Foundation 09: Die Suche nach der Erde
irgendein Paar. Jedes ist eine andere Konstruktion, die die Wand – und jedes sonstige unbelebte Objekt, das Sie dadurch anschauen – unter einem andersartigen Aspekt des Bewußtseins dieses jeweiligen Objekts zeigt.«
Pelorat hob ein Paar Linsen an seine Augen, und tatsächlich hafteten sie sofort. Bei der Berührung fuhr er zusammen, dann stand er für eine längere Weile reglos da.
»Wenn Sie genug haben«, sagte Dom, »legen Sie die Hände an die Seiten der Partizipationsbrille und drücken Sie die Linsen gegeneinander. Dann lösen sie sich ohne Umstände.«
Pelorat tat es, zwinkerte heftig, rieb sich die Augen. »Was für eine Erfahrung haben Sie gemacht?« fragte Dom nach.
»Schwer zu beschreiben«, antwortete Pelorat. »Die Wand schien zu glitzern und zu schillern, und manchmal schien es, als wolle sie sich verflüssigen. Sie schien Rippen und eine veränderliche Symmetrie zu haben. Ich… ich bedaure, Dom, aber ich fand es nicht sonderlich attraktiv.«
Dom seufzte. »Da Sie keinen Anteil an Gaia haben, können Sie nicht erkennen, was wir sehen. Das habe ich schon mit ziemlicher Sicherheit befürchtet. Wie schade! Ich versichere Ihnen, man schätzt diese Partizipationsbrillen hauptsächlich wegen ihres ästhetischen Werts, aber sie haben durchaus auch praktischen Nutzen. Eine zufriedene Wand ist eine langlebige Wand, eine praktische, eine nützliche Wand.«
»Eine zufriedene Wand?« wiederholte Trevize und lächelte andeutungsweise.
»Es gibt sehr wohl eine schwache Wahrnehmung, die besagt, daß eine Wand etwas empfinden kann, was bei uns Menschen ›Zufriedenheit‹ heißt«, erklärte Dom. »Eine Wand ist zufrieden, wenn sie gut gebaut ist, fest auf ihrem Fundament ruht, wenn ihre Komponenten sich in ausgeglichenem Gleichgewicht befinden und keine unschönen Spannungen entstehen. Schon mit den mathematischen Grundlagen der Mechanik kann man eine gute Mauer bauen, aber dank der Verwendung einer geeigneten Partizipationsbrille ist Feinarbeit bis in buchstäblich atomare Dimensionen möglich. Hier auf Gaia kann kein Bildhauer ein erstklassiges Kunstwerk ohne eine gutgefertigte Partizipationsbrille schaffen, und die Modelle, die ich herstelle, gelten als von hervorragender Qualität – falls ich das selbst dazu bemerken darf.« Dom sprach nun in der Art von angeregter Lebhaftigkeit weiter, wie man sie bei Leuten erleben kann, die ganz für ihr Hobby leben. »Animatisierte Partizipationen, die nicht mein Fachgebiet sind, gewährleisten uns – analog zu dem hier – direkte Wahrnehmungen im Bereich des ökologischen Gleichgewichts. Auf Gaia ist das ökologische Gleichgewicht ziemlich simpel, wie eigentlich auf der Mehrzahl aller Welten, aber wir hier haben die Hoffnung, es komplexer gestalten und damit das ganze Kollektivbewußtsein enorm bereichern zu können.«
Trevize hob die Hand, um Pelorat zuvorzukommen, und veranlaßte ihn mit einem Wink zum Schweigen. »Woher wollen Sie wissen«, fragte er, »ob ein Planet ein komplexeres ökologisches Gleichgewicht verkraften kann, wenn so gut wie alle Welten eine simple Ökologie aufweisen?«
»Aha, Sie möchten mich altes Haus auf die Probe stellen«, meinte Dom mit schlauem Funkeln in den Augen. »Sie wissen so gut wie ich darüber Bescheid, daß die Ursprungswelt der Menschheit, die Erde, ein ungeheuer komplexes ökologisches Gleichgewicht besessen hat. Die Sekundärplaneten – die Welten, die später besiedelt worden sind – zeichnen sich durch eine eher bescheidene Ökologie aus.«
»Das ist genau das Problem, in dem ich meine Lebensaufgabe sehe«, sagte Pelorat. »Warum hat nur die Erde eine so vielschichtig differenzierte Ökologie gehabt? Worin war sie von anderen Welten verschieden? Weshalb haben Millionen und Abermillionen von Welten überall in der Galaxis – lauter Welten, die sich zum Tragen von Leben eignen – nur obskure Vegetation und kleine, unintelligente Formen animalischen Lebens entwickelt?«
»Wir kennen darüber eine Geschichte«, entgegnete Dom. »Vielleicht handelt es sich bloß um eine Fabel. Ich kann nicht für die Authentizität bürgen. Bei oberflächlicher Betrachtung klingt sie tatsächlich ganz nach reiner Fiktion.«
In diesem Moment trat Wonne ein, die an dem Essen nicht teilgenommen hatte, und lächelte Pelorat an. Sie trug eine silbrige, äußerst hauchdünne Bluse.
Sofort sprang Pelorat auf. »Ich dachte, Sie hätten uns Adieu gesagt.«
»Keineswegs. Ich hatte einen Bericht zu machen und sonstige Arbeiten zu
Weitere Kostenlose Bücher