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Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hansen
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klappt selbstbewusst auf!), um die EC-Karte herauszukramen. Während ich der Kassiererin die Karte reiche und dann auf dem Beleg unterschreibe, liegt das Portemonnaie offen neben mir. Ich schätze, dass mindestens drei Leute hinter mir in der Schlange so nah dran sind, dass sie einen Blick auf Alexanders Foto erhaschen können. (Meistens kann ich es mir nicht verkneifen, mich nach der Zahlung noch einmal nach hinten zu drehen. Ich tue dann so, als ob ich noch irgendjemand suchen würde. Während ich mich umdrehe, höre ich förmlich, wie die Wartenden denken: »Wow, das ist also die Frau, die mit einem so schönen Mann zusammen ist.«)
    »Warum zeigst du ihn mir erst jetzt?« Pia runzelt die Stirn und ich bekomme ein schlechtes Gewissen.
    »Es war mir irgendwie peinlich«, druckse ich herum.
    »Aber bei den Leuten im Supermarkt ist es dir nicht peinlich?«
    »Nein! Die denken doch, dass er wirklich mein Ehemann ist. Aber du, na ja, du weißt ja, dass es nicht so ist. Das ist doch irgendwie demütigend. Oder?«, frage ich zaghaft.
    »Ach was«, sagt Pia und lacht. »Da haben wir ihn. Ladys and gentlemen ... « Sie springt vom Sofa auf und imitiert einen Sprecher im Boxring, der den Einzug der Klitschko-Brüder verkündet. »May I present you the number ten? The perfect number ten?« Sie lacht. »Und? Soll er es sein?« Sie fuchtelt mit dem Zeitschriftenschnipsel vor meinem Gesicht herum.
    Ich weiß nicht. Je aufgekratzter Pia ist, desto lethargischer werde ich. Die Enttäuschungen der letzten Wochen haben ihre Spuren hinterlassen.
     
    Im Laufe meines Traummann-Feldzuges hätte ich schwören können, dass ich mich bald im Zirkus Krone um das Popcorn kümmern werde, dass Thorsten Havener mir (gedankenlesend!) das Frühstück ans Bett bringt und dass ich am »Verbotene-Liebe«-Set ein und aus gehe. Ich sah mich mit Bernhard Hoëcker eine eigene Comedyserie moderieren und war mir sicher, dass ich jeden Morgen mit Kevin Tarte ZUSAMMEN die Tanz-der-Vampire-Arie singe und mit Rocko Schamoni das Hamburger Nachtleben unsicher mache. Ich sah mich mit Steffen Henssler am Herd kleine Köstlichkeiten zaubern und wie ich mich als »die Freundin von Hugh Grant, huch, der Stimme von Hugh Grant« vorstelle. Sogar vor ein paar Wochen noch war mir klar, dass ich bald mit Tim Lobinger um die Alster joggen würde.
    Fehlanzeige. Auf ganzer Linie Fehlanzeige. Es ist in der Tat zum Heulen. Ich glaube, noch eine Enttäuschung verkrafte ich nicht.
    »Pia, ich weiß nicht so richtig. Vielleicht belassen wir es einfach dabei.«
    »Wie meinst du das denn jetzt? Du schleppst diesen komischen FDP-Politiker nun schon seit Wochen mit dir rum und jetzt willst du ihn nicht einmal mehr kennenlernen?«
    »Vielleicht ist mir der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach«, druckse ich herum. Ich meine, Alexander Nuno Pickart Alvaro macht sich in meinem Portemonnaie als Fast-Ehemann ziemlich gut. Und wenn ich ihn nun treffe und sich herausstellt, dass er schwul ist oder eine Ehefrau hat, die Elefanten dressiert, oder sogar beides, dann muss ich mich der Tatsache wohl stellen, dass er in meinem Portemonnaie nichts zu suchen hat.
    »Weißt du, manchmal ist so eine Illusion doch auch ganz schön.« Kann er nicht bitte für immer in meinem Ehemannportemonnaiefach bleiben? Ich habe einen Kloß im Hals. Nur noch ein Traummann. Das wird mir gerade alles zu viel. Beziehungsweise: zu wenig.
    Pia nimmt mich in den Arm.
    »Ach komm, du schläfst mal eine Nacht darüber, und morgen entscheiden wir, wie es weitergeht, okay? Und wer weiß, vielleicht erscheint dir im Schlaf ja doch noch Brad Pitt als Traummann Nummer zehn. Dann suchen wir den eben. Ich bin inzwischen für alles bereit.« Sie lacht und ich muss weinen.
    Den Rest des Abends verbringen wir mit Fernsehen. Therapeutin Pia hat allerdings klare Vorstellungen, was ich sehen darf und was nicht.
    Erstens: Es darf kein gut aussehender Mann drin vorkommen. »Sonst verliebst du dich wieder und wir haben ein neues Problem an der Backe.«
    Zweitens: nichts Romantisches (akute Rückfallgefahr!). Wenn es nach Pia geht, darf ich noch nicht einmal das »Heute Journal« sehen. (Sie glaubt, ich würde selbst zwischen Klaus Kleber und Gundula Gause irgendwelche sexuellen Energien bemerken und mich dann wieder in meiner Einsamkeit suhlen.) Jegliche Interaktion zwischen Mann und Frau muss in diesen Tagen laut meiner Therapeutin umgangen werden. Gar nicht so einfach. Wir einigen uns schließlich auf die

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