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Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Titel: Fräulein Hallo und der Bauernkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
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den ersten Stock in die Gynäkologie, tat wie auf Visite, ging durch die Krankenzimmer und machte spielend einen ordentlichen Reibach, alles in allem über tausend Yuan. Dazu stopfte ich mich mit Kuchen, Trockenmilch und Obst voll.
    Neben dem Krankenhaus war eine medizinische Militärhochschule, und als mir in einem Studentenwohnheim dort schließlich eine Armeeuniform in die Hände fiel, war es schon fast wieder hell. Vor dem Zentrum für audiovisuellen Unterricht parkte ein großer Bus. Ich suchte mir ein Stück weggeworfenen Draht, bog ihn zu zwei parallelen Strängen, steckte ihn ins Schloss, öffnet die Tür, stieg ein und legte mich flach auf die hintere Sitzreihe. Ich war dermaßen platt, ich verlor mit einem Mal das Bewusstsein. Irgendwann zog mich dann jemand hoch und drückte mich in die Ecke. Die Sonne strahlte, der Bus war voll mit Soldaten, der Offizier neben mir fragte mich: »Welche Klasse?«
    Ich wusste nicht, was antworten, und deutete ganz beiläufig durch das Fenster nach draußen.
    »Audiovisueller Unterricht?«, fragte er weiter, und ich nickte.
    Während ich den Gesprächen im Bus zuhörte, wurde mir schließlich klar, dass Sonntag war. Der Bus fuhr, ohne irgendwo angehalten zu werden, bis zum Denkmal der Befreiung mitten in der Stadt, und ich sah scharenweise schöne Mädchen und atmete Freiheit!
    LIAO YIWU:
    Als Sie so dreist waren, in den Armeebus zu kriechen, um zu schlafen, hatten Sie da keine Angst, erwischt zu werden?
    CUI ZHIXIONG:
    Ins Krankenhaus traute ich mich nicht zurück. Auf die Straße traute ich mich auch nicht. In der Militärschule herumzuhängen wäre noch gefährlicher gewesen, ich war nie bei der Armee, und ich wäre ein völlig unbekanntes Gesicht gewesen. Einmal gefragt, wäre alles ans Licht gekommen. Der Armeebus war der einzige Ort, wohin ich konnte.
    LIAO YIWU:
    Und dann?
    CUI ZHIXIONG:
    Dann war ich auf der Flucht durchs ganze Land, stahl noch mehr als vorher. Irgendwann hatte ich so viel Geld geklaut, dass ich es nie mehr verbrauchen konnte, und so wollte ich mich zurückziehen und niederlassen. Aber kaum hatte ich mir ein Haus am Beihaipark in Peking gekauft, wurde ich unruhig. Wenn ich Geschäfte machte, wurde ich noch unruhiger, ich hatte nicht gern mit Händlern zu tun. Das war ohne jeden Reiz.
    Wirklich, kaum hatte ich nichts mehr zu tun, drehte mein Kopf hohl, selbst in meinen Träumen war überall Polizei. Nun ja, der Mensch ist nicht für sein Vergnügen auf der Welt, er muss auch in seinem Beruf etwas leisten. Ich hatte in meinem Beruf längst alles erreicht. Auch den Beruf zu wechseln und etwas anderes zu tun hätte mich sicher nicht aufgeheitert.
    LIAO YIWU:
    Haben Sie Familie?
    CUI ZHIXIONG:
    Ich hatte einmal eine Liebste, sie mochte die Lieder von Tong An’ge, wie ich auch. Ich hätte sie gern geheiratet, aber es ging nicht. Weil, eine Geliebte kann von deinem Beruf nichts wissen, eine Ehefrau andererseits muss alles wissen. Auch das ist chinesische Tradition.
    LIAO YIWU:
    Wie sind Sie dann ins Netz gegangen?
    CUI ZHIXIONG:
    Ich war schon vor über zwei Jahren ausgebrochen, da dachte ich, es könne nichts mehr passieren, und kehrte nach Chong-qing zurück. Mit Freunden auf der Straße wettete ich, ich würde den Tresor im Finanzbüro einer bestimmten Tresorfabrik knacken. Ich sage Ihnen ganz offen, ich bin durch den Haupteingang hinein, das äußere Alarmsystem zu finden und zu durchtrennen, dauerte nicht einmal zehn Minuten. Den Tresor zu öffnen, brauchte es acht Minuten. Als ich ein leichtes Ticken bemerkte, steckte ich eine Rasierklinge durch eine Ritze hinein und schnitt den Alarmdraht durch, der mit der Tresortür verbunden war. Aber verdammt, das war eine von diesen Doppelsicherungen, Infrarot plus Lichtsensoren!
    Meine Anspannung wich, als ich den Eindruck hatte, dass alles mehr als glatt gelaufen war. Mit dem Rücken an den Tresor gelehnt, kaute ich einen Kaugummi, machte sogar ein paar große Blasen, und als ich die Tür aufmachte und das Geld herausnahm, hatte ich gar keinen Spaß mehr daran. Diesmal waren es 500 000 Kuai, dazu noch einige Aktienbündel. Einen kurzen Augenblick lang freute ich mich, dann zündete ich ein Papier nach dem anderen an. Noch bevor ich aber das erste Aktienbündel verbrannt hatte, wurde ich entdeckt.
    Als ich ihnen ins Netz ging, lächelte ich sogar ein wenig, mein Herz fiel und fiel, von weit oben nach ganz unten, und schließlich wurde es ruhig. Ich stand auf, steckte meine Hände in die Handschellen,

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