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Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Titel: Fräulein Hallo und der Bauernkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
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diesen Monaten und Jahren hat jeder, sobald er nur die Gelegenheit dazu bekam, seiner aufgestauten Wut freien Lauf gelassen, so dass oft selbst halbe Kinder mit einem Speer mit einer roten Troddel auf der Schulter herumliefen und auf der Straße die Passanten anhielten, damit sie aus Maos rotem Buch zitierten. Und wenn man einen Fehler machte, haben diese Kinder einen mit den Schwertern gestoßen und gezwungen, das Ganze zehn Mal zu wiederholen. Wenn wieder ein Fehler passierte, dann hatte man ein Problem mit der Einstellung und den Gefühlen zum großen Führer. Ich habe mich im Hauptquartier sehr oft um diese von Kindern herangeschafften Übeltäter gekümmert, ihre Einheit notiert, sie gezwungen, eine Selbstkritik zu schreiben, und wenn sie alles abstritten, dann konnte es Ohrfeigen setzen oder Schläge mit dem Riemen. Die fertigen Selbstkritiken wurden ausgehängt, und am Ende wurde schließlich ein Anführer der Rebellenorganisation der Einheit des Betreffenden herzitiert.
    LIAO YIWU:
    Diese Bewegung der Roten Garden hatte etwas von der Judenverfolgung der Nazis oder den großen Säuberungsaktionen Stalins.
    LIU WEIDONG:
    Das ist etwas an den Haaren herbeigezogen und reichlich übertrieben, in Wirklichkeit ging dem Kampf gegen die Kapitalisten am Ende die Luft aus, jeder gab jedes Verbrechen, das man ihm vorwarf, zu, jeder gestand alles, und so wurde das Ganze schnell zu einem toten Tiger. Im Gegensatz dazu war der Einfluss des Der-Osten-ist-rot-Korps nicht gering, es stützte die Autoritäten und protzte mit seiner Gerissenheit, sie hielten beide Seiten besetzt und haben am Ende den Kampf vom 4 . Februar für sich entschieden. Die Auseinandersetzung unserer beiden großen Fraktionen begann beim Kulturkampf und endete bei den Waffen, am Ende wurde mit Gewehren und Kanonen gekämpft. Trotzdem, Der-Osten-ist-rot hatte bei den Massen einen anrüchigen Ruf, am Ende verlor ihre ungerechte Sache jede Unterstützung, und wir haben den Kreis Yanting restlos von ihnen gesäubert.
    Die lebenden Menschen waren durch die Kämpfe niedergerungen, also folgten sie dem Aufruf des Führers, die Vier Alten Übel auszumerzen und die Vier Neuen Ziele aufzubauen und richteten die rote Fahne gegen die Tempel, die feudalistischen Aberglauben verbreiteten. Auch wenn Yanting ein kleiner Kreis war, gab es doch eine große Zahl von verschieden großen Tempeln, und die in den Fels gehauenen Buddhas konnte man gar nicht zählen. Mit den Tempeln hatten sie leichtes Spiel, ein paar Eisenstangen und von den unglasierten Tonstatuen war nichts mehr übrig, oder man schlug den Statuen einfach direkt den Kopf ab und zertrümmerte den Rest – das war anstrengender als das Durchsuchen von Häusern, das sie zuvor praktiziert hatten, aber es war auch einfacher, es war nicht nötig, reaktionäre Bücher, Briefe und Tagebücher als Beweismittel zu sichern.
    Die Zerstörung der Buddhas, die hoch oben in den Fels geschlagen waren, war nicht so einfach, man ließ die Leute an Seilen hinab, die dann ihr Werk mit Meißeln oder mit Sprengstoff vollendeten und danach die gleiche Stelle übergroß mit Parolen übermalten wie: »Lang lebe die proletarische Kulturrevolution! Lang lebe der Vorsitzende Mao! Lang, lang, lang!«
    Das Neueste war, dass auch die Mönche aus einem großen Tempel sich den Rebellen anschlossen und ihren Abt und Verwalter bekämpften. Die Roten Garden schickten ein paar Kämpfer, um sie vor Ort zu unterstützen. Die kleinen Mönchlein rissen sich die Kasaya, ihre Mönchskutte, herunter und zogen sich ebenfalls Uniformen an – nur leider keine Militärmützen, und so, mit ihren kahlen Schädeln und verzerrten Gesichtern, sahen sie aus wie Räuber aus den Bergen. Sie rissen den alten Mönchen ihre Gebetsschnüre herunter, hängten ihnen schwarze Schilder um den Hals und warfen ihnen vor, sie hätten ihnen die Revolution verboten und nur kriminelle Machenschaften erlaubt, wie das Lesen der Sutren und das Studium des Buddhismus. Ein junger Mönch sei von den Bergen heruntergekommen und habe darum gebeten, ein Bild von Mao im Haupttempel aufhängen zu dürfen, was der Abt noch weniger habe erlauben wollen – und, um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, habe er gesagt, der Vorsitzende Mao sei ein Gott der Laien. An diesem Punkt lief dem jungen Mönch die Galle über, er rollte die Ärmel hoch, gab seinem Meister eine Ohrfeige, wedelte mit den Armen und rief: »Nieder mit dem Abt Jian Sunzhang, diesem braven Sohn von Liu Shaoqi! Die Nonne Liu,

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