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Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hansen
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ich mir das ein? Na ja, auch wenn er es nicht ist: Ich würde auf jeden Fall dafür sorgen, dass es gar nicht erst so weit kommt. Emanzipation hin oder her. Ich würde mich in unserer Beziehung um den Haushalt kümmern, sodass er sich abends nach Feierabend ganz fallen lassen könnte. Hinter jedem erfolgreichen Mann steht schließlich eine aktive Frau. Ich wäre dann wie die Frau aus der Staubsaugerwerbung, die gefragt wird: »Und was machen Sie beruflich?« Sie antwortet dann: »Ich führe ein kleines, erfolgreiches Familienunternehmen«, und im Hintergrund sieht man, wie sie sich um die Kinder kümmert, kocht und abends den Mann strahlend an der Haustür empfängt. Ach herrlich, genau das wäre ich. Und mein erfolgreiches Familienunternehmen wären Joscha und unsere Kinder, mitsamt dem getöpferten Klingelschild.
    Wenn ich jetzt zu Joscha sage, dass ich die Frau aus der Staubsaugerwerbung bin, wäre das wahrscheinlich ein zu großer Gedankensprung. Ich überlege gerade, wie ich einen guten Übergang hinbekomme, da nimmt Joscha das Gespräch in die Hand.
    »Ich würde ja eigentlich auch lieber Theater spielen.«
    »Was?«, stoße ich hervor und könnte mich schon wieder ohrfeigen. Denn es gibt ja bekanntlich zwei Arten des Wortes »was«. Einmal das interessierte, beiläufige, sympathische und mehr-wissenwollende »Was« und dann das panische, verräterische und dumpfe »Was«. Ich befürchte, mein »Was« gehörte eindeutig in die zweite Kategorie.
    »Ich meine, die Soap ist halt nicht wirklich tiefgründig.«
    Ich muss schlucken. Dreiecksbeziehungen, Erpressungen, Entführungen und uneheliche Kinder sollen nicht tiefgründig sein? Pia und ich haben mal ein großes VerboteneLiebe-Schaubild gemalt, damit wir noch den Überblick behalten, wer mit wem zusammen ist oder mal zusammen war oder zusammenkommen wird. Das war mehr als kompliziert und hat uns einen ganzen Sonntagnachmittag gekostet. Und jetzt will er mir sagen, dass es nicht tiefgründig ist?
    »Wie meinst du denn das?«, frage ich vorsichtig.
    »Na ja, es ist halt so geschrieben, dass es auch wirklich jeder versteht. Man verdummt dabei irgendwie.«
    Das saß. Ich muss schlucken. Aber wahrscheinlich ist es genau dieser Satz, mit dem ich ihn in unserer Beziehung später necken werde.
    »Weiß du noch, wie du gesagt hast, dass man dabei verdummt?«
    »Das hat dich ganz schön getroffen, was?«, wird er sagen und mich durchkitzeln, bis ich vor Lachen Bauchweh habe.
    Also nächster Vorstoß. Jetzt wird es wichtig.
    »Und wie findest du deine Rolle? Den Sebastian von Lahnstein? Kannst du dich mit ihm identifizieren?«
    Eigentlich müsste er jetzt sagen: »Die Rolle ist mir auf den Leib geschrieben worden. Er ist ich. Ich bin er.« Wenn er mich dann auch noch fragen würde: »Magst du ihn denn?«, würde ich einmal im Leben mutig sein und ihm spontan um den Hals fallen.
    »Ich finde ihn furchtbar«, sagt Joscha und sieht mir in die Augen.
    »Wie bitte?«
    »Na ja, der Sebastian von Lahnstein ist doch kein richtiger Mann. Kein echter Mann würde einer Frau so lange hinterherlaufen. Er wirkt halt voll schleimig und fast schon stalkermäßig. Da sind Männer dann schon etwas egoistischer in Wirklichkeit.«
    Alptraum! Alptraum! Alptraum?
    »Man wird außerdem nicht als Schauspieler wahrgenommen. Letztens hat mir jemand mitten auf der Straße ›Ey, man poppt nicht mit der Alten seiner Freundin!‹ hinterhergerufen. Was soll man dazu noch sagen?«
    Joscha Kiefer sieht mich an. Ich bin sicher die Falsche, um ihm diese Frage zu beantworten. Ich denke zwar nicht, dass er in Wirklichkeit mit der Mutter seiner Freundin eine Affäre hatte, aber trotzdem bin ich – ich muss mich korrigieren – war ich bis vor Kurzem davon überzeugt, dass er Sebastian von Lahnstein ist.
    Letzter Versuch, ihm sein wahres Ich zu entlocken.
    »Mal etwas ganz anderes«, sage ich möglichst lässig und lache kurz verkrampft. »Magst du denn die Klamotten, die Sebastian von Lahnstein in der Serie immer trägt? Würdest du dir die auch privat kaufen?«
    »Um Himmels willen, nein«, ruft Joscha Kiefer. »Der sieht doch immer voll schlimm aus. Beim Dreh heute musste ich zum Beispiel einen weißen Anzug tragen. Hallo? Gibt es etwas Hässlicheres?«
    Oh Gott, ich erinnere mich an einen Dialog mit Pia. Wir saßen in Hamburg in einem Strandcafé und begutachteten die vorbeigehenden Männer. »Also, ein Mann im weißen Anzug kann im Sommer eigentlich nichts falsch machen«, hatten wir festgestellt und auf

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