Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
ist?«
»Gehen Sie jetzt zu den anderen zurück. Erzählen Sie niemandem von Ihrer Abreise. Stellen Sie sie vor vollendete Tatsachen.«
Biron nickte mechanisch. Irgendwo tief in seinem Innern machte er sich Vorwürfe, er habe seinen Auftrag nicht erfüllt, er lasse seinen todgeweihten Vater schmählich im Stich. Verbitterung stieg in ihm auf. Warum hatte man ihn nicht eingeweiht? Warum hatte er die Gefahr nicht teilen dürfen? Warum hatte man ihn handeln lassen, ohne daß er wußte, was er tat?
Und jetzt, da er die Wahrheit kannte oder jedenfalls besser kannte, da er wußte, welch bedeutende Rolle sein Vater in dieser seltsamen Verschwörung spielte, wäre es noch sehr viel wichtiger gewesen, dieses Dokument aus den Archiven der Erde zu beschaffen. Doch dafür war keine Zeit mehr. Keine Zeit, um das Dokument zu holen. Keine Zeit, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Keine Zeit, um seinen Vater zu retten. Vielleicht auch keine Zeit mehr, um weiterzuleben.
»Ich werde Ihrem Rat folgen, Jonti«, erklärte er.
Sander Jonti blieb auf den Stufen des Wohnheims stehen und betrachtete kurz das Universitätsgelände. Sein Blick drückte nicht unbedingt Bewunderung aus.
Er ging den backsteingepflasterten Weg entlang, der in plumpen Windungen durch eine pseudorustikale Parklandschaft führte, eine Form des Campus, für die alle städtischen Universitäten seit Urzeiten eine besondere Schwäche zu haben schienen. Direkt vor ihm erstrahlte die einzige, größere Straße der Stadt in hellem Licht. Dahinter, bei Tag nicht zu sehen, jetzt aber gut zu erkennen, stand der blaue Schein der radioaktiven Strahlung am Horizont, ein stummes Mahnmal an die Kriege der Vorzeit.
Jonti warf einen Blick zum Himmel. Mehr als fünfzig Jahre waren vergangen, seit die Tyranni gekommen waren und der wildwuchernden Individualität von zwei Dutzend untereinander zerstrittenen politischen Systemen in den Tiefen des Alls jenseits des Nebels ein jähes Ende bereitet hatten, indem sie diesen Welten unversehens und viel zu früh die Drosselschnur eines Zwangsfriedens um den Hals legten.
Wie mit einem einzigen, gewaltigen Donnerschlag war damals das Unheil hereingebrochen, und die Nebelreiche hatten sich bis heute nicht davon erholt. Nur hin und wieder durchlief ein Beben des Aufruhrs die eine oder andere Welt, ohne je etwas zu bewirken. Diese Erschütterungen zu koordinieren, sie zu einem einzigen, zeitlich genau kalkulierten Erdstoß zu vereinigen, war eine schwierige und langwierige Aufgabe. Nun, das Exil hier auf der Erde hatte lange genug gedauert. Höchste Zeit, nach Hause zurückzukehren.
Seine Leute waren vermutlich bereits bemüht, ihn in seiner Wohnung zu erreichen.
Er beschleunigte seine Schritte.
Der Sendestrahl traf ihn, sobald er sein Zimmer betrat. Es war ein Personenstrahl, ein Verfahren, das bislang als völlig sicher galt. Die Geheimhaltung war ungebrochen. Man benötigte kein eigenes Empfangsgerät, keinen Metallkasten voller Drähte, um die schwachen Elektronenwellen und die winzigen Impulse aufzufangen, die von einer fünfhundert Lichtjahre entfernten Welt aus durch den Hyperraum trieben.
In diesem Zimmer wurde die Raumstruktur selbst polarisiert und zum Empfänger gemacht, indem man den Zufall in jeder Form herausfilterte. Diese Polarisierung war nur beim Empfangsvorgang wahrzunehmen, und in diesem speziellen Teil des Weltraums kam als einziger Empfänger sein Gehirn in Frage. Nur das elektrische Feld, das von seinen individuellen Nervenzellen erzeugt wurde, sprach auf die Schwingungen des Trägerstrahls an, der die Botschaft brachte.
Die Botschaft war ebenso individuell wie seine Gehirnwellenmuster, und im ganzen Universum mit seinen Billiarden von Menschen war die Wahrscheinlichkeit, daß zwei Gehirne einander ähnlich genug waren, um den gleichen, personengebundenen Strahl aufzufangen, im wahrsten Sinne des Wortes unendlich gering.
Als der Ruf durch die endlose, unbegreifliche Leere des Hyperraums sein Gehirn erreichte, spürte Jonti ein sanftes Prickeln.
»… Achtung… Achtung… Achtung… Achtung…«
Das Senden war nicht ganz so einfach wie der Empfang. Die hochdifferenzierte Trägerwelle, die bis zur Kontaktperson jenseits des Nebels reichte, mußte mit technischen Mitteln erzeugt werden. Das dazu erforderliche Gerät war in einem Zierknopf enthalten, den Jonti auf der rechten Schulter trug, und wurde automatisch aktiviert, sobald er den polarisierten Bereich betrat. Danach brauchte er nur noch
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