Fränkisch Schafkopf
Oder gab es da mit der Bank Schwierigkeiten?«
»Nein, meines Wissens hatte der kein Sparbuch. Und ich hab wirklich sorgfältig gearbeitet. Alles, was es an Kontobewegungen gab, liegt vor Ihnen auf diesem Stapel. Beginnend ab dem Jahr 2002.«
»Seltsam ist das schon. Wovon hat der denn gelebt? Haben Sie sich die Kontoauszüge mal angesehen?«
»Ja, flüchtig. Haben Sie auch das mit der Ãberweisung von Heinrich und der von Weberknecht gesehen? Wissen Sie, was ich glaube, Frau Steiner? Dass der noch andere Quellen hatte, die er anzapfen konnte. Vielleicht seine beiden Neffen?«
»Das glaube ich weniger. Als Student kann man nicht einfach so ein paar tausend Euro aus dem Ãrmel schütteln. Und Frau Harrer wird ihnen kaum Geld dafür gegeben haben, damit sie ihren Onkel unterstützen.«
»Trotzdem, die frag ich morgen früh einfach danach.«
»Haben Sie denn schon einen Termin mit ihnen ausgemacht?«
»Ja. Ich hab zwar bloà den einen erwischt, den Tobias Harrer, aber der wollte es seinem Bruder ausrichten. Auf jeden Fall treffe ich die beiden morgen um neun Uhr in der Früh.«
»Daheim?«, fragte Paula erstaunt.
»Nein, das wollte er nicht. Wir treffen uns in der Cafeteria von der WiSo. Dort studieren ja beide Brüder.«
»Gut, das haben Sie sehr gut gemacht«, lobte sie diese auÃergewöhnliche Eigenmächtigkeit ihrer Mitarbeiterin, die lieber auf Anordnung handelte. Es schien, als wollte Eva Brunner ihre Scharte, die Verdächtigungen gegenüber Heinrich, wieder auswetzen.
Und ebenso offensichtlich war, dass sich Frau Brunner über dieses Lob freute. So fügte sie strahlend hinzu: »Wie gesagt, wenn Sie wollen, komme ich natürlich auch gern zu diesem Eigner mit.«
»Nein, das braucht es wirklich nicht. Zumal ich davor noch einen anderen Termin, einen ziemlich heiklen, habe.« Welchen, lieà sie offen. Und sie war auch froh, dass Eva Brunner nicht danach fragte, sie nur erstaunt ansah.
»Dann bin ich ja für heute fertig. Wenn Sie also nichts mehr für mich haben, was ich erledigen könnte, gehe ich jetzt heim, oder?«
»Ja, gern, das machen Sie«, sagte Paula. »Ich fürchte nämlich, morgen wartet ein Haufen Arbeit auf uns. In die Wohnung des Opfers müssen wir auch noch mal. Die Spurensicherung hat dort bis jetzt weder ein Telefon gefunden noch ein Handy, hat mir Klaus Zwo gesagt. Danach müssen wir suchen. Und nach Dokumenten wie Zeugnissen, Studienbelegen, Wertpapieren und der Besitzurkunde der Wohnung. Und vor allem nach Unterlagen, die Jakobsohns finanzielle Verhältnisse erklären.«
Nachdem Frau Brunner gegangen war, zog sie ihre Jacke an, löschte das Licht und ging ebenfalls.
Zehn Minuten später stand sie am Plärrer vor einer der zahlreichen Ampeln und wartete ungeduldig, dass diese endlich auf Grün schaltete. Eine geschlagene halbe Stunde brauchte sie für die wenigen Meter vom Spittlertorgraben bis zur Einmündung in die Fürther StraÃe. Nochmals eine knappe Stunde dauerte es, bis sie den Wagen endlich in der Nähe des Budapester Platzes parken konnte.
Als sie bei »Bartels, H./Bartels, A.« klingelte, sah sie auf die Uhr. Kurz nach neunzehn Uhr. Die Tür sprang schon wenige Sekunden nach dem ersten Läuten auf. Paula stieg in den dritten Stock hoch und wunderte sich noch, dass Anna Bartels nicht wie sonst mit knarzender Stimme durchs Haus rief »Hallo, wer ist denn da?«.
Als sie den letzten Treppenabsatz hinter sich hatte, sah sie auch den Grund für diese Abweichung von der Regel â vor der Wohnungstür stand nämlich nicht Anna Bartels, sondern ihr Enkel Heinrich. Anscheinend hatte er kurz nach ihrem letzten Besuch das Klinikum verlassen. Ohne ihr Wissen. Und auch ohne das vom Kollegen Winkler? Wenn ja, dann würde sie ihm aber â¦
»Was machst du denn hier?«, fragte sie.
»Ich wohne hier. Schon vergessen?«, fragte Heinrich pikiert zurück. Mit einer knappen einladenden Geste bat er sie in die Wohnung.
Stumm folgte sie dieser Einladung. Heinrichs GroÃmutter, die soeben aus der Küche lugte, winkte ihr freundlich zu.
»Bin ich froh, dass er wieder da ist, Frau Steiner! Sie doch auch, oder?«
Nein, war sie nicht. Aber sie hütete sich, ihr, die vor Freude über das ganze Gesicht strahlte, das zu sagen. Stattdessen griff sie ihren Mitarbeiter grob am Ãrmel und schubste ihn
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