Foundation 08: Foundation
gesehen. In diesen verängstigten,
verzweifelten Augen war – kurz wie ein Blitz – kalte
Belustigung aufgeflammt.
Eine ungeheure, unmenschliche Belustigung.
Es war ein bißchen viel verlangt, in einem schnellen
Flackern eines Augenpaars so etwas zu erkennen. Aber Arcadia
zweifelte sicher nicht an dem, was sie gesehen hatte.
Jetzt rannte sie – rannte wild – suchte verzweifelt nach
einer freien öffentlichen Zelle, in der man mit Knopfdruck ein
Fahrzeug herbeirufen konnte.
Sie lief nicht vor Lord Stettin davon, nicht vor ihm und nicht vor
all den menschlichen Bluthunden, die er auf ihre Fährte setzen
konnte. Sie wäre nicht einmal davongelaufen, wenn er all seine
siebenundzwanzig Welten zu einem gigantischen Phänomen
hätte zusammenrollen können, das ihrem Schatten
nachschrie.
Sie lief vor einer einzigen schwachen Frau davon, die ihr geholfen
hatte zu fliehen. Vor einem Wesen, von dem sie mit Geld und Schmuck
überhäuft worden war, das sein eigenes Leben aufs Spiel
setzte, um sie zu retten. Vor einer Wesenheit, die sie mit absoluter
Gewißheit als eine Frau von der Zweiten Foundation erkannt
hatte.
Ein Taxi landete mit leisem Klicken auf dem Schlitten. Der
Luftstrom streifte Arcadias Gesicht und bewegte die Haare unter der
mit weichem Pelz besetzten Kapuze, die Callia ihr gegeben hatte.
»Wohin, Lady?«
Sie bemühte sich verzweifelt, ihrer Stimme einen tieferen Ton
zu geben, damit sie nicht wie die eines Kindes klang. »Wie viele
Raumhäfen gibt es in der Stadt?«
»Zwei. Zu welchem wollen Sie?«
»Welcher ist näher?«
Er starrte sie an. »Kalgan Central, Lady.«
»Dann bitte zu dem anderen. Ich habe das Geld.« Sie
hielt eine Zwanzig-Kalganid-Note in der Hand. Die Zahl auf dem Schein
bedeutete ihr nichts, aber der Taxi-Mann grinste anerkennend.
»Wohin Sie wollen, Lady. Skyline-Taxis bringen Sie
überall hin.«
Arcadia kühlte ihre Wange an der etwas muffigen Polsterung.
Die Lichter der Stadt zogen gemächlich unter ihr dahin.
Was sollte sie tun? Was sollte sie tun?
In diesem Augenblick wurde ihr klar, daß sie ein dummes, dummes kleines Mädchen war, fern von seinem Vater und
voller Angst. In ihren Augen standen Tränen, und tief unten in
ihrer Kehle steckte ein lautloser Schrei, der weh tat.
Sie fürchtete nicht, daß Lord Stettin sie einfangen
würde. Dafür sorgte sicher Lady Callia. Lady Callia! Alt,
dick, dumm, aber irgendwie hatte sie ihren Lord im Griff. Oh, jetzt
war ihr das natürlich klar. Alles war klar.
Dieser Tee mit Callia, bei dem sie so schlau gewesen war. Kluge
kleine Arcadia! Etwas in ihrem Innern würgte und haßte
sich selbst. Dieser Tee war geplant gewesen, und dann war Stettin
wahrscheinlich dahin manövriert worden, daß er Homir doch
noch erlaubte, den Palast zu besichtigen. Sie, die dumme
Callia, hatte es gewollt und es so arrangiert, daß die schlaue
kleine Arcadia ihr einen narrensicheren Vorwand lieferte, der in den
Köpfen der Opfer keinen Verdacht erregte und ihrerseits nur ein
Minimum an Einmischung erforderte.
Warum war sie dann in Freiheit? Homir war natürlich
gefangen…
Konnte der Grund sein…?
Sollte sie als Köder in die Foundation zurückkehren
– um andere in die Hände von denen zu
führen?
Also durfte sie nicht in die Foundation
zurückkehren…
»Raumhafen, Lady.« Das Lufttaxi hatte angehalten.
Seltsam! Sie hatte es nicht einmal bemerkt.
Was war das für eine Traumwelt!
»Danke.« Sie schob ihm den Schein zu, ohne etwas zu
sehen, stolperte aus der Tür und rannte über das federnde
Pflaster.
Lichter. Sorglose Männer und Frauen. Große schimmernde
Anzeigetafeln mit den sich bewegenden Ziffern, die jedem einzelnen
Raumschiff bei Ankunft und Abfahrt folgten.
Wohin sollte sie sich wenden? Es kümmerte sie nicht. Sie
wußte nur, daß sie nicht zur Foundation reisen
würde. Jeder andere Ort war ihr recht.
Oh, Seldon sei Dank für diesen unbewachten Augenblick, diesen
letzten Sekundenbruchteil, als Callia es sich gestattete, aus der
Rolle zu fallen, weil sie es nur mit einem Kind zu tun hatte, und
ihre Belustigung durchblicken ließ.
Und dann fiel Arcadia etwas anderes ein, etwas, das seit Beginn
des Fluges ganz unten in ihrem Gehirn herumgefuhrwerkt hatte –
etwas, das der Vierzehn in ihr für immer den Garaus machte.
Und ihr wurde klar, ihr mußte die Flucht
gelingen.
Das ging allem anderen vor. Auch wenn sie jeden Verschwörer
der Foundation aufspürten, auch wenn sie ihren eigenen Vater
fingen, sie wagte keine Warnung.
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