Fräulein Hallo und der Bauernkaiser
vorstellen, dass die Gebeine Unserer Vorfahren und Ahnen in dieser Erde ruhen, seit über tausend Jahren, geziemte es Uns da nicht, das Fengshui fortzusetzen und das Reich des Großen Überflusses zu gründen? Das Gebiet des Peking-Reiches ist so groß, und alle Welt macht ihm den Hof, brauchte es da noch Unser kleines Reich des Großen Überflusses? Mein Reich war arm, weil die fünf Getreide bei uns nicht gedeihen, Unsere Scharen waren nicht groß, wenn die Geburtenplanung in jedem Haus umgesetzt würde, Wir müssten Uns schämen in der Reihe Unserer Ahnen! Außerdem, wenn man schon all das wollte wie Sterilisation und Pessar und Eingriffe, hätte das alles von Uns angeordnet werden müssen! Wie kann es sein, dass Ausländer in Unser Reich kommen und ihre eigene Politik verfolgen?!
LIAO YIWU:
Eure Majestät, was meint Ihr mit Ausland?
ZENG YINGLONG:
Außerhalb meines Reichs ist alles Ausland.
LIAO YIWU:
Dann bin ich auch ein Ausländer?
ZENG YINGLONG:
So ist es. Es ist gleich, ob ein Reich groß ist oder klein, wir müssen einander von gleich zu gleich begegnen, Botschafter austauschen, miteinander Handel treiben. Es wäre doch die Frage, ob dein Reich es akzeptieren würde, wenn mein Reich unbedingt bei euch die Politik der »freien Kinderzeugung« verfolgen würde?!
LIAO YIWU:
Ist das der Grund, warum Eure Majestät so viele Jahre Berufung eingelegt haben?
ZENG YINGLONG:
So ist es.
LIAO YIWU:
Der Hof Eurer Majestät war aber auch zu klein, wenn jeder Eurem Beispiel folgen würde, dann gäbe es in China mehrere zehntausend Kaiser, die den Thron besteigen wollten. Ihr habt nun ein gutes Dutzend Jahre der Umerziehung durch Arbeit, also Lager, hinter Euch, wie hat sich denn die Regierung der Volksrepublik China gegen Euch verhalten?
ZENG YINGLONG:
Wir haben Medizin studiert, die Produktionsbrigade hat es so eingerichtet, dass Wir als Krankenpfleger arbeiten, eine große Gunst des Drachen. Wir lesen jeden Tag die Zeitung und wissen, wie viel jeden Tag draußen in der Welt geschieht, aber Unser Reich des Großen Überflusses ist relativ verschlossen, rückständig, in vielen Jahren sind dort weniger große Dinge geschehn, als an einem Tag in der Zeitung stehen, Wir bemühen Uns mit aller Kraft, im Gefängnis zu lernen, damit Wir vorzeitig entlassen werden können, um den Untertanen Unseres Reiches zum Wohl zu gereichen.
LIAO YIWU:
Wollt Ihr Euch immer noch zum Kaiser ausrufen?
ZENG YINGLONG:
Wenn man arm ist, kann man kein Reich gründen, das war Unsere Lektion! Deshalb sagen Wir, will man die Wurzeln der Armut ausgraben und reiche Ernte halten, muss man zuerst studieren, Kultur, Wissenschaft, Technik. In der Vergangenheit haben Wir Uns in die Schriften der Alten vertieft, dann mussten Wir jäh erkennen, dass fernab von Unserem Boden und Unseren Dörfern die Zeit sich gewandelt hat, doch im Gefängnis und innerhalb dieser hohen Mauern haben Wir Unseren Horizont erweitert und Uns zur Aufnahmeprüfung an der Hanshou-Universität angemeldet.
LIAO YIWU:
Ein Kaiser und studiert an der Hanshou? Das ist ja etwas ganz Neues! Wie ich höre, haben Eure Majestät wegen des Universitätsbesuchs auch einen Erlass an den Gefängnisdirektor und den Politkommissar herausgegeben, in dem Ihr die beiden als »Hohe Beamte Wang und Huang« tituliert?
ZENG YINGLONG:
Für das Studium an der Hanshou braucht man Geld, es war Unsere Absicht, den Herren Wang und Huang Unsere Anerkennung für ihre Verdienste bei der Verwaltung des Gefängnisses zu zollen und gleichzeitig beim Gefängnis einige hundert Yuan für die Studiengebühr zu sammeln. Aber wider Erwarten wurde Unser Bemühen missverstanden. Der Leiter der Produktionsbrigade hat sich höchstselbst in Unsere Baracke begeben und Uns eine gute Weile Vorhaltungen gemacht.
LIAO YIWU:
Hat die Kaiserin Euch im Gefängnis besucht?
ZENG YINGLONG:
Wir haben sie längst zum gemeinen Volk geschickt.
LIAO YIWU:
Das heißt, Ihr habt Euch scheiden lassen. Haben Eure Kinder sich einen anderen Namen zugelegt?
ZENG YINGLONG:
Das ist eine lange Geschichte. Unsere Stimmung ist nicht gut, Wir wünschen das Gespräch nicht fortzusetzen.
LIAO YIWU:
Ich hoffe, ich kann Hilfe besorgen, damit Eure Majestät Euer Studium an der Hanshou beenden können! Ich wünsche Euch Alles Gute!
Der Fengshui-Meister
Am 5 . September 1998 fuhr ich mit zwei Freunden, meinem guten Xie und meinem guten Tian, mit einem Reiseboot den Wu-Fluss hinauf bis zum Kreis Pengshui, dort wechselten wir auf ein
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