auslöser; ein sanfter Druck nur, zu schwach, um etwas zu
bewirken, aber unermüdlich wieder und wieder…
»Festhalten«, keuchte Arvardan. Er war außer sich
vor Freude. Auf eine Stuhllehne gestützt, versuchte er, zu Atem
zu kommen. »Bis ich bei ihm bin.«
Es war wie in einem Alptraum. Er konnte kaum die Füße
heben, watete wie durch zähen Sirup, schwamm wie durch Teer,
schleppte sich kraftlos und langsam – unendlich langsam
weiter.
Von dem erbitterten Kampf, der da vor ihm ausgetragen wurde, nahm
er nichts wahr – konnte er nichts wahrnehmen.
Der Sekretär hatte nur ein Ziel: seinen Daumen zu bewegen.
Ein winziger Druck – hundert Gramm nur, mehr war nicht
nötig, um den Blaster in Aktion treten zu lassen. Sein Gehirn
brauchte der ohnehin schon erwartungsvoll gespannten, zur Hälfte
kontrahierten Sehne nur noch den Befehl zu geben, zu…
zu…
Auch Schwartz hatte nur ein Ziel: diese Bewegung zu verhindern.
Doch der Geist des Sekretärs war ein brodelnder Hexenkessel von
Empfindungen, wie sollte er erkennen, welcher Bereich genau für
diesen Daumen zuständig war? Also bemühte er sich, den
Gegner in Stasis zu halten, in völliger Stasis…
Der Geist des Sekretärs wehrte sich, zerrte an den Fesseln.
Schwartz hatte es mit einer wachen, beängstigend scharfen
Intelligenz zu tun, und er war noch ungeübt im Umgang mit seinen
Fähigkeiten. Sekundenlang blieb das gegnerische Bewußtsein
ruhig, wartete ab – um sich dann gewaltig aufzubäumen und
an diesem oder jenem Muskel zu reißen…
Schwartz kam sich vor, als sollte er in einem Ringkampf einen
Gegner, der sich herumwarf wie ein Rasender, um jeden Preis am Boden
halten.
Von alledem war äußerlich nichts zu erkennen. Nur
Schwartz’ Unterkiefer zuckte nervös; seine Lippen waren
blutig gebissen und zitterten – und gelegentlich bewegte sich
leise der Daumen des Sekretärs – spannte sich, spannte sich
immer mehr…
Arvardan hielt inne. Er mußte sich ausruhen, ob er wollte
oder nicht. Wenn er den Arm ausstreckte, konnte er mit den
Fingerspitzen gerade die Robe des Sekretärs berühren, aber
damit war er an seine Grenzen gelangt. Seine gefühllosen
Gliedmaßen brauchten mehr Sauerstoff, als seine schmerzenden
Lungen in seinen Körper zu pumpen vermochten. Die Anstrengung
trieb ihm die Tränen in die Augen, der Schmerz trübte ihm
zusätzlich den Blick.
»Nur ein paar Minuten noch, Schwartz«, keuchte er.
»Festhalten, nicht loslassen!«
Langsam, ganz langsam schüttelte Schwartz den Kopf. »Ich
kann nicht… kann nicht mehr…«
Tatsächlich schien für Schwartz die ganze Welt zu einem
trüben Chaos zu verschwimmen. Seine Geistesfühler verloren
ihre Elastizität und wurden starr.
Wieder berührte der Sekretär mit seinem Daumen den
Auslöser. Diesmal nahm er ihn nicht wieder weg. Der
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