Foundation 09: Die Suche nach der Erde
schattenhaft
sah, waren kräftig, aber ihre Beine verschmälerten sich
unten zu anmutigen Knöcheln. Ihr Haar war dunkel und
schulterlang, die Augen waren groß und braun, die Lippen voll
und leicht ungleichmäßig.
Sie blickte an sich hinunter und löste die Frage des
Verständigungsproblems, indem sie meinte: »Sehe ich nicht wie ein Mensch aus?«
Sie sprach das Galakto-Standard mit einem ganz geringfügigen
Zögern, als müsse sie sich ein wenig um die richtige
Aussprache bemühen.
Pelorat nickte. »Ich kann’s nicht leugnen«, sagte
er mit ansatzweisem Lächeln. »Sehr menschlich. Wundervoll
menschlich.«
Die junge Frau breitete die Arme aus, als fordere sie zu genauerer
Untersuchung auf. »Das will ich doch hoffen, Gentlemen. Für
diesen Körper sind schon Männer gestorben.«
»Ich würde lieber dafür leben«, erwiderte
Pelorat, selber leicht überrascht über diese Anwandlung von
Charme.
»Eine gute Entscheidung«, sagte die Frau ernsthaft.
»Sobald man diesen Leib berührt, wird alles Stöhnen
zum Stöhnen der Ekstase.«
Sie lachte, und Pelorat lachte mit ihr.
»Wie alt sind Sie?« raunzte Trevize, der dem
Gespräch mit finster gerunzelter Stirn zugehört hatte, die
Frau an.
Sie schrak, hatte es den Anschein, ein bißchen zurück.
»Dreiundzwanzig… Gentleman.«
»Warum sind Sie zu uns gekommen? Welche Absichten verfolgen
Sie hier?«
»Ich bin gekommen, um Sie nach Gaia zu bringen.« Ihre
Beherrschung des Galakto-Standard ließ ein wenig nach, und ihre
Vokale neigten zum Diphthongieren. Das ›gekommen‹ klang aus
ihrem Mund wie ›gekommemb‹, ›Gaia‹ wie
›Geier‹.
»Ein Mädchen als Eskorte?«
Die Frau straffte ihre Haltung, und plötzlich machte sie den
Eindruck einer Person, die alles unter Kontrolle hat. »Ich bin
Gaia«, sagte sie, »so gut wie jeder andere. Das ist meine
Schicht auf der Station.«
»Ihre Schicht? Waren Sie die einzige Person an
Bord?«
»Mehr ist nicht nötig.« Sichtlicher Stolz.
»Und nun ist sie leer?«
»Ich halte mich nicht länger dort auf, Gentlemen, aber
sie ist nicht leer. Sie ist da.«
»Sie? Wen meinen Sie?«
»Die Station. Sie ist Gaia. Sie braucht mich nicht. Sie
hält Ihr Schiff fest.«
»Wenn sie Sie nicht braucht, was haben Sie dann in der
Station gemacht?«
Pelorat hatte Trevize schon einmal am Ärmel gezupft, war
jedoch abgeschüttelt worden. Jetzt versuchte er es nochmals.
»Golan«, sagte er eindringlich und halb im Flüsterton,
»schreien Sie sie nicht an. Sie ist ein Mädchen.
Überlassen Sie mir die Sache.«
Trevize schüttelte ärgerlich den Kopf, aber Pelorat
ergriff bereits die Initiative. »Junge Frau«, erkundigte er
sich, »wie lautet Ihr Name?«
Die Frau lächelte mit plötzlicher sonniger
Freundlichkeit, als wüßte sie den höflicheren Ton
sehr zu schätzen. »Wonne«, gab sie zur Antwort.
»Wonne?« wiederholte Pelorat. »Ein sehr
hübscher Name. Aber das ist doch sicherlich nicht
alles?«
»Natürlich nicht. Das wäre was, einen Namen mit
bloß zwei Silben zu haben. Er würde in jeder Sektion
dupliziert, sodaß wir einer den anderen nicht mehr voneinander
unterscheiden könnten, und die Männer würden für
den falschen Körper sterben. Mein vollständiger Name lautet
Ywonnobiarella.«
»Na, das ist doch was!«
»Was? Sieben Silben? Das ist wenig. Ich habe Bekannte mit
Namen von fünfzehn Silben, und sie werden’s nie müde,
sich neue Kombinationen für ihre Freunde auszudenken. Seit ich
fünfzehn geworden bin, ist es bei mir bei Wonne geblieben. Meine
Mutter hat mich früher ›Bibbi‹ genannt, falls Sie sich
so was überhaupt vorstellen können.«
»Im Galakto-Standard bedeutet ›Wonne‹ soviel wie
›Ekstase‹ oder ›Glückseligkeit‹«, sagte
Pelorat.
»In der gaianischen Sprache auch. Sie ist nicht sehr verschieden vom Standard, und ›Ekstase‹ ist genau die
Bedeutung, die mein Name vermitteln soll.«
»Mein Name ist Janov Pelorat.«
»Das weiß ich. Und der andere Gentleman – dieser
Schreihals – ist Golan Trevize. Wir haben Nachricht von Sayshell
erhalten.«
»Wie haben Sie diese Nachricht erhalten?« fragte Trevize
sofort, die Augen mißtrauisch zusammengekniffen.
Wonne wandte sich ihm zu. »Nicht ich habe sie erhalten,
sondern Gaia«, erwiderte sie gelassen.
»Miss Wonne«, fragte Pelorat, »dürfen mein
Partner und ich uns einen Moment lang allein unterhalten?«
»Ja, freilich, aber Sie wissen, alles muß
weitergehen.«
»Es wird nicht lange dauern.« Pelorat zog kraftvoll
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