Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
wenn Sie jetzt mit mir kommen, wird er sprechen. Mir hat er nur gesagt, die Erde kenne eine Möglichkeit, anderswo alles Leben zu vernichten, und ich muß ihm glauben. Er hat sich noch nie geirrt.«
Sie hatte vor Eifer ganz rote Wangen bekommen. Arvardan hätte sie am liebsten gestreichelt. (Hatte er wirklich einmal Abscheu empfunden, wenn er sie berührte? Was ging bloß mit ihm vor?)
»Ist es schon nach zehn?« fragte Pola.
»Ja«, antwortete er.
»Dann müßte er jetzt oben sein – wenn man ihn nicht erwischt hat.« Fröstelnd sah sie sich um. »Man kann von der Garage aus ins Haus gelangen. Wenn Sie mitkommen würden…«
Sie hatte schon die Hand am Griff, um die Wagentür zu öffnen, als sie erstarrte. »Da ist jemand«, zischte sie. »Oh, schnell…«
Weiter kam sie nicht. Arvardan hatte ihre Bitte nicht vergessen. Er riß sie in die Arme, und im nächsten Augenblick lag sie warm und weich an seiner Brust. Ihre Lippen berührten zitternd die seinen, er drohte in ihrem Liebreiz zu versinken…
Zehn Sekunden lang verdrehte er noch die Augen, um den ersten Lichtstrahl zu erfassen, den ersten Schritt zu hören, doch dann schlugen die Wogen der Erregung über ihm zusammen und rissen ihn mit sich fort. Er war geblendet wie von tausend Sternen, und sein eigener Herzschlag übertönte jedes andere Geräusch.
Sie rückte von ihm ab, doch er suchte noch einmal ihre Lippen und fand sie auch. Seine Arme spannten sich, sie drückte sich an ihn, und ihr Herz schlug im Takt mit dem seinen.
So verharrten sie eine ganze Weile, und als sie sich endlich voneinander lösten, blieben sie noch einen Moment Wange an Wange sitzen.
Arvardan war zum ersten Mal verliebt. Diesmal scheute er vor dem Wort nicht mehr zurück.
Warum auch? Erdenmädchen oder nicht, die ganze Galaxis kannte nicht ihresgleichen.
Er lächelte verträumt: »Es ist wohl nur ein Wagen vorbeigefahren.«
»Nein«, flüsterte sie. »Ich habe gar kein Geräusch gehört.«
Er hielt sie auf Armeslänge von sich ab, aber sie wich seinem Blick nicht aus. »Du kleines Teufelchen. Ist das dein Ernst?«
Ihre Augen funkelten. »Ich wollte, daß du mich küßt, und ich bereue nichts.«
»Glaubst du, ich etwa? Und jetzt mußt du mich noch einmal küssen, diesmal nur, weil ich es will.«
Wieder verging ein langer, langer Augenblick, dann befreite sie sich, strich sich das Haar glatt und zog mit züchtigen, knappen Bewegungen den Kragen ihres Kleids gerade. »Wir gehen jetzt besser ins Haus. Mach die Scheinwerfer aus. Ich habe eine kleine Stableuchte.«
Er stieg nach ihr aus dem Wagen. Wie ein Schatten schwebte sie hinter dem dünnen Strahl der Taschenlampe durch das Dunkel.
»Gib mir die Hand«, sagte sie. »Es geht eine Treppe hinauf.«
Kaum hörbar flüsterte er: »Ich liebe dich, Pola.« Der Satz ging ihm wie von selbst über die Lippen – es waren genau die richtigen Worte. Und so wiederholte er sie noch einmal: »Ich liebe dich, Pola.«
Und sie gab leise zurück: »Du kennst mich doch kaum.«
»Nein. Ich kenne dich schon mein Leben lang. Ich schwöre es! Mein ganzes Leben lang. Pola, seit zwei Monaten denke ich an dich, träume von dir. Ich schwöre es.«
»Ich bin ein Erdenmädchen, mein Bester.«
»Dann werde ich ein Erdenmann sein. Gib mir eine Chance.«
Er hielt sie fest und drückte ihre Hand sanft nach oben, bis der Strahl der Taschenlampe ihr gerötetes, tränennasses Gesicht erfaßte. »Warum weinst du?«
»Wenn mein Vater dir gesagt hat, was er weiß, wirst du kein Erdenmädchen mehr lieben können.«
»Ich bitte dich noch einmal: Gib mir eine Chance.«
15
DER SPIESS WIRD UMGEDREHT
Arvardan und Shekt trafen sich in einem Hinterzimmer im zweiten Stockwerk des Hauses. Die Fenster hatte man vorsichtshalber polarisiert, so daß sie völlig undurchsichtig waren. Pola saß im Erdgeschoß in einem Sessel und beobachtete wachsam und mit gespitzten Ohren die dunkle, leere Straße.
Shekt ging immer noch gebückt, dennoch wirkte er irgendwie anders, als Arvardan ihn zehn Stunden zuvor kennengelernt hatte. Das Gesicht des Physikers war nach wie vor verhärmt und von tiefer Müdigkeit gezeichnet, doch anstelle von Unschlüssigkeit und Angst spiegelte sich jetzt ein geradezu verzweifelter Trotz darin.
»Dr. Arvardan«, begann er mit fester Stimme, »ich möchte mich für mein Verhalten heute morgen entschuldigen. Ich hatte gehofft, Sie würden verstehen…«
»Was nicht der Fall war, wie ich zugeben muß, aber inzwischen ist mir, denke
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