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Fräulein Jacobs funktioniert nicht: Als ich aufhörte, gut zu sein (German Edition)

Fräulein Jacobs funktioniert nicht: Als ich aufhörte, gut zu sein (German Edition)

Titel: Fräulein Jacobs funktioniert nicht: Als ich aufhörte, gut zu sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Jacobs
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einem erlegten Hirsch oder einer Lokomotive hatten ablichten lassen. Ein saurer Geruch, der mich an verschwitzten Whiskey erinnerte, zog an mir vorbei. Ich ging ein paar Schritte Richtung Bar und sah nun, dass der Herr des Hauses immer noch das Kirschholz seiner Arbeitsfläche polierte. Ich wolle etwas essen, ob die Küche offen sei, fragte ich.
    Ich wurde beäugt. »Have a seat.«
    Eine Handvoll trinkender Männer sah ich an dem einzigen runden Tisch, der in der hintersten Ecke des Raumes unter einem Leuchter stand. Eine der düsteren Gestalten saß in einem schwarzen Hemd mit dem Rücken zu mir. Der Mann trug einen dunklen Filzhut, zwischen Hutkrempe und Hemdkragen wölbte sich die farblose Hautfalte des kahlrasierten Nackens. Die polierten Hacken seiner Stiefel blitzten mit jeder nervösen Bewegung seiner Füße auf. Rauch züngelte von mehreren Zigaretten empor. Das von den verstaubten Fenstern gebrochene Licht machte ihn deutlich sichtbar.
    Sie spielten Karten.
    »What do you got?«, hörte ich den einen fragen.
    »Full house.« Die Chips wurden zusammengeschoben.
    Ich setzte mich an einen Tisch und wartete. Mir wurde nicht Eiswasser, sondern Hauswhiskey angeboten. Ich nickte und bestellte nicht den Turkey Salad sondern Steak mit Bohnen.
    »Ich erhöhe auf zweihundert …«
    »Wird auch langsam Zeit. Ich erhöhe um weitere zwanzig.«
    »Meine Chips werden knapp … gut, vierzig drauf, lass mich dein Blatt sehen.«
    Ich schmeckte nicht die faserige Trockenheit des Truthahnaufschnitts, sondern die salzige Bratensauce meines Fleischs. Ich löschte nicht meinen Durst, sondern trank mich mit dem flüssigen Gift heiß ums Herz.
    Später trat kein Touristenehepaar ein, sondern zwei weitere Gestalten in knielangen Mänteln. Sie legten ihre Fäuste auf den Tresen und bestellten »Whiskey!«.
    Ich beäugte sie unauffällig. Doch dann drehte sich der eine mit den schulterlangen, fettigen Haaren zu mir um und verzog seinen dreckigen Mund zu einem Lachen. Ihm fehlten mehrere Zähne.
    »Na, Fremder?«, fragte er harmlos und drehte mir seine Hüfte zu.
    Ich senkte meinen Blick. Im Augenwinkel sah ich den Lauf eines Schofield Revolvers im Halter baumeln.
    »Cowboy! Ist das dein Gaul da vor der Tür?«
    Ich nickte stumm mit dem Kopf.
    »Hübsches Tierchen. Ich gebe dir zweihundert ohne Sattel und Zaum. Bar auf die Hand.« Er lachte und riss seine Augen auf, als habe er gerade Geld zu verschwenden.
    »Ich verkaufe keine Pferde«, sagte ich kalt.
    »Was dann? Schweine? – Aber halt mal, mein Guter. Hast du etwa nicht gehört, dass morgen gehängt wird?«
    Verdutzt schaute ich in das schiefe Gesicht des Alten. Er äugte berauscht zurück.
    »Nein, Sir«, sagte ich.
    »Oh, dann bist du wohl ein Yankee. Sonst würdest du dir das nämlich nicht entgehen lassen! Lynch, der Henker, wird den beiden Halunken im kurzen Prozess die Hälse brechen, das verspreche ich dir. Aber ich habe gewettet, dass nur der eine an den Strick kommt und Lynch uns den zweiten für Samstag aufspart – was ist dein Einsatz?«
    »Weder verkaufe noch verwette ich mein Pferd.« Ich starrte ihn an.
    Er nahm sich den Hut vom Kopf und wischte sich mit dem zerrissenen Ärmel den Staub vom Gesicht. »Hmm«, grummelte er. »Euch Cowboys plagt doch Tag für Tag die Einöde. Gönn dir doch den Spaß!«, lachte der Zahnlose.
    »Ein feines Dorf«, sagte ich.
    »Das ist es!« Er wandte sich seinem Glas und seinem stummen Kameraden zu, kippte das Zeug runter, schmatzte und lachte.
    »Ich will dein Blatt sehen«, kam es vom Tisch hinter mir.
    Ich nahm wieder Countrymusik aus der Neuzeit wahr, die aus den Lautsprechern klang. Ich ließ die steifen blassrosa Tomatenscheiben liegen und schob den letzten Salat an den Tellerrand. »Kann ich zahlen?«, rief ich zum Tresen.
    »Aber natürlich!«, sagte der Mann an der Bar und schickte seine blau geschminkte, weißblonde Bedienung mit einem Wink an meinen Tisch. Als sie mit der dicken Geldbörse an meinen Tisch kam und vornübergebeugt die Summe für einen Turkey Salad und einen kleinen Korb Maischips ausrechnete, glaubte ich, gleich würde der oberste Druckknopf ihrer Rüschenbluse platzen. Ich gab ihr die Dollar, trank noch einen Schluck von dem Eiswasser und stand auf.
    Ich trat wieder hinaus auf die Straße. Ein Truck brauste vorbei. Ich spazierte auf die andere Seite, wo die herabgelassenen Markisen im Wind waberten. Links waren Beer Pool Cards Candy und Tabacco ausgeschildert, ein Mann mit einem Hut, der wie Elfenbein

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