Fräulein Hallo und der Bauernkaiser
Lieder in einem durch. Beim Singen streichelte er meine »Brüste« und berührte mich zwischen den Beinen, zog Halm für Halm aus meinem blonden Strohhaar, bis ich völlig kahl war. Am ekelhaftesten aber war, wenn er meine Hand an seine Genitalien zog, damit ich ihm einen runterholte. Jedes Mal, wenn es soweit war, musste ich mich zusammenreißen, um ihm nicht die Eier zu zerquetschen.
LIAO YIWU:
War der Kerl schwul?
QUEYUE:
Dem war alles recht. Die fünf der »gesellschaftlichen Oberschicht«, deren Anführer er war, zwangen oft die gutaussehenden Kleinganoven, sie mit dem Mund zu befriedigen. Ich musste dann daneben stehen und von Teresa Teng »Pflücke die wilden Blumen nicht am Wegesrand« zum Besten geben, um so den wilden Oralsex zu kaschieren. Die umstehenden Kleinganoven sangen dazu: »Ficken, ficken, wild gefickt, jede Blüte rasch gepflückt!«
LIAO YIWU:
Da war wirklich eine Horde von Teufeln am Tanzen.
QUEYUE:
Nachdem ich einen düsteren halben Monat durchgestanden hatte, kam eine »Mitteilung der Umerziehung durch Arbeit«, und ich wurde unter Polizeibewachung zur Umerziehung durch Arbeit nach Xishanping in einem Vorort von Chongqing gebracht. Dort machte ich Feldarbeit, pflanzte Obstbäume und pflückte Tee. Den ganzen Tag lang schleppten wir Scheiße, der Gruppenführer zählte mit, pro Tag kamen wir auf fünfzig bis sechzig Mal hin und her, der Rücken wurde krumm davon.
Wenn man das Soll nicht erfüllen konnte oder wenn es etwas anderes gab, zum Beispiel einen Verstoß gegen die Vorschriften wie eine Prügelei, einen Diebstahl oder eine Flucht, mussten ein paar Leute dir die Hose herunterziehen und dich auf eine lange Bank drücken. Dann kam der für die Disziplinierung zuständige Kader, ließ einen Bambusstock schnalzen und verpasste einem eine Kanonade heftiger Hiebe, solange bis der runde Bambusstock völlig ausgefranst war und dein Hintern und deine Oberschenkel voller blutiger Striemen …
LIAO YIWU:
Hast du eine solche Prügelstrafe erhalten?
QUEYUE:
Es ist nicht mehr dazu gekommen. Ich war ziemlich ausgezehrt und schwach, und weil ich außerdem singen konnte, wurde ich von mancher Zwangsarbeit befreit.
LIAO YIWU:
Kannst du ein Besserung-durch-Arbeit-Lied?
QUEYUE:
Ja, ich kann das »Lied vom neuen Leben«, aber ich möchte es nicht mehr singen.
LIAO YIWU:
Ein, zwei Zeilen?
QUEYUE:
Nein.
LIAO YIWU:
Okay, vergiss es.
QUEYUE:
Ich werde das »Lied vom neuen Leben« nie wieder singen, denn Umerziehung durch Arbeit ist schlimmer als Besserung durch Arbeit. Sie kann aus einem einfachen Jugendlichen einen Teufel machen. Dort drinnen tauschen alle ihre Erfahrungen aus, Bordellbesuche, Glücksspiel, Diebstahl, Raub, einfach alles. Ich habe gelernt, jedes Schloss zu knacken, Tresore eingeschlossen – das ist auch ein Weg, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Meine Hände sind immer geschickter geworden, heute kann ich Schlösser und Schlüssel reparieren, und ich kann verschiedene Musikinstrumente herstellen. Alles das habe ich aus meiner speziellen Knast-Schulung mitgenommen.
LIAO YIWU:
Kannst du noch mehr über die Umerziehung durch Arbeit erzählen?
QUEYUE:
Es gibt noch eine Strafe, die nennt sich »Schlafen im Weltraum«. Da werden drei Seile zwischen Pfosten gespannt, man wird oben drauf festgebunden und das schaukelt dann, nach einer Nacht haben sich die Seile ins Fleisch gegraben.
LIAO YIWU:
Was noch?
QUEYUE:
Nichts mehr. Mir wäre es lieber, mein Gedächtnis wäre leer, wie bei dem Idioten in dem japanischen Film »Komm über den Fluss des Zorns«. Nachdem ihm eine Arznei eingeflößt worden ist und in einer OP eine »Blockierung der Zentralnerven« durchgeführt wurde, springt er, weil man ihn lässt, von einem Gebäude. Bei blauem Himmel und unter weißen Wolken sagte der Staatsanwalt Fuyuto Morioka: »Wundervoll, du bist hineingegangen und eins geworden.«
Eines Tages dann, ich hatte schon fünfzig Tragen Scheiße geschleppt und hielt es nicht mehr aus, ließ man uns noch zusätzliche Überstunden machen. Abends nach acht, ich hatte inzwischen achtundfünfzig Tragen Scheiße geschleppt, sah ich goldene Sternchen, und ich fiel kopfüber in die Grube. Mein linkes Auge durchfuhr ein heftiger Schmerz, ein harter Stein hatte sich dort reingedrückt. Ich schrie laut auf, dann wurde ich ohnmächtig. Erst am nächsten Morgen nach zehn Uhr kam ich wieder zu mir, in einer Augenklinik.
Bis zu den zwei Jahren meiner Umerziehung durch Arbeit fehlten mir noch drei
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