Fraeulein Jensen und die Liebe
alles unterschrieben!), rief sie mir noch etwas wie »Danke, das wird unser aller Leben retten« hinterher. Fünf Minuten später sah ich in meinem warmen Wohnzimmer zufrieden die »Verbotene Liebe« und beobachtete eine Stunde später immer noch durchs Fenster, wie die durchnässte Frau Unterschriften sammelte. Wie kann man nur, dachte ich und sah mir zur Feier des Tages auch noch »Marienhof« an.
Nun, wenn man es genau nimmt, könnte man wohl sagen, dass Pia mit ihrer Aussage über meine politische Einstellung ... äh ... genau ins Schwarze getroffen hat. Aber: Was nicht ist, kann ja noch werden. Und ich glaube, dass ich mich als Politikergattin ziemlich gut machen würde. Schließlich bringe ich die drei wichtigsten Fähigkeiten mit, die man für diesen »Job« – so möchte ich es fast nennen – mitbringen muss.
1. Ich besitze ein dezentes, graues Kaschmir-Kostüm von Laura Ashley. Weiß der Himmel, welcher Teufel mich vor einem Jahr geritten hat, als ich es gekauft habe. Denn seit ich es letztes Jahr für ein Vermögen (immerhin war es reduziert!) kaufte, habe ich es nicht ein Mal getragen. Als Pia mich darin sah, schrie sie entsetzt: »Du hast 390 Euro ausgegeben, um wie eine spießige Hausfrau auszusehen?« Ich sah ein, dass dieses Kostüm (das Pia irgendwie an eine Tupperdose erinnerte) wohl der teuerste Fehlkauf meines Lebens war und verbannte es in den hintersten Teil meines Schranks. Als reduzierte Ware war es vom Umtausch ausgeschlossen. Zum Glück, muss ich sagen. Denn dieses Kostüm war mit Abstand der vernünftigste und scharfsichtigste Kauf meines Lebens. Noch nie hat mein Kaufreflex so klar gesehen wie damals. Wahrscheinlich war ihm bewusst, dass dieses Kostüm nur der Anfang war. Für viele weitere, dezente Kaschmir-Kostüme in Grau, die ich bald benötigen würde.
2. Ich habe gute Lokalkenntnisse in den größten deutschen Städten und finde mich überall schnell zurecht. In Köln habe ich schließlich auch sofort den »place to be« am Aachener Weiher gefunden, obwohl ich erst zwei Stunden in der Stadt war. Nein, das muss man mir lassen. Für die Hotspots dieser Welt habe ich irgendwie ein Händchen. Und das kommt mir doch sicher zugute. Ich sehe schon, wie ich Carla Bruni und Michelle Obama durchs Brandenburger Tor führe und dabei ein wenig über Deutschlands Geschichte vor und nach der Wende plaudere.
Apropos Michelle. Ob die internationale Presse auch darüber berichten wird, wenn Alexander und ich uns einen Hund anschaffen? Einen zweiten Hund, Elvis behalten wir natürlich. Wird man Homestorys über unsere kleine, harmonische Familie drehen? Ich sehe schon, wie ich einem Fernsehteam in meinem Laura-Ashley-Kostüm die Tür aufmache und dabei in einen der vielen Räume hinter mir rufe: »Alexander, kommst du bitte? Wir drehen jetzt.«
3. Ich kann repräsentieren. Als ich im 13. Jahrgang war, suchte unser Mercedes-Händler Petersen fünf junge Damen, die ihm am Tag seiner Anbau-Neueröffnung zur Seite standen. Wir mussten in den höchsten Schuhen, die wir besaßen (darauf bestand Herr Petersen!), den ganzen Tag lang im Autohaus umherstolzieren und – so die Arbeitsanweisung – »einfach nur gut aussehen«. Wenn uns ein Besucher ansprach, sollten wir antworten: »Vielen Dank, dass Sie an unserem Autohaus interessiert sind. Ich werde sofort Herrn Petersen höchstpersönlich holen. Er kann Ihnen alle Fragen beantworten und Ihnen den Weg frei machen für eine gute Fahrt.« (Noch Monate nach unserem Job im Autohaus bin ich manchmal nachts aufgeschreckt und habe diese Sätze wiederholt.) Als wir fertig waren, bekamen wir jeder 150 DM in die Hand gedrückt, was damals einem Vermögen gleichkam, und jede von uns durfte sich einen Minimercedes aus Plastik mitnehmen. Wir haben unsere Sache wohl ziemlich gut gemacht.
Ich denke zwar nicht, dass ich an Alexanders Seite in Autohäusern jobben müsste, aber vielleicht muss ich ja mal welche einweihen? Oh Gott, wahrscheinlich muss ich auch Schiffe taufen und bei der Eröffnung von Altenheimen dabei sein. Aaah, Altenheime! Ich bin im Thema! Ich wusste doch, dass mir mein letzter PR-Auftrag mal nutzen würde.
Sicher bietet man mir auch eine karitative Stiftung an, die ich leiten soll. Politikergattinnen engagieren sich doch immer für so etwas und sprechen dann bei Johannes B. Kerner über ihren Verein, der die Zwangsbeschneidung der Frauen im Sudan bekämpft.
Nein, jetzt weiß ich’s: Ich werde sicher UNICEF-Botschafterin.
Weitere Kostenlose Bücher