Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hansen
Vom Netzwerk:
Leben mal nach einer Doppelhaus-hälfte mit Vorgarten, einem geregelten Einkommen und einem sicheren Kitaplatz für eventuelle Nachkommen gesehnt? Ja vielleicht, aber tief im Innern will ich etwas ganz anderes. Ich will Abenteuer, ich will Freiheit, ich will einen Hauch von Woodstock in meinem Leben. Und genau das würde ich bekommen, wenn ich auf den matschigen Zirkusplätzen dieser Welt wohnen würde. Mit Fredo. Oder Antonio. Oder Vladimir.
    Morgens würden wir gemeinsam aus der kleinen gemütlichen Schlafkoje krabbeln und dann einen ganz reellen Pulverkaffee trinken. Später würde ich ihm beim Training in der Manege zusehen, nebenbei Popcorn für die Vorstellung vorbereiten und abends würde ich meinem Helden den gestählten und beanspruchten Körper mit Franzbranntwein einreiben. Ich hörte schon damals, wie er ein zufriedenes »mmh« in mein Ohr seufzt und wie ein Kater schnurrt, ein wilder natürlich. Herrlich.
    All diese Bilder liefen vor meinem inneren Auge ab, als ich mit Pia an jenem verregneten Nachmittag den Zirkus Krone besuchte.
    »Das ist also mein neues Zuhause«, dachte ich, als ich mich auf Sperrsitz 103 begab. Interessant. Ich wusste zwar noch nicht, mit welchem Artisten ich bald durchbrennen würde, aber dieses marginale Randproblem klärte sich nach knapp zwei Stunden von allein.
    Denn dann kamen die Löwen. Und mit ihnen ein Dompteur, der hautenge Glitzerhosen trug, einen unglaublichen Hintern hatte und genauso fauchte wie die Löwen vor ihm. Kurz: Er war der Inbegriff meiner kühnsten Träume.
    Mit ihm konnte ich Prinzessin Stéphanie von Monaco die Zweite werden.
    Während ich heftig applaudierte, sah ich mich schon auf der Treppe zu seinem Wohnwagen sitzen. Kurz vor Beginn der Vorstellung würde ich ihm hinterherrufen: »Ich habe Angst um dich.« Er würde sich umdrehen, mich in seine starken Arme nehmen und flüstern: »Baby, ich bin gleich wieder da. Ich muss nur kurz die Löwen zähmen.«
     

     
    Grundgütiger. Ich glaube, Martin Lacey Junior wird wirklich bald diese Worte zu mir sagen. Denn: Ich treffe ihn! Und zwar: übermorgen!
     
    Nachdem ich Martin Lacey Junior zu Traummann Nummer vier gekürt hatte, recherchierte Pia die Nummer der Zirkus-Krone-Pressesprecherin. (Sie hat anscheinend gemerkt, dass ich wegen Joscha Kiefer immer noch so fertig bin, und sich deshalb voll reingehängt.)
    Ich rief sofort an und sagte meinen »Ich bin Journalistin und würde gern ein Interview führen«-Spruch auf. Leider war die Sprecherin von meinem Vorhaben alles andere als begeistert.
    »Der ist ziemlich beschäftigt«, sagte sie. Aber das ist doch wunderbar, dachte ich. Ich liebe schließlich aktive Männer. »Ich glaube wirklich nicht, dass er dafür Zeit hat«, sagte sie und wollte schon auflegen.
    »Bitte, bitte, bitte, bitte«, schrie ich verzweifelt (oh mein Gott, ob Anne Will auch immer so jammert, wenn Angela Merkel einen Interviewtermin absagt?) und fügte möglichst professionell hinzu: »Ich meine, es wäre wirklich schön, wenn es klappen könnte. Schließlich erfährt man sonst nicht so viel über Dompteure in der Presse.«
    Eins von beidem (ich denke ja, dass es mein flehendes »Bitte« war) schien sie überzeugt zu haben. Denn: Gerade hat sie zurückgerufen. Das Gespräch könne stattfinden. In München. Übermorgen.
    Ich legte auf und schrie.
    Ob ich Stéphanie von Monaco benachrichtigen soll? Ich meine, ich trete ja bald in ihre Fußstapfen. Und sie hat schließlich ein Recht darauf, zu wissen, wenn Leute aus dem Volk ihr nacheifern. Vielleicht lernen wir uns ja auch bald kennen, wenn Martin nach Monte Carlo zum Zirkusfestival eingeladen wird. Wahrscheinlich gibt es eine After-Show-Party, auf der dann noch etwas gefeiert wird. Oh mein Gott. Ich werde mit Stéphanie von Monaco feiern. Ich schreie wieder und rufe hektisch Pia an.
    »Ich gehöre bald zum fahrenden Volk«, rufe ich in den Hörer.
    »Ach herrje, triffst du ihn etwa?«, sagt sie gelangweilt.
    »Pia, sei mal etwas begeisterter, bitte. Und ja: Ich treffe ihn.«
    »Ich bin mir ja immer noch nicht sicher, ob du so gut in diese Zirkuswelt passt.«
    Ich muss schon bitten. Schließlich waren es Pia und ich, die nach dem Abitur sechs Wochen durch Spanien gereist sind. Mit dem Rucksack! Wir schliefen auf Campingplätzen, sangen am Lagerfeuer zu den Gitarrenklängen eines gewissen Jorge aus Sevilla (mit dem ich dann auch noch stilecht am letzten Abend knutschte) und bastelten uns aus gesammelten Muscheln am Strand

Weitere Kostenlose Bücher