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Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Titel: Fräulein Hallo und der Bauernkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
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fast aus dem Häuschen! Aber kaum ein paar Tage später erzählte mir meine Tochter, dass es in diesem Dorf eine ganze Reihe von Frauen aus Sichuan gibt, die alle von Menschenhändlern dorthin gebracht worden waren. Und sogar für die billigste hätten sie zweitausend Yuan verlangt.
    LIAO YIWU:
    Sie haben Ihre Töchter wer weiß wo an fremde Männer verheiratet, sind sie denn damit zurechtgekommen? Sie haben das Geld eingestrichen, aber Ihren Töchtern war jeder Rückweg verbaut.
    QIAN GUIBAO:
    Bauernmädels kommen nicht mit goldenen Löffeln auf die Welt! Was heißt hier zurechtkommen? Die Niet gehört in die Nut. Je öfter man sie rannimmt, umso hübscher werden die Frauen. Natürlich, wenn sie dann zwei Kinder auf die Welt gebracht haben, ist der Lack ab. Wie schon das Sprichwort sagt: »Vor dem Wurf noch goldne Tittchen, nachher nur noch Hundezitzen.«
    LIAO YIWU:
    Wie haben Sie dann den Wirkungskreis Ihrer, sagen wir, Unternehmungen vergrößert?
    QIAN GUIBAO:
    Zunächst einmal habe ich als die ehrliche Haut, die ich bin, im Dorf rote Hochzeitsleinen gezogen. Sie wissen, das sind die, mit denen man einen Jungen und ein Mädel, die einander versprochen sind, verbindet. Aber die Verantwortung war zu groß, ich habe mich völlig verausgabt, ich habe mir den Mund fusselig geredet, und die Erfolgsrate war nicht hoch. Ein Mädchen aus den Bergen, das sein Lebtag noch nicht aus seinem Kreis herausgekommen ist, und die soll man auf einmal dazu bringen, Haus und Hof zu verlassen und ein paar tausend Kilometer weiter weg zu heiraten? Ha, die hätten das nicht gemacht, nicht einmal wenn ich eine Tante von ihnen umgebracht hätte.
    Da lief nichts, mir blieb nichts anderes übrig, ich musste sie hinters Licht führen, ich musste ihnen erzählen, ich hätte im Norden ein Restaurant aufgemacht, ich würde Bedienungen anstellen, sie bekämen Lohn, samt Kost und Logis. Wenn das mit dem Job nicht zog, habe ich mir einfach ein Amtssiegel geschnitzt und Bescheinigungen ausgestellt, von wegen meine neue Firma suche Arbeiter. Ich habe dick aufgetragen, von wegen im Norden gäbe es viele Rinder und Schafe, die Wolle sei billig, also sei es das Natürlichste von der Welt, dort eine Weberei aufzumachen und Wollmäntel und Teppiche zu produzieren – ich posaunte hinaus, was mir gerade so einfiel.
    Ganz allmählich wurde meine Dreistigkeit immer größer, ich hatte mit großen Firmen in Lanzhou, Yinzhou und Henan geschäftliche Verbindungen, ich war dafür verantwortlich, dass die von mir georderte »Ware« an den vereinbarten Ort gebracht wurde, von wo aus sie von den »Firmen« weiterverteilt wurde.
    LIAO YIWU:
    Also provinzübergreifender Menschenhandel. Aber halt, wenn Sie sich dermaßen ins Zeug gelegt haben, um den Leuten in ihrem Dorf etwas »Gutes« zu tun, hatten Sie da keine Angst vor der Strafe Gottes?
    QIAN GUIBAO:
    Der Strafe Gottes? Gespenster und so feudalistischer Kram, was? Natürlich, wir sind einfache Bauern, und unsere Hochzeitsvermittlungen sind vielleicht manchmal nicht sonderlich, wie soll ich sagen, zivilisiert, zum Beispiel wird vorher die Meinung der weiblichen Seite nicht eingeholt. Aber auch nach den alten Traditionen auf dem Lande bekommen Mann und Frau sich vor der Hochzeit nicht zu Gesicht, erst, wenn sie das Hochzeitsgemach betreten und die Kopfbedeckung abgenommen ist, wissen sie, ob ihr Partner eine Hexe oder eine Fee ist.
    LIAO YIWU:
    Was für ein Hochzeitsgemach? Meines Wissens ist das eine reine Hinrichtungsstätte, eine Hand gibt das Geld, die andere die Ware. Aber Sie haben es gut, Sie zählen die Scheine – Sie stoßen einen Menschen in den Schlund der Hölle und lassen dann los. Viele dieser jungen Frauen werden sofort von ein paar Männern an Händen und Füßen festgehalten, damit ihr »Bräutigam« sie vergewaltigen kann. Außerdem werden sie gefesselt und so schlimm geprügelt, dass ihr Körper von Wunden übersät ist. Haben Sie in Ihrer Hochzeitsnacht Ihre Frau auch vergewaltigt?
    QIAN GUIBAO:
    Meine Frau? Vergewaltigt? Wie kommen Sie denn auf diese komische Idee? Aber natürlich, Sie sind aus der Stadt, dort gibt es Nachtclubs, Tanzlokale, selbst am Bahnhof, am Hafenkai, überall kann man Frauen kennenlernen. Und wenn man dünnhäutig ist oder einfach nichts Besonderes, kann man sich immer noch an eine offizielle Heiratsvermittlung wenden, man kann eine Heiratsanzeige in der Zeitung aufgeben, und wenn es diesmal nicht geklappt hat, klappt es vielleicht das nächste Mal.
    Auf dem Dorf ist

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