Foundation 07: Die Rettung des Imperiums
etwas, woraus ich nach Manipulation vermittels irgendeines Systems der mathematischen Logik folgern kann: ›Diese Gruppe von Menschen neigt zu mehr Religiosität als jene‹, vorausgesetzt, daß folgende Kriterien erfüllt sind, und demzufolge wird die Menschheit, wenn sie in dieser Weise stimuliert wird, folgendermaßen reagieren.«
»Wie schrecklich«, sagte Dors. »Da stellen Sie menschliche Wesen als einfache mechanische Vorrichtungen hin. Man drücke einen Knopf, und irgend etwas zuckt.«
»Nein, weil es viele Knöpfe gibt, die gleichzeitig in unterschiedlichem Maß gedrückt werden und so viele unterschiedliche Reaktionen erzeugen, daß insgesamt die Vorhersagen der Zukunft statistischer Natur sein werden, so daß individuelle menschliche Wesen durchaus frei bleiben.«
»Wie können Sie das wissen?«
»Ich kann es nicht«, sagte Seldon. »Zumindest weiß ich es nicht. Ich fühle, daß es so ist. Ich bin der Meinung, daß die Dinge so sein sollten. Wenn ich die Axiome finden kann, die grundlegenden Gesetze der Humanik sozusagen und die nötige mathematische Vorgehensweise, dann werde ich meine Psychohistorik haben. Ich habe bewiesen, daß das theoretisch möglich ist…«
»Aber nicht praktikabel, stimmt’s?«
»Das sage ich immer wieder.«
Ein kleines Lächeln spielte um Dors’ Lippen. »Und ist es das, was Sie tun, Hari – suchen Sie irgendeine Lösung für dieses Problem?«
»Das weiß ich nicht. Ich schwöre Ihnen, ich weiß es nicht. Aber Chetter Hummin ist so darauf erpicht, eine Lösung zu finden, und aus irgendeinem Grund bin ich darauf erpicht, ihm die Freude zu machen. Er ist ein Mann von großer Überzeugungsgabe.«
»Ja, das weiß ich.«
Seldon ging nicht auf die Bemerkung ein, aber sein Gesicht verdüsterte sich. Er fuhr fort: »Hummin besteht darauf, daß das Imperium sich im Zustand des Zerfalls befindet, daß die Psychohistorik die einzige Hoffnung ist, um es zu retten – um den Niedergang zu verlangsamen – und daß ohne sie die Menschheit zerstört werden wird oder zumindest eine lange Periode großen Leides durchmachen muß. Und die Verantwortung dafür, dies zu verhindern, scheint er mir zuzuschieben. Nun wird das Imperium ganz sicher meine Zeit überdauern, aber wenn ich unbelastet leben will, dann muß ich diese Verantwortung von meinen Schultern herunterbekommen. Ich muß mich überzeugen – und sogar Hummin überzeugen –, daß die Psychohistorik keinen praktikablen Ausweg bietet; daß man sie trotz aller Theorie nicht weiterentwickeln kann. Also muß ich möglichst vielen Hinweisen nachgehen und aufzeigen, daß keiner dieser Hinweise zum Erfolg führen kann.«
»Hinweise? Indem Sie in der Geschichte eine Zeit herauspicken, wo die menschliche Gesellschaft kleiner war als sie jetzt ist?«
»Viel kleiner. Und viel weniger komplex.«
»Und aufzeigen, daß es dennoch keine praktikable Lösung gibt?«
»Ja.«
»Aber wer wird Ihnen diese Welt der frühen Vorzeit beschreiben? Wenn die Mykogenier wirklich eine Vorstellung von der Galaxis der Grauen Vorzeit besitzen, dann wird Sonnenmeister diese ganz sicherlich nicht einem Stammesmann offenbaren. Kein Mykogenier wird das tun. Dies ist eine geschlossene Gesellschaft – wie viele Male haben Sie das selbst eigentlich schon gesagt? – Und die Angehörigen dieser Gesellschaft betrachten die Außenwelt mit solchem Argwohn, daß es an Verfolgungswahn grenzt. Sie werden uns nichts sagen, gar nichts.«
»Ich muß mir eben irgendeinen Trick einfallen lassen, um irgendwelche Mykogenier zum Reden zu bringen. Diese Schwestern beispielsweise.«
»Die werden Sie nicht einmal hören, Mann, der Sie sind, ebensowenig wie Sonnenmeister mich hört. Und selbst wenn sie wirklich mit Ihnen reden sollten, was würden die dann schon wissen, abgesehen vielleicht von ein paar Schlagworten?«
»Irgendwo muß ich aber doch anfangen.«
»Nun, lassen Sie mich überlegen«, sagte Dors. »Hummin sagt, ich muß Sie schützen, und das interpretiere ich so, daß ich Ihnen, wo immer ich kann, helfen muß. Was weiß ich über Religion? Sie müssen wissen, das liegt weit ab von meiner Spezialität. Ich habe immer mit wirtschaftlichen Kräften zu tun gehabt, nicht etwa mit philosophischen, aber man kann die Geschichte natürlich in kleine, sich nicht überlappende Abschnitte aufspalten. Religionen tendieren beispielsweise dazu, wenn sie erfolgreich sind, Wohlstand anzusammeln, und das führt am Ende zu Verwerfungen in der wirtschaftlichen Entwicklung einer
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