Fräulein Jacobs funktioniert nicht: Als ich aufhörte, gut zu sein (German Edition)
steif, mich fröstelt. Das Buch will ich nicht mehr hergeben. Ich nehme auch den dünnen, blauen Band mit dem Titel So You’re Going To Buy A Farm und gehe zur Tür. Ich drücke die Klingel.
»Na, haben Sie was gefunden?«, fragt Sonny, ohne den Anschein zu erwecken, dass er über die Dauer meines Aufenthaltes erstaunt ist.
»Diese hier sind phantastisch! Ich will sie gar nicht mehr hergeben.« Ich streiche über die Buchdeckel, unter denen die Anweisungen zum unabhängigen Leben schlummern.
»Hm.« Er guckt etwas verdutzt. »Na, lassen Sie mich schauen, was es kostet.«
Ich gebe ihm das blaue Buch.
»Das kann ich Ihnen für zwanzig Dollar geben. Und das andere – lassen sie mich mal sehen.«
Ich reiche ihm auch den Auswandererführer. Er schlägt den Buchdeckel auf und murmelt.
»Das ist ein kostbares Stück.«
»Der Preis ist mir egal«, sage ich. »Ich muss nur mein Geld aus dem Auto holen. Bin gleich zurück.« Ich renne zum Auto, öffne die Tür, lehne mich über den Sitz und die Kupplung, nehme meine Geldbörse aus der Einkaufstasche, wo sie oben auf dem Sellerie und der in Papier eingewickelten geräucherten Putenbrust liegt, und rapple mich wieder hoch.
Ich gebe Sonny die zwanzig Dollar und das kleine Vermögen für das andere Buch in bar.
»Interessant, dass Sie sich damit beschäftigen«, sagt er, als er die Summe in seine Kasse tippt. »Ich meine, Sie sind noch jung. Ich komme hier wahrscheinlich nicht mehr weg.«
»Hier zu leben ist ja nicht so schlimm.«
»Wo kommen Sie denn her?«
»Ich weiß nicht« – ich weiß es wirklich nicht. »Jedenfalls nicht von dort, wo mein Zuhause ist.«
»Aber wie kommt man in Ihrem Alter auf die Idee, auswandern zu wollen?«
»Ich weiß nicht«, gebe ich zu. »In erster Linie ist es eine Herzensangelegenheit, keine Vernunftsache.«
Sonny nickt.
Ich sage, ich würde wiederkommen, um mir die anderen Bücher auch noch genauer anzusehen.
»Na klar. Jetzt wissen Sie ja, wo Sie klingeln müssen.«
Wir verabschieden uns. Ich habe es sehr eilig, nach Hause zu kommen. Mit Musik im Radio fahre ich die Route 106 nach Hartland zurück. Die Aufregung hat mich hungrig gemacht. Der Sellerie duftet süß-herb.
Wie sahen denn die Farmer von damals aus? Sie hatten ja genauso durchsichtige Nasenflügel und gebogene Schultern wie wir. Aber ich glaube, sie hatten nicht so schwammig verklärte Gesichter wie viele Menschen von heute. Die Männer trugen bestimmt einen Schnauzer oder Backenbart, und wahrscheinlich hatten sie ganz rauhe Hände mit dicken, gelben Fingernägeln. Sie hatten womöglich auch tiefe Stimmen und ein kräftiges Husten, so eins, das den ganzen Körper erschüttert. Ob sie sich jemals Gedanken über das Alter gemacht haben? Ich glaube nicht. Aber jeder Landarbeiter hatte bestimmt, wenn er abends im Bett lag, Schmerzen in Schultern und Rücken. Ich weiß gar nicht, ob ich es schaffen würde, auch nur eine einzige Ackerfurche zu pflügen. Mir würde wahrscheinlich gleich dies oder jenes weh tun.
In solche Gedanken versunken, fahre ich dahin. Schneller, als das Speed Limit erlaubt. Ich schaue nach rechts, wo die immer gleichen Pferde in der Matschpampe stehen, in der sie immer stehen. Das Stroh ist schon mit Ausnahme weniger in den Boden getretener Halme aufgefressen. Bedeppert dösen die Tiere vor sich hin. Nur ihr Schweif schlägt mal nach links, mal nach rechts.
Auf dem Schotterweg der Rice Road zittern die Blätter des Selleries, dann biege ich ab und lenke den Wagen auf den Kiesplatz.
Weiterlesen will ich. Aber erst muss ich essen, sonst kann ich mich gar nicht konzentrieren.
Schnell belege ich mir eine Scheibe Brot, nehme mir saure Gurken und eine Stange vom Sellerie dazu und setze mich mit den Büchern und dem Teller an den Küchentisch.
Die erste Frage, die mir das Buch stellt, ist: Wie viel Land bräuchte ich? Vieh und Pferde benötigen viel Land, fünf bis sieben Acre pro Kopf, je nachdem, wie die Weideflächen beschaffen sind. Schafe können, wie ich ja bereits von Birch Hill weiß, auf hügeligem Gelände weiden und kommen mit weniger Gras aus als Rinder. Ziegen können auch auf Flächen grasen, die selbst für Schafe zu karg sind. Schweine kann man, wenn man sie mit Küchen- und Schlachtabfällen und etwas Körnerfutter füttert, auf kleinen Koppeln halten – man treibt sie weiter, wenn der Grund zu faul wird. Klar ist, dass der Gemüsegarten nur meine eigenen Bedürfnisse abdecken sollte.
Ich versuche mir mein Land vorzustellen. Wo
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