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Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hansen
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Menschen in diesen Keks gebissen haben.«
    »Ich verstehe«, sagt Pia und tut so, als ob sie es ernst meinen würde. »Und wer soll nun der alles entscheidende letzte Kandidat sein? Hast du dir schon überlegt, wer endlich dein Herz erobern darf?«
    Sie lacht.
    Ich fasse es einfach nicht. Ich glaube, sie hat das ganze Ausmaß dieser Entscheidung immer noch nicht begriffen. Wenn der letzte Kandidat wieder ein Reinfall ist oder vielmehr ich wieder ein Reinfall für diesen Traummann bin, war es das mit der Suche. Endgültig. Und wahrscheinlich wird es dann tatsächlich so kommen, wie Orakel Pia es schon am Anfang prophezeit hat. Ich werde auf einer langweiligen Party jemanden kennenlernen, wir werden nach ein paar langweiligen Dates zusammenkommen und irgendwann werden wir den Bund der Ehe eingehen. Ich sehe schon, wie ich vor dem Traualtar stehe und, anstatt »Ja, ich will« zu seufzen, plötzlich anfange zu murmeln: »Kevin, Rocko, Joscha, Martin, Bernhard, Tim, Thorsten, Patrick, Steffen.«
    »Haben Sie was gesagt?«, wird der Pastor mich fragen.
    »Ach was, das waren nur die Namen meiner Traummänner. Aber machen Sie ruhig weiter. Diese Ehe wird schon vernünftig sein.«
    Der letzte Kandidat muss es also sein. Derjenige welcher.
    Pia sieht mich erwartungsvoll an. »Und? Soll jetzt vielleicht doch George Clooney der letzte Retter in der Not sein?« Sie lacht.
    Ich schüttle den Kopf und gehe wie in Trance in den Flur. Dort krame ich das Portemonnaie aus meiner Handtasche und klappe es auf.
    »Da ist er.« Kleinlaut gebe ich Pia das Portemonnaie. Zwischen EC-Karte, Douglas-Mitgliedskarte und einem Zettel, auf dem ich den nächsten Tierarzttermin für Elvis notiert habe, steckt hinter einer durchsichtigen Hülle ein Bild von einem Mann, rechts daneben ist ein kleiner Schriftzug zu sehen.
    Pia zieht es hervor und liest den Text vor: »Der deutsche Obama«. Sie runzelt die Stirn. »Wer ist das? Und vor allem: Was macht er in deinem Portemonnaie?«
    Ich atme tief durch und fange an zu erzählen.
    Vor ein paar Wochen habe ich in der Brigitte einen Artikel gelesen, in dem deutsche Politiker auf ihre »Obama«-Qualitäten hin untersucht wurden. »Wir sind neidisch auf die Amerikaner, die einen derart scharfen Präsidenten haben«, hieß es da. Und da dachte man sich bei der Brigitte : Wir suchen uns auch so einen. In dem Artikel wurden darum sechs Politiker aus Deutschland vorgestellt, die Obama – ihrer Meinung nach – das Wasser reichen konnten. Die ersten Kandidaten überblätterte ich lustlos. Ich sah förmlich, wie eine Brigitte –Redakteurin verzweifelt irgendwelche Politiker rausgesucht hat, die nicht ganz so schlimm aussahen wie Roland Koch oder Guido Westerwelle. Ich wollte die Zeitschrift schon wieder zuklappen, als ich plötzlich ihn sah: den letzten Obama-Kandidaten. Und was für einen! Er hatte kurze, schwarze Haare, dunkle, sinnliche Augen, dunkle, sinnliche Augenbrauen (bis dahin wusste ich nicht, dass selbst Augenbrauen sinnlich aussehen können) und einen furchtbar sinnlichen Mund, mit dem er verschmitzt in die Kamera lächelte. Der Name: Alexander Nuno Pickart Alvaro. Ich las es wieder und wieder. Alexander Nuno Pickart Alvaro. Wo hatte er bloß diesen wunderschönen Namen her? Nachdem ich mich ein wenig gesammelt hatte, überflog ich den dazugehörigen Text. Alexander Nuno Pickart Alvaro war Abgeordneter der FDP im Europäischen Parlament, 34 Jahre alt und ich wusste: Es war Liebe auf den ersten Blick. Zumindest von meiner Seite aus.
    Ich schnitt Alexander Nuno Pickart Alvaro (diesen Namen muss man einfach in der vollen Länge genießen!) sofort aus der Brigitte aus und steckte ihn in mein Portemonnaie, in das Fach mit dem durchsichtigen Gitter. Zugegeben, wenn man nah genug dran ist, erkennt man, dass das Foto aus einer Zeitschrift kommt. Das Papier ist leider so dünn, dass auf Alexanders Wangen die Anzeige für Slipeinlagen von der Rückseite durchschimmert. Aber wenn man eben nicht genau hinsieht, sieht man nur ihn: den wunderschönen Alexander Nuno Pickart Alvaro. In meinem Portemonnaie. In dem Fach, wo Frauen Bilder von ihren Ehemännern haben. Hah!
    Möglichst oft lasse ich darum mein Portemonnaie offen irgendwo rumliegen. Den Höhepunkt meines Triumphes habe ich immer an der Kasse im Supermarkt. Seit Alexander in Herz und Portemonnaie ist, habe ich mir angewöhnt, auch Cent-Beträge mit der EC-Karte zu bezahlen. Dazu muss ich nämlich zunächst das Portemonnaie öffnen (die durchsichtige Hülle

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