Fräulein Jacobs funktioniert nicht: Als ich aufhörte, gut zu sein (German Edition)
gegenseitig ermutigend auf die gepolsterten Schultern und veranstalteten in der überfluteten Wiese Krieg im Frieden. Ich lief weiter.
Nach dem Abendessen zeigte mir Hutch seinen gestauchten kleinen Finger.
»Ich habe euch beim Training zugeschaut.«
»Ich weiß. Alle haben dich gesehen«, meinte Hutch, als sei er stolz darauf, mich zu besitzen.
Ich gab ihm wieder von meiner Kühlsalbe und sagte, er solle aufhören, meine Freunde zu verprügeln.
»Das ist vom Training heute!«, setzte er sich zur Wehr.
»Ich weiß«, sagte ich. »Aber hör auf, Drew und Jesse zu verprügeln.«
Er schien verärgert. Da war nichts Liebevolles mehr an oder in ihm. Ich sah ihn zum ersten Mal von Eifersucht befallen und fürchtete mich vor ihm. Sein Gesichtsausdruck wirkte vulgär und dumm, seine Hände grapschten nach meiner, und wenn er mich umarmte, schien er zu klammern.
Am nächsten Morgen hatte Drew ein blaues Auge und musste auf der Krankenstation behandelt werden.
Ich sah Hutch den ganzen Tag nicht, jedenfalls nicht bis nach dem Abendessen. Ich aß kaum etwas von dem mich anwidernden Essen, da ich mir einbildete, von diesem Fraß immer dicker und dicker zu werden. Nach dem Abtragen der Teller ging ich den feindseligen Blicken von Mikes Freund Chris Callahan, die mir im Getümmel der Schüler vor dem Ausgang begegneten, aus dem Weg und suchte nach Mike. Auf meiner Suche begegnete mir Jesse. Wie immer fragte er »Hi, Louisa, what’s up?«, und ich antwortete: »Not much.« Wir redeten nicht über Mike, aber er legte den Arm um meine Schultern und begleitete mich ein Stück den Long Walk runter. Irgendwie hatte ich keine Lust mehr, in Mikes Gesicht schauen zu müssen, und ging, ohne weiter nach ihm zu suchen, zum Dorm.
Als ich an dem Abend auf mein Zimmer kam, machte ich keine meiner Hausaufgaben, sondern ging direkt ins Bett und versuchte zu schlafen. Ich sann darüber nach, wie ich in diese Situation geraten war, und beschloss, die Beziehung mit Mike zu beenden. Dann schlief ich ein und hatte einen merkwürdigen Traum.
7
Ic h sitze in einer staubigen Bretterbude, meine Hacken auf der Tischkante, eine leere Flasche Whiskey neben meinen Schuhspitzen und ein Gewehr quer auf dem Schoß. Dann stehe ich auf und gehe hinaus auf die Straße, um meine üblichen Runden zu drehen. Plötzlich gehe ich über den Campus der Vermont Academy, und da steht Mike vor mir.
»Mike, ich mache Schluss«, sage ich. »Du verprügelst meine Freunde, was soll das?«
»Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich Drew …«, wirft er mir vor.
»Doch«, falle ich ihm ins Wort, »du hast meinen Freund verprügelt!« Es ist nicht mehr staubig, und mit einem Mal dringt die Eiseskälte der angefrorenen Erde durch meine Schuhsohlen.
Hutch steht im Gegenlicht, weißer Atem steigt empor, als er erklärt: »Ich will, dass du nur mit mir zusammen bist. Das ist alles!«
Ich stelle mich breitbeinig hin: »Ich glaube, du hast dich in mir getäuscht, Hutch. Du kannst mich nicht besitzen.«
»Warum nicht? Das mit Drew war doch nur ein Spaß, nichts Ernstes!«, versucht er mich zum Lachen zu bringen.
»Tut mir leid.« Ich habe das Gewehr noch in der Hand, schieße, lasse es sinken und gehe.
Wieder in der staubigen Bretterbude, lege ich mich auf eine Pritsche, schiebe die Waffe unters Kopfkissen und heule. Was hast du angerichtet!, denke ich. Das ist die Hölle hier, das ist Unglück von Anfang bis zum Ende.
Es ist Morgen, ich stehe auf, dusche, ziehe mich an, hole mein Gewehr unterm Kissen hervor und verlasse die Baracke. Davon will ich laufen, und ich laufe so schnell ich kann. ›Ich muss weg. Ich muss weiter.‹ Es weht ein kalter Wind. Ich laufe und lasse den Campus hinter mir, bis mich ein Sheriff einholt und sagt: »Du bist Louise, du bist die, die Mike erschossen hat. Murder in first degree. «
Der Sheriff verhaftet mich vor Ort und führt mich in den Esssaal. Dort nehme ich mir Kaffee mit Haselnussgeschmack. Mrs. Dolloph vom Küchenpersonal grüßt mich freundlich, und ich grüße dankbar zurück. Sie meint, heute würde es kalt. Sie meint, der Winter würde kommen. Ich ziehe die Nase hoch. Sie reicht mir eine der Papierservietten, die sie gerade neben den Doughnuts stapelt. Ich danke ihr, wische meine Nase ab und schlürfe den Kaffee.
»Genug jetzt!«, herrscht mich der Sheriff an. »Du bist verhaftet.« Er sperrt mich ins Bezirksgefängnis. Alleine sitze ich an einem runden Tisch und löffele mein Müsli. Die Milch färbt sich rosa von den
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