Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
und halbwegs sauberen Raum unter.
Als sie zum ersten Mal seit zwölf Stunden zu essen bekamen, griffen sie trotz aller Bedenken herzhaft zu. Auch eine weitere Annehmlichkeit der Zivilisation, ein Bad, verschmähten sie nicht.
Doch der Raum war bewacht, und als Stunde um Stunde verrann, riß Arvardan endlich die Geduld, und er schrie: »Haben wir denn nur das Gefängnis gewechselt?«
Ringsum lief die sinnlose Maschinerie des Kasernenalltags weiter. Niemand nahm von den vieren Notiz. Schwartz war eingeschlafen. Als Arvardans Blick zu ihm hinüberwanderte, schüttelte Shekt den Kopf.
»Nein«, sagte er. »Sie dürfen nichts Übermenschliches verlangen. Der Mann ist am Ende. Lassen Sie ihn in Ruhe.«
»Aber wir haben nur noch neununddreißig Stunden.«
»Ich weiß – warten Sie trotzdem.«
Endlich ließ sich eine kühle, etwas spöttische Stimme vernehmen: »Wer von Ihnen behauptet, Bürger des Imperiums zu sein?«
Arvardan sprang vor. »Ich. Das bin ich…«
Dann versagte ihm die Stimme, denn er hatte den Sprecher erkannt. Der lächelte eisig. Sein linker Arm wirkte, ein bleibendes Andenken an ihre letzte Begegnung, ein wenig steif.
Pola flüsterte von hinten: »Bei, das ist doch der Offizier – der aus dem Kaufhaus.«
»Dem er den Arm gebrochen hat«, ergänzte der Neuankömmling scharf. »Ich heiße Lieutenant Claudy, und Sie, ja, Sie sind es tatsächlich. Sie stammen also aus dem Sirius-Sektor. Und doch machen Sie sich mit diesem Pöbel gemein? Bei der Galaxis, wie tief kann ein Mensch sinken! Sie schleppen das Mädchen ja immer noch mit sich herum.« Er wartete einen Augenblick, dann sagte er langsam und mit Nachdruck: »Die Erdlings-Squaw!«
Arvardan knirschte mit den Zähnen, aber er nahm sich zusammen. Er durfte nicht… noch nicht…
Er zwang sich zur Bescheidenheit. »Könnte ich bitte den Colonel sprechen, Lieutenant?«
»Der Colonel ist im Augenblick leider nicht im Dienst.«
»Heißt das, er ist nicht in der Stadt?«
»Das habe ich nicht gesagt. Er wäre schon zu erreichen – in wirklich dringenden Angelegenheiten.«
»Es ist dringend. – Kann ich den diensthabenden Offizier sprechen?«
»Der diensthabende Offizier bin im Moment ich.«
»Dann rufen Sie den Colonel an.«
Doch der Lieutenant schüttelte langsam den Kopf. »Das kann ich nicht verantworten, solange ich vom Ernst der Lage nicht überzeugt bin.«
Arvardan zitterte vor Ungeduld. »Bei der Galaxis, hören Sie doch auf, mich hinzuhalten! Es geht um Leben und Tod.«
»Tatsächlich?« Lieutenant Claudy schwenkte in dandyhafter Manier sein Offiziersstöckchen. »Warum flehen Sie nicht mich an, Ihnen Audienz zu gewähren?«
»Schon gut. – Ich warte.«
»Ich sagte – Sie könnten mich anflehen.«
»Würden Sie mir Audienz gewähren, Lieutenant?«
Doch auf dem Gesicht des Lieutenant erschien kein Lächeln. »Ich sagte, anflehen – vor dem Mädchen. In aller Demut.«
Arvardan schluckte und wich zurück. Er spürte Polas Hand an seinem Ärmel. »Bitte, Bel. Du darfst ihn nicht wütend machen.«
Der Archäologe knurrte heiser: »Bel Arvardan von Sirius fleht den diensthabenden Offizier in aller Demut an, ihm Audienz zu gewähren.«
»Das kommt darauf an«, sagte Lieutenant Claudy.
Er trat einen Schritt auf Arvardan zu und schlug ihm blitzschnell mit der flachen Hand auf den Verband, der die Platzwunde auf seiner Wange schützte.
Arvardan blieb die Luft weg. Nur mit Mühe unterdrückte er einen Aufschrei.
»Früher hatten Sie was gegen Ohrfeigen«, sagte der Lieutenant. »Jetzt nicht mehr?«
Arvardan schwieg.
»Audienz bewilligt«, sagte der Lieutenant.
Vier Soldaten traten vor und nahmen Arvardan in die Mitte. Lieutenant Claudy ging voran.
Shekt und Pola blieben mit dem schlafenden Schwartz allein. Shekt sagte: »Ich höre ihn nicht mehr. Und du?«
Pola schüttelte den Kopf. »Ich auch nicht, schon eine ganze Weile nicht mehr. Vater, glaubst du, sie werden Bel etwas antun?«
»Wie könnten sie denn?« gab der alte Physiker sanft zurück. »Du vergißt, daß er eigentlich keiner von uns ist. Einen Bürger des Imperiums kann man nicht so ohne weiteres schikanieren… Du hast dich in ihn verliebt, nehme ich an?«
»O ja, ganz schrecklich, Vater. Ich weiß, es ist albern.«
»Natürlich ist es das.« Shekts Lächeln war bitter. »Ich will nicht bestreiten, daß er es ehrlich meint. Aber was kann er denn schon tun? Kann er mit uns hier leben, auf dieser Welt? Kann er dich mit nach Hause nehmen? Ein Erdenmädchen
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