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Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Titel: Fräulein Hallo und der Bauernkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
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eine lebensbedrohliche Krankheit? Wie viele Jahre hat er noch?«
    Der Chef winkte ab und unterbrach mich:
    »Es kommt darauf an, wohin Sie wollen. Guan Dong hat seine Krankheit aus dem Gefängnis mitgebracht, Agenten der Guomindang haben ihn so verprügelt, dass er sich eine Gehirnerschütterung zugezogen hat. In seinem Schädel ist ein Blutgerinsel zurückgeblieben, und mit den verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten können wir den Schädel nicht öffnen, um das Blutgerinsel zu entfernen. Wenn das nun auf die Zentralnerven drückt, kann es in seiner Erinnerung immer wieder zu Lücken kommen. Er wird jetzt hier schon seit über einem Monat behandelt, und eben zeigte er zum ersten Mal dieses Krankheitsbild. Er brüllte laut und konnte sich daran dann nicht mehr erinnern.«
    Als ich das hörte, war ich zutiefst bestürzt, und doch fragte ich weiter: »Wird das oft passieren?«
    Der Chef antwortete:
    »Übermäßige Anspannung, Bedrücktheit und Erregung können die Krankheit auslösen. Allerdings, solange Guan Dong optimistisch bleibt und mit allem umzugehen lernt, was passiert, gibt es nichts zu befürchten. Peking wird bald befreit werden, dann wird die Kommunistische Partei China führen, die Gesellschaft wird zweifellos stabiler, demokratischer und fortschrittlicher werden. Guan Dong ist gerade mal zwanzig, in ein paar Jahren, wenn die Behandlungsmöglichkeiten besser geworden sind, wird es nicht mehr schwer sein, die Ursache seiner Krankheit zu beheben.«
    Nie hätte ich gedacht, dass sich die Krankheit über Jahrzehnte hinziehen würde! An sein Gebrüll habe ich mich gewöhnt. Aber der Chef des Krankenhauses hat damals nicht gesagt, dass diese Krankheit sich in noch extremerer Form manifestieren würde – dem Schlafwandeln. Guan Dong verhält sich normalerweise sehr besonnen und rücksichtsvoll, das Schlafwandeln hingegen zeigt eine andere Seite in seinem Leben, völlig lautlos, aber voller Emotionen und Eigensinn.
    So wie Freud es beschrieben hat, kommen Träume unerwartet und sind bruchstückhaft, sie stehen in engem Zusammenhang mit frühen Erfahrungen des Kranken. Deshalb ist es Guan Dong nicht möglich, sich an seine Träume zu erinnern und sie zu strukturieren, er kann sich nicht einmal an einen Schrei erinnern, den er vor einer Sekunde ausgestoßen hat. Von seiner Schlafwandelei habe ich ihm erzählt.
    LIAO YIWU:
    Wann ging es mit Guan Dongs Schlafwandeln los?
    LI YING:
    Daran erinnere ich mich sehr genau. Wir waren etwas über drei Monate verheiratet, nahezu jeder in Peking spürte, dass die friedliche Befreiung kurz bevorstand. Auch nachdem Guan Dong seinen Universitätsabschluss gemacht hatte, wusste er nicht wohin, und wohnte vorübergehend mit mir im Krankenhaus.
    Am Abend, bevor die Befreiungsarmee in die Stadt kam, waren wir so aufgeregt, dass wir keinen Schlaf fanden, denn die Studentenorganisation der Untergrundpartei hatte uns mitgeteilt, dass verabredet worden war, sich am nächsten Tag früh morgens an der Universität Peking zu versammeln, um die Befreiungsarmee in einem Spalier zu begrüßen. Als ich zu Guan Dong sagte:
    »Du solltest noch ein wenig die Augen zumachen, es sind noch zwei Stunden, bis es hell wird«, meinte Guan Dong darauf, wobei er mich liebevoll umarmte:
    »Schlaf auch du noch ein wenig. Wir reden jetzt einfach beide nicht mehr.«
    Nachdem ich dann doch noch ein wenig eingedöst war, hatte ich plötzlich das Gefühl, es sei schon Tag. Meine Intuition aber sagte mir, dass das so schnell nicht sein konnte. Ich bin Krankenschwester, ich hatte oft Nachtdienste, daher schrecke ich leicht hoch. Ich hob den Vorhang am Fenster hoch, und tatsächlich war der Himmel noch voller Sterne. Guan Dong allerdings war nicht mehr neben mir. Ich setzte mich auf und rief zwei Mal, keine Antwort, ich zog eine Lampe zu mir her und schaute mich um. Schließlich hörte ich in der Toilette etwas und schlich mich barfuß hin, um vorsichtig nachzusehen.
    Direkt vor mir war Guan Dongs großer, breiter Rücken, er rasierte sich vor dem Spiegel kratzend den Bart ab. Ich rief zweimal leise: »Guan Dong, Guan Dong!« Er aber beachtete mich nicht, sondern rasierte sich zu Ende, wusch sich lautlos das Gesicht und drehte sich extrem langsam um. Über seinen Nacken lief Blut, seine Augen stierten geradeaus und weil er so groß war, ging sein Blick über mich hinweg.
    Jetzt war mir klar, was los war, und ich traute mich nicht, ihn noch einmal zu rufen. Denn mein medizinisches Wissen warnte mich davor, einen

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