Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
ließ der Lichtstrahl ganz von ihr ab, glitt über den Boden und richtete sich auf Riks blasses, schmales Gesicht. Rik kniff unwillkürlich die Lider zusammen, schlief aber weiter.
Die Stimme des Bäckers war nachdenklich geworden. »Es wäre mir allerdings sehr lieb, wenn du den hier bei mir lassen würdest. Du hast mich schon verstanden. Wenn du willst, kannst du gehen. Die Tür steht offen, aber nicht für ihn.«
»Er ist doch nur ein armer, kranker Junge…«, begann Valona. Ihre Stimme war vor Angst ganz schrill geworden.
»Wirklich? Nun, ich sammle arme, kranke Jungen, und deshalb bleibt er hier bei mir. Vergiß es nicht!«
Der Lichtstrahl wich nicht mehr von Riks schlafendem Gesicht.
5
DER WISSENSCHAFTLER
Ungeduldig war Dr. Selim Junz schon seit einem vollen Jahr, doch Ungeduld ist nichts, woran man sich im Lauf der Zeit gewöhnen würde. Ganz im Gegenteil. Dennoch hatte er in diesem Jahr eines gelernt: Sarks Öffentlicher Dienst ließ sich nicht drängen. Schließlich waren die meisten Beamten selbst Floriner, die man hierher versetzt hatte, und deshalb fürchteten sie nichts mehr, als das Gesicht zu verlieren.
Einmal hatte er den alten Abel, den trantoranischen Botschafter, der schon so lange auf Sark lebte, daß seine Stiefel dort Wurzeln geschlagen hatten, gefragt, warum die Sarkiten ihre Regierungsbehörden ausgerechnet Menschen anvertrauten, die sie so gründlich verachteten.
Abel hatte lächelnd sein Glas mit grünem Wein betrachtet.
»Taktik, Junz«, sagte er. »Nichts als Taktik. Die Erkenntnisse der Genetik werden konsequent im Sinne Sarks angewandt. An sich ist dieses Sark eine kleine, uninteressante Welt, deren Bedeutung sich ausschließlich darauf gründet, daß Florina, diese unerschöpfliche Goldmine, zu ihrem Einflußbereich gehört. Deshalb durchkämmen die Sarkiten Jahr für Jahr Florinas Felder und Dörfer und bringen die Elite der dortigen Jugend nach Sark, um sie dort zu erziehen. Die Mittelmäßigen landen in den Behörden, wo sie Akten anlegen und Formulare ausfüllen und mit Unterschriften versehen. Die wirklich Intelligenten schickt man nach Florina zurück und überträgt ihnen die Verwaltung über die Dörfer ihrer Landsleute. So etwas nennt sich dann Schultheiß.«
Dr. Junz war in erster Linie Weltraumanalytiker. Er begriff nicht so recht, wozu das alles gut sein sollte, und gab das auch ganz offen zu.
Der alte Abel hob mahnend seinen dicken Zeigefinger. Das Licht, das durch das Weinglas fiel, färbte den gerillten, gelbgrauen Fingernagel grün.
»Sie wären kein guter Verwaltungsbeamter«, sagte er. »Von mir bekämen Sie jedenfalls keine Empfehlung. Sehen Sie, auf diese Weise gewinnt man die Intelligenz von Florina mit Leib und Seele für die sarkitische Sache, denn solange die Leute in Sarks Diensten stehen, sind sie gut versorgt. Kehren sie Sark jedoch den Rücken, so bleibt ihnen allenfalls das Leben eines gewöhnlichen Floriners, und das ist nicht sehr verlockend, mein Freund, o nein, keineswegs.«
Er leerte das Glas auf einen Zug, dann fuhr er fort: »Und damit nicht genug. Weder die Schultheißen, noch Sarks Verwaltungskräfte dürfen sich fortpflanzen, wenn sie ihre Stellung behalten wollen. Nicht einmal die Paarung mit weiblichen Florinern ist ihnen gestattet, und an eine Vermischung mit Sarkiten ist natürlich ohnehin nicht zu denken. Auf diese Weise wird Florina ständig seines hochwertigsten Erbguts beraubt, bis es dort irgendwann nur noch Holzhacker und Wasserträger geben wird.«
»Gehen Sark auf diese Weise nicht irgendwann die Arbeitskräfte aus?«
»Das ist ein Problem für die Zukunft.«
Und nun saß Dr. Junz in einem der Vorzimmer des Ministeriums für florinische Angelegenheiten und wartete inmitten all der florinischen Ameisen, die rastlos durch die Labyrinthe der Bürokratie huschten, ungeduldig darauf, daß die trägen Mühlen zu mahlen aufhörten und er vorgelassen wurde.
Endlich stand ein älterer, im Dienst ergrauter Floriner vor ihm.
»Dr. Junz?«
»Ja.«
»Kommen Sie mit.«
Eine Zahl auf einem Bildschirm wäre eine ebenso geeignete Methode gewesen, ihn aufzurufen, und ein Fluoro-Streifen in der Luft hätte ihm den Weg weisen können, aber wo Arbeitskräfte billig sind, braucht man keinen Ersatz. In Dr. Junz’ Vorstellung waren Arbeitskräfte nicht ohne Grund ausschließlich Männer. Er hatte in einem sarkitischen Ministerium noch nie eine Frau gesehen. Florinas Frauen blieben, mit Ausnahme von Hausangestellten, für
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